Schliesslich hätte es nur ein paar Tage, oder nur einer weiteren Messung bedurft, um eine Veränderung festzustellen, wenn die Messgenauigkeit so hoch ist, wie es hier dargestellt wird.
Nein.
Zunächst einmal ist unklar, ob die Abbremsung koninuierlich oder nur in bestimmten Zeiträumen erfolgt (dann könnte es z.B. sein, dass zur Zeit gar keine Abbremsung mehr messbar wäre). Dann muss man diese Abbremsung an irgend etwas festmachen können - beim Magellan (und wohl auch jetzt bei Venus Express) sind das "Landmarks", also auffällige Oberflächenmerkmale, und der Zeitpunkt, an dem sie unter der (ziemlich genau bekannten) Position der Raumsonde vorbeiziehen. Trotz der beträchtlichen Abweichung von 6.5 Minuten hat sich da in 20 Jahren nur gerade eine Differenz von 20 km zwischen der erwarteten und tatsächlichen Position des Merkmals ergeben, dh, ca. 1 km / Jahr. Nun stellt sich die Frage, wie gut die Auflösung von Venus Express beim Erkennen von Merkmalen ist - ich schätze, sie ist nicht auf 100 m genau, und dann muss da noch ein bisschen Spielraum für statistische Streung etc. sein. Das heisst, unter einem Jahr zusätzlicher Messung läuft gar nichts. In einem einzigen (Erd-) Tag würde sich - koninuierliche, lineare Abbremsung immer vorausgesetzt - also eine Positionsänderung von nur gerade etwa 3 Meter ergeben.
Zumindest hätte man darüber diskutieren können, was die Ursache für eine solche Fehlmessung sein könnte. Denn immerhin werden solche Messungen ja von bewegten Objekten (Raumsonden) an einem bewegten Objekt (Venus) vorgenommen, deren relative Bahnparameter, wie auch die entsprechenden Signallaufzeiten, sehr genau eingerechnet werden müssen, wobei möglicherweise relativistische Effekte durch Gravitation und Geschwindigkeit auch noch berücksichtigt werden müssen. Ich stelle mir das nicht so einfach vor und denke, dass es da einige Fehlerquellen geben könnte.
Ja. Ich bin allerdings davon ausgegangen, dass solche Bedenken von den involvierten Wissenschaftlern ausdiskutiert wurden, bevor man damit an die Öffentlichkeit ging. Siehe auch:
“When the two maps did not align, I first thought there was a mistake in my calculations as Magellan measured the value very accurately, but we have checked every possible error we could think of,” said Nils Müller, a planetary scientist at the DLR German Aerospace Centre, lead author of a research paper investigating the rotation.
(fett von mir)
Hier ist noch der Original-Artikel der ESA. Leider ist darin kein Wort zu lesen, wann diese Eregebnisse publiziert werden, so dass man nachschauen kann, ob das auch wirklich diskutiert wird (wovon ich ausgehe):
http://www.esa.int/esaSC/SEM0TLSXXXG_index_0.html
EDIT: Hier ist das Paper:
http://adsabs.harvard.edu/abs/2012Icar..217..474M
EDIT2: Im Paper steht, dass die räumliche Auflösung des Magellan-Radars etwa 8 - 27 km betrug, während VIRTIS (das Instrument auf Venus Express) eine Auflösung von 90 km hat. Den "offset", den sie zu sehen glauben, kann ich nicht direkt nachvollziehen, aber offenbar weichen die VE-Daten systematisch etwa 0.2 Grad von den erwarteten Positionen ab. Sie diskutieren verschiedene Erklärungen, räumen aber ein, dass ein bisher unbekannter systematischer Effekt der Grund sein könnte.
Sie zitieren Arbeiten, in denen die Möglichkeit diskutiert wird, dass die Auswirkungen der Atmosphäre auf die Rotationsdauer bis zu 1 Stunde dauern könnten, über Zeiträume von ca. 10 Jahren. Es ist also nicht völlig ausgeschlossen, dass der Effekt real ist, aber überzeugt bin ich nicht.