Die Korona der Sonne gehört wohl mit zu den spektakulärsten
Beobachtungen, die man während einer totalen Sonnenfinsternis machen kann.
Dieser ungeheuer heiße Bereich der solaren Atmosphäre hat die Forscher
lange Zeit beschäftigt. Jetzt gelang es Hamburger Astronomen erstmals die
Spektrallinie der Korona eines anderen Sterns im optischen Bereich des
Lichts zu identifizieren.
Korona der Sonne während der totalen Sonnenfinsternis am 11.
August 1999.
Foto: ESO/Philippe Duhoux |
Die Korona der Sonne beschäftigt die Forscher schon seit über 100 Jahren: 1869
nämlich hatten die beiden amerikanischen Astronomen William Harkness und Charles
Young hier eine sehr schwache Emissionslinie im grünen Bereich des Spektrums
entdeckt, die nur wenige Minuten zu sehen war. Trotz intensiver Arbeit und
vieler weiterer Beobachtungsversuche gelang es nicht, diese Spektrallinie
irgendeinem bekannten chemischen Element zuzuordnen. Einige Wissenschaftler
vermuteten gar, dass es sich hier um ein bislang unbekanntes Element handeln
könnte und nannten es "Coronium". Später wurden mit besseren Instrumenten noch
weitere mysteriöse Spektrallinien entdeckt.Das Rätsel klärte sich erst vor
rund 70 Jahren als der Deutsche Walter Grotrian und Bengt Edlén aus Schweden
entdeckten, dass sich zwei der gefundenen Spektrallinien durch Eisenatome
erklären lassen, die rund die Hälfte ihrer Elektronen verloren haben. Atome,
denen Elektronen abhanden gekommen sind, nennen die Forscher ionisiert. 1941
konnte man schließlich alle gefundenen Spektrallinien in der Sonnenkorona auf
solche ionisierten Atome zurückführen und stand vor einem neuen Rätsel: Um ein
Eisenatom dazu zu bringen, etwa die Hälfte seiner Elektronen zu verlieren,
mussten in der Sonnenkorona Temperaturen von über einer Millionen Grad herrschen
- und das bei Temperaturen auf der Sonnenoberfläche von "nur" rund 5.500 Grad
Celsius. Bis heute gibt es keine vollständige Erklärung für die enormen
Temperaturen in der Korona, es dürften aber verschiedene Prozesse wie etwa
starke Magnetfelder eine Rolle spielen.
Die meiste Energie sendet die Korona aufgrund ihrer enormen Temperatur
allerdings nicht im optischen Bereich des Spektrums, sondern im Röntgenbereich
aus. Mit einem Röntgendetektor an Bord einer V2-Rakete konnte dies wenig später
tatsächlich nachgewiesen werden. Mit Hilfe modernerer Röntgenteleskope hat sich
später gezeigt, dass auch andere Sterne über eine Korona verfügen und diese
somit eine recht häufige Erscheinung sein müssen.
Da erschien es nur folgerichtig, dass sich Jürgen Schmitt von der
Universitätssternwarte in Hamburg und seine Kollegen fragten, ob es nicht auch
möglich sein könnte, Emissionslinien aus der Korona eines anderen Sterns im
optischen Bereich des Lichtes zu beobachten. Dieses konnte nur mit einem
äußerst leistungsfähigen Teleskop gelingen, mit dem man das Licht von der Korona
auch von dem des Stern unterscheiden konnte. Schmitt und sein Team entschieden
sich daher für den im Optischen recht leuchtschwachen roten Zwergstern CN Leonis,
der in rund acht Lichtjahren Entfernung von der Erde liegt. Mit Hilfe des
UV-Visuel Echelle Spectrograph (UVES) am Very Large Telescope (VLT)
der ESO versuchten die Forscher eine bestimmte Emissionslinie im Spektrum des
Sterns zu finden - die von Fe XIII, also einem Eisenatom, dem zwölf Elektronen
fehlen.
Tatsächlich fanden Schmitt und sein Team eine Linie an der entsprechenden
Stelle, aber "wir lernten bald, dass das Leben nie so einfach ist wie man
erwartet. Die Linie im Spektrum sah sehr merkwürdig aus und irgendetwas schien
falsch zu sein." Tatsächlich handelte es sich um einfach ionisiertes Titanium,
das aus einer tieferen Atmosphärenschicht stammte und nicht aus der Korona.
Allerdings sollte diese Linie viel schmaler sein, so dass sie nicht durch
Titanium allein erklärbar war. Und so hatten die Astronomen am Ende doch noch
Glück: Als sie nämlich den Beitrag des Titanium aus dem Spektrum wegrechneten,
kam die gesuchte Spektrallinie des Eisens deutlich zum Vorschein. Zum ersten Mal
wurde damit die Spektrallinie aus der Korona eines anderen Sterns im optischen
Bereich des Spektrums beobachtet.
Für die Zukunft ergeben sich nun interessante Perspektiven: Mit der
Leistungsstärke des VLT könnte es möglich werden, die Dynamik der stellaren
Korona zu studieren und dabei eventuell auch Schwankungen aufzuspüren, die dem
elfjährigen solaren Zyklus unserer Sonne ähneln.