Amerikanische Astronomen haben mit Hilfe eines Radioteleskops
in Green Bank eine bislang einzigartige Entdeckung gemacht: Sie spürten in
rund 16.300 Lichtjahren Entfernung von der Erde eine gewaltige Gaswolke
auf, in der bald eine heftige Sternentstehungsphase einsetzten könnte.
Radiobild
von G28.17+0.05. Foto: NRAO |
Die Wolke, die den Namen G28.17+0.05 trägt, befindet sich in der galaktischen
Ebene und in unmittelbarer Nähe eines Spiralarms der Milchstraße. Diese
Spiralarme sind durch eine Unmenge von jungen Sternen und massereichen Gaswolken
zu erkennen, in denen Sterne geboren werden. Felix L. Lockman und Anthony H.
Minter vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO) glauben, dass die
von ihnen entdeckte Gaswolke in diesen Spiralarm "gerauscht" ist, wodurch sich
die neutralen Wasserstoffatome in der Wolke zu schwereren Molekülen verbinden
konnten. Dies könnte zu Sternentstehung in der Gaswolke führen.
"Hier könnte es sich um die erste Beobachtung einer Wolke handeln, die sich
gerade in einer Übergangsphase von neutralem Wasserstoff zu Molekülen befindet",
erläutert Lockman die Bedeutung der Beobachtung. "Damit haben wir eine einmalige
Möglichkeit, die Chemie dieser jungen interstellaren Wolke zu studieren, was
neue Erkenntnisse über die frühe Phase der Sternentwicklung und der Struktur der
Galaxis verspricht." Wolken aus molekularem Wasserstoff - von Astronomen auch
gerne HI-Wolken (sprich: H eins Wolken) genannt - kann man sich als riesige
Gasblasen vorstellen. Die Wasserstoffatome in diesen Wolken verraten sich durch
ein natürliches Signal bei einer Wellenlänge von 21 Zentimetern, das nur mit
Radioteleskopen beobachtet werden kann.
G28.17+0.05 scheint sich allerdings in mancherlei Hinsicht von einer
gewöhnlichen HI-Wolke zu unterscheiden. Sie ist mit einem Durchmesser von 500
Lichtjahren ungewöhnlich groß und hat eine Masse, die der 100.000fachen Masse
unserer Sonne entspricht. Gaswolken von dieser Größe sollten normalerweise schon
im Übergangsstadium zur Molekülphase sein und angefangen haben, Sterne entstehen
zu lassen. "Wenn man so ein massereiche Wolke findet, die dazu auch noch
gravitativ gebunden zu sein scheint, würde man erwarten, Bereiche zu sehen, in
denen Sternentstehung eingesetzt hat", so Lockman. Die Wissenschaftler fanden
zwar Anzeichen dafür, aber nicht in dem Maße in dem man das erwarten würde. "Wir
glauben daher, dass wir diese Wolke in einer ganz bestimmten Zwischenphase
beobachtet haben, die die fehlende Verbindung im Sternentstehungskreislauf sein
könnte."
Im Zentrum der Wolke entdeckten die Forscher zudem Radiosignale einer Sorte
von OH-Molekülen. Ähnliche Spuren hatten die Astronomen auch an anderen Stellen
der galaktischen Ebene entdeckt, so dass es sich bei dieser Gaswolke eventuell
um einen bislang unentdeckten Typ von Wolken handeln könnte, der relativ häufig
ist. Dabei könnte es sich um eine Wolke handeln, die gerade in einen Spiralarm
gerät und dadurch ihre Phase ändert. Allerdings, so die Wissenschaftler, seien
noch weitere Beobachtungen nötig, um diesen Befund eindeutig zu bestätigen.