Hallo zusammen,
ich bin über diesen riesigen Mond in Neptungrösse bei einem Planeten in Jupitergrösse doch einigermassen überrascht, zumal es dazu "Anschauungsmaterial" in unserem eigenen Sonnensystem gibt. Insbesondere kommen bei den Herleitungen und Simulationen zur Mondentstehung Maximalmassen für Monde von jupiter- und saturnartigen Planeten heraus.
Seien für diesen Zweck 4 Arbeiten genannt, die ich auf der Wikipedia bei den Referenzen gefunden habe:
Origin of Europa and the Galilean Satellites (Robin M. Canup, William R. Ward)
Modeling the Jovian subnebula: I - Thermodynamical conditions and migration of proto-satellites (Yann Alibert, Olivier Mousis, Willy Benz)
Origin of Saturn’s rings and inner moons by mass removal from a lost Titan-sized satellite (Robin M. Canup)
A common mass scaling for satellite systems of gaseous planets (Robin M. Canup, William R. Ward)
Da die viertgenannte Arbeit kostenpflichtig ist will ich einige Punkte aus ihr zusammenfassen (habe ich schon
hier gemacht. Gemäss dieser Arbeit sind die maximalen Satellitenmassen im Verhältnis zur Mutterplaneten-Masse sowie die Summe der Masse aller Satelliten im Verhältnis zur Mutterplaneten-Masse für das Jupiter- das Saturn- und das Uranussystem in etwa konstant.
Sehr high-level beschrieben gibt es 2 Prozesse: einen Prozess, der die Satelliten bildet, sowie einen Prozess, bei dem die Satelliten ab einer "kritischen Masse" nach innen migrieren und verloren gehen, d.h. mit ihrem Mutterplaneten kollidieren. Da während der Migration der Satelliten nach innen sich wieder neue Satelliten bilden, bleibt die Satellitengesamtmasse in etwa gleich, so dass eine "steady state"-Situation vorliegt.
Erst wenn die zirkumplanetare Scheibe ausgedünnt ist, kommt dieser Prozess zum Erliegen und die Satelliten, wie wir sie heute vorfinden, sind gebildet.
Die Autoren haben das ganze simuliert und dabei festgestellt, dass allerlei Schlusssysteme verbleiben, der Median der Zahl der grossen Satelliten liegt dabei bei 7. Aufgrund von Unzulänglichkeiten der Modellierung, insbesondere der kurzen Laufzeit, bei der also spätere Kollisionen nicht mehr berücksichtigt werden, ist der wahre Median aber kleiner. Zudem wurde die Bildung kleiner Satelliten nicht gut modelliert, weil die künstlich hinzugefügten Störkörper, um Kollisionen zu simulieren, grösser sind als physikalisch zu erwarten ist. Die Autoren haben diese Fehler abgeschätzt und gelangen zu einem Simulations-Median von vier, ein Ergebnis, das man im Jupitersystem und im Uranussystem vorfindet.
In nicht wenigen Fällen liefern diese Simulationen aber auch nur einen grossen verbleibenden Satelliten, so wie man das im Saturnsystem vorfindet; in diesem Falle können sich innerhalb seiner Umlaufbahn noch einige kleinere Satelliten aus kälterem Material bilden, wie man das beim Saturn vorfindet. Wenn die Bildung der Monde genügend langsam geschieht können Eismonde entstehen und die im Jupitersystem liegt die "Eis-Stabilitätsgrenze" zwischen Europa und Ganymed. Beim Saturnsystem ist sie nach innen verschoben, weil die letzten 10% eines Satellitensystems langsam genug gebildet werden, so dass dort sämtliche grössere Satelliten Eismonde sind.
Die Bahnneigung vom Saturn ist ebenfalls erklärbar und eine Folge langsamer Änderungen der Rotationsachse, bei der das zirkumplanetare Material quasi mitkommt, also in der Äquatorialebene des Planeten verbleibt, jedoch ist das für die 98° Neigung der Uranusachse, die aufgrund einer grösseren Kollision zustandekam, nicht erklärbar. Allerdings gibt es neuere Arbeiten (dieses "neu" bezieht sich auf das Jahr 2006), die ebenfalls eine langsame Änderung der Rotationsachse des Uranus bis zu ihrem heutigen Wert erhalten.
Bemerkenswert ist der Umstand, dass der eingefangene Neptunmond Triton ebenfalls die maximale Satellitenmasse im Verhältnis zur Mutterplaneten-Masse aufweist, dies trotz seiner retrograden Umlaufbahn. Hier vermuten die Autoren, dass auch der Neptun ein solchen reguläres Satellitensystem wie die drei anderen Gasplaneten hatten, denn da Triton retrograd umläuft wäre er bei einer grösseren regulären Satellitenmasse zerstört worden.
Freundliche Grüsse, Ralf