Vor fast vier Jahren setzte die NASA-Sonde Galileo eine
Minisonde in die Jupiteratmosphäre aus. Die Daten dieses Kundschafters in
der unwirklichen Welt des Gasplaneten sorgen derzeit für Aufregung unter
Astronomen - passen doch die in der Atmosphäre entdeckten Edelgase
schlecht zu den bisherigen Theorien, die die Wissenschaftler von der
Entstehung des Jupiter und unseres Sonnensystems hatten.

Im Dezember 1995 setzte Galileo eine kleine Sonde aus, die die
Jupiteratmosphäre untersuchen sollte. Darstellung: JPL/NASA |
In einem Artikel, der in der gestrigen Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature erschien, berichtet das Team um Dr.
Tobias Owen von der Universität von Hawaii in Honolulu, dass die kleine
Sonde, die von Galileo am 7. Dezember 1995 ausgesetzt worden war,
eine überraschend hohe Konzentration von Argon, Krypton und Xenon in der
Jupiteratmosphäre festgestellt hat. Alle drei Stoffe sind sogenannte
Edelgase, die ihren Namen der Tatsache verdanken, dass sie mit anderen
Stoffen nicht reagieren.
"Diese neuen Informationen könnten
unsere Ansicht wie das Sonnensystem entstanden ist gehörig
durcheinanderbringen", unterstreicht Owen. Unklar sei nämlich, wie
diese große Mengen der Gase in die Jupiteratmosphäre gelangt sind.
"Um sie einzufangen, müsste Jupiter sie wirklich physikalisch
festhalten, indem er sie kondensiert oder zum Frieren bringt." Doch
sind dafür extrem niedrige Temperaturen von etwa minus 240 Grad Celsius
nötig, die noch nicht einmal auf der Oberfläche des Pluto erreicht
werden. Daher müssen die Gase irgendwo anders eingefangen worden sein.
Ausreichend niedrige Temperaturen gäbe es nur im hinter der Neptunbahn
liegenden
Kuiper-Gürtel.
So
gibt die Entdeckung der Wissenschaftler Anlass zu mancherlei Spekulation:
"Es wäre beispielsweise möglich", so Owen, "dass Jupiter
im Kuiper-Gürtel entstanden ist und dann an seine jetzige Position
gezogen wurde." Eine zweite Möglichkeit wäre, dass die riesige
Gaswolke, aus der unser Sonnensystem entstanden ist, viel kälter war, als
man bisher angenommen hat. Als letzte Theorie käme auch in Betracht, dass
kleine Brocken, durch die die Edelgase auf Jupiter gelangt sind, in der
ursprünglichen riesigen Gaswolke entstanden sind bevor der eigentliche
Entstehungsprozess unseres Sonnensystems einsetzte. "Das würde
dieses eisige Material älter und viel primitiver machen, als wir bisher
angenommen hatten."
Besonders die letzten beiden Hypothesen
beinhalten einige interessante Schlussfolgerungen: "Das würde
nämlich bedeuten, dass Riesenplaneten sehr viel näher an ihrer Sonne
entstehen können, als es bisherige Theorien vermuten ließen",
erläutert Owen. "Das könnte helfen, die neuen Beobachtungen von
Planetensystemen um andere Sonnen zu erklären, in denen es recht viele
Riesenplaneten gibt, die dem jeweiligen Zentralgestirn recht nahe
sind."
Die Sonde, die Galileo ausgesetzt hat, ist
insgesamt 156 Kilometer durch die Jupiteratmosphäre gefallen und hat
während dieser Zeit Daten zu Galileo übermittelt, der diese dann
zur Erde weitergeleitet hat. Die kleine Sonde hat die extremen Bedingungen
in der Atmosphäre länger ausgehalten als erwartet, fiel dann aber
schließlich den extrem hohen Temperaturen und dem hohen Druck zum Opfer.
Die Ergebnisse sind erst jetzt veröffentlicht worden, weil die gewonnenen
Daten sorgfältig ausgewertet und mit Daten aus irdischen Laboratorien
verglichen werden mussten.