Mit detaillierten Messungen wollten deutsche Forscher das so
genannte Lichtecho eines Schwarzen Lochs nachweisen, das nach der gängigen
Theorie durch Röntgenstrahlung entsteht, die umliegendes Material so
aufheizt, dass es sichtbares Licht aussendet. Zwar fanden die Forscher ein
Lichtecho, es passte jedoch nicht zur bisherigen Theorie.
Illustration der Strahlungsprozesse in der Umgebung des
Schwarzen Loches XTE J1118+480. Gasströme von einem Begleitstern
(außerhalb des Bildes) bilden eine Scheibe um das Loch
(dunkelrot und braun dargestellt). Gaswolken stürzen von dort in
das Schwarze Loch, das selbst unsichtbar bleibt, und senden
dabei Röntgenstrahlung aus (weiß). Gleichzeitig strömt Gas in
Form eines sehr schnellen "Jets" (blau) ins All. Ein langsamerer
Gasstrom strahlt kurz nach dem Röntgenblitz im sichtbaren Licht
(grün).
Bild: Max-Planck-Institut für Astrophysik/Spruit |
Schwarze Löcher saugen mit ihrer enormen Schwerkraft Gas aus der
Umgebung auf. Stürzt es in die Schwerkraftfalle hinein, so erhitzt es sich
und sendet Röntgenstrahlung aus. Nach der gängigen Theorie müssten die
Röntgenblitze auch umgebende Materie aufheizen und zum Leuchten im
sichtbaren Licht anregen. Durch gleichzeitige Messung von Röntgenstrahlung
und sichtbarem Licht sollte dieses "Lichtecho" nachweisbar sein. Die
besten Messungen dieser Art haben Astronomen von den beiden Garchinger
Max-Planck-Instituten für extraterrestrische Physik (MPE) und für
Astrophysik (MPA) gewonnen. Überraschenderweise ließen sich die Ergebnisse
jedoch nicht mit der bisherigen "Echotheorie" erklären. Das Team um
Gottfried Kanbach und Henk Spruit vermutet, dass von dem Schwarzen Loch
ein Materiestrom ausgeht, in dem die optische Strahlung entsteht, so ein
Bericht in der heutigen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
Die Garchinger Forscher hatten sich für ihre Untersuchungen einen etwa
6000 Lichtjahre entfernten Himmelskörper mit der Bezeichnung XTE J1118+480
(auch KV Ursa Majoris genannt) ausgewählt. Auf Grund früherer
Beobachtungen vermuten die Forscher dort ein Schwarzes Loch, das mehr als
die sechsfache Sonnenmasse besitzt. Von einem Begleitstern strömt Gas zum
Schwarzen Loch hinüber, das sich zunächst in einer Scheibe um es herum
ansammelt. Von dort aus strudelt es nach und nach in den kosmischen
Mahlstrom hinein. Kommt es hierbei zu Störungen, bei denen größere
Gaswolken in das Schwarze Loch hineinstürzen, strahlt das Gas einen
intensiven Röntgenblitz ab.
Kanbach und seine Kollegen beobachteten XTE J1118+480 im Juli vergangenen
Jahres gleichzeitig im Röntgenbereich mit dem amerikanischen
Weltraumteleskop Rossi XTE und im sichtbaren Licht mit einem Teleskop auf
Kreta. Für ihre dortigen Messungen verwendeten sie das am
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik entwickelte Instrument
OPTIMA. Es erlaubt die Messung sehr rascher Helligkeitsänderungen. Mit
diesen Synchronbeobachtungen gelang es ihnen, schnelle Variationen der
Röntgenstrahlung und des optischen Lichts auf Zeitskalen von Millisekunden
miteinander zu korrelieren. "Zu unserer Überraschung zeigte sich jedoch,
dass die optische Strahlung viel schneller auf Variationen der
Röntgenstrahlung reagiert als wir es auf Grund des bisherigen Modells
erwartet hatten", sagt Henk Spruit. Tatsächlich folgte nach jeweils einem
Röntgenausbruch ein Helligkeitsanstieg im sichtbaren Bereich schon nach
etwa einer Zehntelsekunde.
Die Forscher interpretieren diese Beobachtung als Hinweis auf einen
Materieausfluss vom Schwarzen Loch. Demnach lenken Magnetfelder einen Teil
des auf das Schwarze Loch zuströmenden Gases um und beschleunigen es
senkrecht zur Scheibe. Jedes Mal, wenn eine große Gaswolke in Richtung
Schwarzes Loch fällt, gerät auch mehr Materie in den abströmenden
Gasstrom. In ihm bilden sich dann Wellen, die den beobachteten Lichtblitz
aussenden. Nach einfachen Abschätzungen müsste dieser Ausstrom mit weniger
als zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit erfolgen. Die optische Emission
käme dann aus einer Region in etwa 20.000 Kilometern Entfernung vom
Schwarzen Loch. Die Zeitverzögerung des sichtbaren Lichts gegenüber dem
Röntgenausbruch wird so durch eine Laufzeitverzögerung erklärt.
Dieser relativ langsame Ausstrom wäre ein neues Phänomen in der
Umgebung eines Schwarzen Lochs. Bislang sind ausschließlich stark
gebündelte Gasstrahlen (Radiojets) bekannt, in denen sich die Teilchen
mit bis zu 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit vom Schwarzen Loch
fortbewegen. Ob diese Interpretation stimmt, wollen die Forscher mit
weiteren Beobachtungen an ähnlichen Quellen überprüfen. Ihr erstes
Forschungsobjekt steht nämlich nicht mehr zur Verfügung: XTE J1118+480
ist nach seinem siebenmonatigen Ausbruch im Jahr 2000 erloschen.