Im Forschungszentrum Karlsruhe gelang unlängst ein
aufschlussreiches Experiment: Zum ersten Mal wurde die Entstehung des
Erdmagnetfelds im Labor nachvollzogen. Nötig waren dazu Unmengen
flüssiges Natrium, 13,5 Millionen Mark und Überreste aus der Entwicklung
neuer Kernreaktoren.
Das Dynamomodul ist das zentrale Element des Experimentes in
Karlsruhe. Foto: Forschungszentrum Karlsruhe/idw |
Das Magnetfeld der Erde ist für die Menschen von entscheidender
Bedeutung: So bietet es Schutz vor geladenen Teilchen aus dem Weltall und
diente Generationen von Seefahrern und Fernreisenden als
Orientierungshilfe. Doch über seine Entstehung konnte bisher nur spekuliert
werden: Für einen
Permanentmagneten ist es im Erdinnern zu heiß, so dass die Wissenschaft bald
großräumige Strömungen eines elektrisch leitfähigen Mediums im Innern der Erde,
etwa flüssiges Metall, für das Magnetfeld verantwortlich machte. Diese
Flüssigkeitsbewegungen, die durch Temperaturunterschiede im Erdinnern
sowie durch die Rotation der Erde angetrieben werden, können aus kleinen
Instabilitäten ein sich selbst stabilisierendes Magnetfeld aufbauen.
Soweit die Theorie. Doch fehlte bisher dafür der experimentelle Beweis. Ein
großen Schritt in diese Richtung machte man jetzt am Forschungszentrum
Karlsruhe, indem man nachwies, dass eine rotierende,
elektrisch leitende Flüssigkeit ein sich selbst stabilisierendes Magnetfeld
erzeugen kann. Dazu wurde flüssiges Natrium in einem Versuchsaufbau auf Bahnen gezwungen, die
den vermuteten Bewegungen im flüssigen Erdkern entsprechen. Und tatsächlich
zeigten die Messinstrumente nach kurzer Zeit ein stabiles Magnetfeld: Während
des ersten Versuchs änderte das Magnetfeld in einem Zeitraum von zehn
Minuten seine Lage innerhalb der Versuchsanordnung nur leicht. Damit
gelang es weltweit zum ersten Mal, das Erdmagnetfeld im Labor zu
simulieren.
"Wir haben über fünf Jahre ein echtes Großexperiment
vorbereitet. Denn in kleinem Maßstab lässt sich der Effekt aus
verschiedenen Gründen nicht realisieren", erläutert Dr. Robert Stieglitz,
Leiter des Versuchs im Institut für Kern- und Energietechnik des
Forschungszentrums Karlsruhe. "Für das Experiment bestand im
Forschungszentrum eine einmalige, nicht wiederkehrende Chance, weil aus
der früheren Brutreaktorentwicklung noch sehr viel Know-how über das
Verhalten von flüssigem Natrium vorhanden ist. Außerdem konnten wir auf Bauteile von
früheren Versuchseinrichtungen zurückgreifen. So haben wir Komponenten des Schnellen
Brüters in Kalkar und des natrium-gekühlten Versuchsreaktors KNK II im
Forschungszentrum Karlsruhe verwendet."
Das Experiment hat dann auch eine beachtliche Dimension: Es wurde
auf mehreren Ebenen in einer Versuchshalle des Instituts errichtet. Wichtigster Bestandteil des Experiments ist das
Dynamomodul mit drei Natriumkreisläufen, in denen bei einer Temperatur von
130 Grad Celsius jeweils150 Kubikmeter flüssiges Natrium pro Stunde fließen.
Das Dynamomodul hat einen Durchmesser von knapp zwei Metern. Mit dem
ersten Erfolg geben sich die Karlsruher Wissenschaftler aber noch nicht
zufrieden: Das Experiment soll wiederholt und auf komplexere Prozesse
ausgedehnt werden.