Die Aktivität unseres Zentralgestirn kann auch gravierende
Auswirkungen auf das Leben auf der Erde haben. Eine
Nachwuchsforschergruppe an der Ruhr-Universität in Bochum versucht daher,
mit Hilfe mathematischer Modelle hinter die Funktionsweise der
Magnetfelder zu kommen, die für die gewaltigen solaren Eruptionen
verantwortlich gemacht werden. Erste Erfolge gibt es bereits.

Unsere Sonne ist zur Zeit besonders aktiv. Foto:
SOHO/EIT (ESA & NASA) |
Wenn das
Fernsehbild flimmert und die Telefonleitung gestört ist, muss nicht unbedingt
die Technik versagt haben - gewaltige Energieausbrüche auf der Sonne, so
genannte Solar Flares, könnten die Ursache dafür sein. Auf unserem
Zentralgestirn entladen sich nämlich Magnetfelder, wobei soviel Energie freigesetzt wird
wie bei der Detonation mehrerer Millionen Atombomben. Eine
Nachwuchsforschergruppe der Ruhr-Universität in Bochum (RUB), die seit
1998 von der Volkswagen-Stiftung gefördert wird, entwickelt am Computer
mathematische Modelle, um die Funktionsweise der Magnetfelder zu beschreiben.
Mit ersten Erfolgen: Ihr ist es bereits gelungen, einige der bisherigen Formeln
zu verbessern.
Wo der Sonnenwind
auf das Magnetfeld der Erde trifft, werden Teilchen beschleunigt, die wiederum
in den Polarregionen zu den Nordlichtern und so genannten geomagnetischen
Stürmen führen. Auch in entfernteren Objekten, wie zum Beispiel in Pulsaren,
Galaxien und protogalaktischen Wolken, mehren sich die Hinweise, dass
Magnetfelder nach der Gravitation den größten Einfluss haben auf die
Selbstorganisation der Materie haben. Diesem Phänomen ist die
Nachwuchsforschergruppe der RUB auf der Spur: Sie will die Funktionsweise dieser
Magnetfelder untersuchen und damit einer der größten Kraftquellen des Universums
eine höhere Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Der Schlüssel dazu
liegt in ionisierter Materie, dem Plasma, das es mit wenigen Ausnahmen überall
im Universum gibt, wenn auch in sehr verschiedenen Zuständen - von extrem heißen
und dichten Plasmen bis zu stark verdünnten, nur teilweise ionisierten Plasmen.
Darin sind die Magnetfelder eingebettet. Eine Fluid-Theorie, die so genannte
Magnetohydrodynamik, beschreibt das Plasma als ein elektrisch gut leitendes
Fluid, also eine flüssigkeitsähnliche Substanz, in dem durch die Strömung
magnetische Felder erzeugt werden können, die dann wiederum durch die so
genannten Lorentz-Kräfte auf das Plasma rückwirken. Durch diese Wechselwirkung
zwischen Plasma und Magnetfeld kann eine beeindruckende Vielfalt von Strukturen
entstehen, die oft Verknotungen oder Verknüpfungen des magnetischen Flusses
zeigen. Diese komplexen Feldstrukturen können enorme Mengen an Energie
speichern.
Eine typische
Eigenschaft astrophysikalischer Plasmen ist, dass die Dynamik dieser Strukturen
aus einem Wechselspiel besteht von idealem Verhalten, bei dem sich das Plasma
nur unter Erhaltung aller Verknüpfungen bewegt, und einer Art Aufreißen der
magnetischen Struktur. Dabei bricht der magnetische Fluss auf und verbindet sich
neu - ein Prozess, der oft von dramatischen Eruptionen begleitet ist und
der große Energiemengen freisetzen kann. Solche Vorgänge lassen sich sehr gut
auf der Oberfläche unsere Sonne verfolgen, wie die jüngsten, beeindruckenden
Beobachtungen durch die Satelliten Yohkoh, SOHO und TRACE zeigen. Sie
spielen auch eine zentrale Rolle für die unmittelbare Umgebung der Erde.
In der Gruppe, die
hinter das Geheimnis dieser Eruptionen kommen will, arbeiten junge Forscher
interdisziplinär auf einem Gebiet zwischen Mathematik und Physik. Für die
Bochumer Wissenschaftler scheint die Sonne allerdings im Computer. Im Gegensatz
zu den klassischen Astronomen beobachten sie die Sonne nicht direkt. Ihre
Aufgabe ist, mathematische Modelle zu entwickeln, mit deren Hilfe sich die
Funktionsweise der Magnetfelder beschreiben lässt. Mit ersten Erfolgen: Den
Forschern ist es bereits gelungen, einige der bisherigen Formeln zu verbessern.
Die Nachwuchsgruppe will einen kompletten Satz an mathematischen
Berechnungsgrößen entwickeln.
Mit ihrem Programm
"Nachwuchsgruppen an Universitäten" gibt die Volkswagen-Stiftung jungen,
herausragend qualifizierten Wissenschaftlern die Möglichkeit, frühzeitig
eigenständige Forschung zu betreiben - auf vorwiegend neuen Gebieten, die
zwischen den Disziplinen angesiedelt sind.