Extrasolare Planeten: Planeten um fast jeden Stern?

Monod

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@ zoot:

... ich bin aber der Meinung, dass es irgendeine Naturgesetzmässigkeit existiert, die Leben zwangsläufig zur Folge hat.

Dagegen ist von meiner Seite auch nichts zu sagen, auch nicht gegen deine positive Einstellung in Bezug auf die Häufigkeit von Leben. Es ist nur so, dass es bis jetzt keine Hinweise darauf gibt, dass aus einer chemischen Evolution zwangsläufig eine biologische Evolution entwächst. Dass es bei uns geschehen ist, reicht leider nicht hin, um daraus abzuleiten, dass es auch anderswo geschehen ist - schon gar nicht, dass es auch anderswo geschehen musste.

Dass die biologische Evolution des Fundaments einer chemischen Evolution bedurfte, versteht sich von selbst, aber lebende Systeme stellen eine eigene Klasse von Wechselwirkungen dar, die ihrerseits neue Wechselwirkungen generiert, die in ihrer Gesamtheit wiederum ein Fundament darstellt, aus dem weitere Wechselwirkungsklassen entwachsen können. Die Frage, ob solche Emergenzen zwangsläufig allein aus dem Fakt, dass ein bestimmter Komplexitätsgrad erreicht worden ist, resultieren oder ob neben der notwendigen Komplexität noch zufällig kombinierte Ordnungsmuster hinzukommen müssen, die nicht vorhersagbar sind, ist einstweilen noch offen.

In Bezug auf die Entstehung von Bewusstsein und Intelligenz scheint die Emergenz aus dem schlichten Fakt der Zunahme der Hirnleistung zu resultieren. Inwiefern die Fähigkeit, Begriffe zu bilden mit Hilfe von Lautkombinationen, auf die Zunahme der menschlichen Hirnleistung rückkoppelte und somit abstrakte Denkleistungen ermöglichte, ist nicht sicher, scheint aber plausibel zu sein. Mit der Herausbildung eines sprachlichen Vokabulars und der Möglichkeit, mit Hilfe grammatischer Ableitungen und Zusammensetzungen neue Wortbedeutungen zu erschließen, diese zu hinterfragen, um weitere Sinnmuster zu generieren usw. usf. hatte sich ein Werkzeug etabliert, dass den Ausstieg des Menschen via Kultur aus dem Tierreich ermöglichte. Nun kann man fragen, ob dies auch bei Delphinen, Walen und einigen Vogelarten sowie Kraken möglich wäre. Ich weiß es nicht, aber mit der Erfindung der Schrift war es möglich, Gedanken für andere nachvollziehbar zu konservieren, ohne dass man sie auswendig lernen musste. Spätestens hier sehe ich eine Schwelle, die die genannten Tiergruppen nicht überschreiten können. Die Erfindung der Schrift würde dann die beschriebene unvorhersehbare Zusatzkombination darstellen, die etwas Neues emergieren lässt. Möglich, dass z.B. Kraken in ferner Zukunft (nachdem der Mensch von der Erde verschwunden ist, sonst wird das nichts!) eine andere Möglichkeit der hirnexternen Datenspeicherung erfinden - aber notwendig? ... zumindest fraglich!

So auch bei der Entstehung von Lebewesen: Der Translationsmechanismus ermöglicht zum einen die Speicherung von praktikablen Aminosäuresequenzen von Proteinen in Gestalt von RNA-Nukleotid-Sequenzen und zum anderen die Reproduktion eben derselben Proteine. Mit jeder Zellteilung werden Translations-Maschinen (Ribosomen) an die Tochterzellen weitergegeben und die RNA-Matrize, die sich repliziert hat, liefert ihrerseits die Vorlage für die weitere Protein-Produktion. Über Mutationen der RNA-Matrize wird eine größere Variationsbreite erzeugt, an der die Selektion greifen kann. Damit ist das System evolutionsfähig geworden. Dies funktioniert allerdings nur, wenn es eine Aufteilung in Speichermoleküle und Funktionsmoleküle gibt. Anderenfalls werden gefundene Lösungen nicht vererbt und es können sich keine Stammbäume entwickeln - und folglich keine Artenaufspaltung und keine Darwinsche Evolution. Der vermittelnde Mechanismus ist der Translationsmechanismus, der in der verlinkten Quelle als "Breakthrough-System" bezeichnet wird. Und dieser wiederum stellt ebenfalls eine nicht vorhersagbare Kombination aus Form und Funktion dar, die sich nicht allein aus chemischen Gesetzmäßigkeiten ableiten lässt. Leider lassen sich aus diesem Grund auch keine Wahrscheinlichkeiten abschätzen. Hier helfen einzig Beobachtungen weiter.

Monod
 

Bynaus

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@zoot: ich will dir ja auch gar nicht deine Meinung zum Thema nehmen, ich teile sie bis zu einem gewissen Grad sogar. Mich hat nur die Aussage gestört, ein "rational denkender Mensch" müsse deine Meinung teilen - dem ist nicht so, und das wollte ich festhalten.

Monod schrieb:
Inwiefern die Fähigkeit, Begriffe zu bilden mit Hilfe von Lautkombinationen, auf die Zunahme der menschlichen Hirnleistung rückkoppelte und somit abstrakte Denkleistungen ermöglichte, ist nicht sicher, scheint aber plausibel zu sein. Mit der Herausbildung eines sprachlichen Vokabulars und der Möglichkeit, mit Hilfe grammatischer Ableitungen und Zusammensetzungen neue Wortbedeutungen zu erschließen, diese zu hinterfragen, um weitere Sinnmuster zu generieren usw. usf. hatte sich ein Werkzeug etabliert, dass den Ausstieg des Menschen via Kultur aus dem Tierreich ermöglichte. Nun kann man fragen, ob dies auch bei Delphinen, Walen und einigen Vogelarten sowie Kraken möglich wäre. Ich weiß es nicht, aber mit der Erfindung der Schrift war es möglich, Gedanken für andere nachvollziehbar zu konservieren, ohne dass man sie auswendig lernen musste. Spätestens hier sehe ich eine Schwelle, die die genannten Tiergruppen nicht überschreiten können.

Die Fähigkeit, bei grossem Gehirn auch gesprochene Laute hervorzubringen, ist sicher nicht nur beim Menschen vorhanden - deshalb liegt der Schluss nahe, dass das nicht die ganze Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des "Bewusstseins" (ich mag den Ausdruck nicht, weil er so unpräzise ist) bzw. des offensichtlich überlegenen menschlichen Geistes sein kann. Die Entwicklung der Schrift kam viel später und hatte deshalb - denke ich - mit der ursprünglichen Entwicklung des Gehirns selbst wohl nichts zu tun. Schliesslich können (wie während des Zeitalters des Imperialismus und Kolonialismus gezeigt) auch Menschen aus Kulturen, die nie eine Schrift kannten, eine solche lernen, anwenden und damit "westlich gebildet" werden.

Ich stimme dir aber natürlich zu, dass es bei der Entwicklung einer Zivilisation keinerlei Zwangsläufigkeit gibt. Ich denke, der eigentliche Knackpunkt ist die zivilisationsfähige Spezies: Intelligenz ist nur eine von vielen Vorbedingungen, neben Anpassungsfähigkeit, Bewegungsfähigkeit, Sprachfähigkeit, Fähigkeit zum vielseitigen Werkzeuggebrauch und -bau, Sozialstruktur, Flexibilität bei der Gehirnentwicklung, und so weiter. Eine Tierart, die sich aufgrund natürlicher Umstände gerade so entwickelt, dass sie - zufällig - mit denselben Anlagen auch gleich eine technologische Zivilisation begründen kann, kann gar nicht besonders häufig sein. Dies scheint mir deshalb zumindest einer der paar "schwierigen Schritte" zu sein, die unser spätes Erscheinen im Verlauf der Erdgeschichte erfordert. Ein zweiter könnte durchaus die Entstehung des Lebens selbst sein, wie du in deinem letzten Abschnitt schilderst.
 

elnolde

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Um nochmals auf den Artikel sprechen zu kommen. Ich verstehe die Schlussfolgerung nicht. Ich kann aus den Keppler-Daten schlussfolgern, dass anhand soundsovielen Systemen bei denen man gerade auf die "Scheibe" sieht, soundsoviele Systeme vorhanden sein müssen bei denen man gerade NICHT auf die "Scheibe" sieht. Aber wie wurde die Anzahl der kleinen Planeten aus dem erläuterten Sachverhalt abgeleitet?

@Bynaus: Wir haben doch offensichtlich eine Menge an Arten, eine Menge an Spezies und eine Menge an Individuen auf der Erde und können ableiten wie wahrscheinlich die Herausbildung von Mitteilungsfähiger Intelligenz ist. Der Ameisenstaat der von der Cote d'Azur bis zur Bretagne an der Küste lebt besteht aus Abermilliarden Individuen die nicht zum Philosophieren oder der Raumfahrt fähig sind. Warum bitteschön sind Hunde bis heute nicht in der Lage unsere Bücher zu lesen oder zu kritisieren? Haben Hunde oder Katzen eine Ahnung davon wie wir unsere Welt gestalten. Sind wir in deren Augen Götter?

Ich meine, dass man durchaus eine vage Vorstellung anhand der Datenlage bekommen kann, wie häufig (oder nicht häufig) die Herausbildung von intelligentem Leben ist. Ich bin da eher der Typ: Medium Rare (350g;-))

Gruß
elnolde
 

Bynaus

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@elnode: Genau wie man von der Anzahl von Kepler im Transit beobachteter Planeten auf die Anzahl Planeten schliessen kann, die man nicht im Transit sieht, kann man auf die Anzahl Planeten einer bestimmten Grösse schliessen, die es geben muss, damit (plausiblerweise) die beobachtete Anzahl von Gravitationslinsen-Planeten entsteht. Genau das haben die Autoren dieser Arbeit gemacht. Die Abschätzung gilt ursprünglich für Planeten mit mehr als 5 Erdmassen. Da - auch bei Kepler - Planeten umso häufiger sind, je kleiner sie sind, kann man schliessen, dass auch Planeten unter 5 Erdmassen entsprechend häufig sein müssen.

@Bynaus: Wir haben doch offensichtlich eine Menge an Arten, eine Menge an Spezies und eine Menge an Individuen auf der Erde und können ableiten wie wahrscheinlich die Herausbildung von Mitteilungsfähiger Intelligenz ist.

Wegen des anthropischen Prinzips und der Abwesenheit einer früheren Zivilisation können wir zumindest eine grobe Obergrenze für diese Wahrscheinlichkeit geben. Von den Milliarden von (Mehrzeller-)Spezies, die es gegeben hat, hat eine einzige eine Zivilisation hervorgebracht. Die Chancen könnten aber natürlich deutlich kleiner sein als 1:1 Mrd, denn wir müssen uns zwangsläufig auf einem Planeten befinden, auf dem es geklappt hat.

Warum bitteschön sind Hunde bis heute nicht in der Lage unsere Bücher zu lesen oder zu kritisieren?

Weil Hunde und Katzen ökologische Nischen ausfüllen, die die menschliche Zivilisation geschaffen hat, in denen Bücherkritik nicht vorgesehen ist... :) Hunde haben sich zumindest dahingehend entwickelt, dass sie menschliche Gesichtsausdrücke lesen und sogar teilweise nachmachen können. Das liegt bei ihren biologischen Anlagen wohl noch drin - Lesen hingegen nicht. Zum Glück für die Hunde: die Menschen würden wohl keine Konkurrenten in ihrer Stammnische tolerieren - was auch erklärt, warum Homo Sapiens der einzige Überlebende der einst so erfolgreichen Gruppe der Hominiden ist.
 

Kibo

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Hallo Bynaus,

Woher weiß man das wir die erste Zivilisation auf diesem Planeten sind?
Definiert man Zivilisation grundsätzlich so, dass eben diese auch über Millionen von Jahren vom Nachmieter nachgewiesen werden kann?

Ich könnte mir schon vorstellen, das es mal sich artikulierende Faultiere gab die auf steinzeitlichen Niveau lebten. Wir Menschen lebten ja auch Millionen von Jahren auf ziemlich kläglichen Niveau und haben nur durch Unangepasstheit überlebt. Nicht das ich daran glauben würde, ich finde nur das man das nicht so kategorisch ausschließen sollte. (Es sei mir erlaubt mal Advocatus diaboli zu spielen)

mfg
 

Bynaus

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Woher weiß man das wir die erste Zivilisation auf diesem Planeten sind? (...) Ich könnte mir schon vorstellen, das es mal sich artikulierende Faultiere gab die auf steinzeitlichen Niveau lebten.

Natürlich kann man, mein verehrter Advocatus diaboli ;), eine allfällige frühere Zivilisation so versuchen zu definieren, dass diese überall durch die Beobachtungs-Maschen fällt. Tatsache ist jedoch, dass die Erde nach unserem Wissen noch nie eine Hochtechnologiezivilisation wie die heutige hatte - das würden wir definitiv sehen. Künstliche Artefakte würden sicher übrigbleiben: in unserem Fall ist z.B. die Masse aller Artefakte sehr viel grösser als die Masse aller Menschen, und viele Artefakte sind deutlich langlebiger als Menschen bzw. menschliche Überreste. Man müsste also die Artefakte sogar noch vor der verursachenden Spezies finden.

Natürlich kann man es aber nicht bis zur letzten Sicherheit ausschliessen (genauso wie man auch, sagen wir, unterirdisch lebende Aliens auf dem Mars oder unter dem Boden des Mariannengrabens nicht ausschliessen kann), aber im Rahmen der vernünftigen Argumentation gibt es schlicht keinen Grund, davon auszugehen.

Anders gesagt: weil wir nie Hinweise auf eine frühere Zivilisation gefunden haben, müssen wir vernünftigerweise davon ausgehen, dass wir die erste Zivilisation auf der Erde sind.
 

Kickaha

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Hallo Bynaus,
Anders gesagt: weil wir nie Hinweise auf eine frühere Zivilisation gefunden haben, müssen wir vernünftigerweise davon ausgehen, dass wir die erste Zivilisation auf der Erde sind.
Ja, das ist vernünftig, aber nicht klug.

Eine Hochzivilisation wie diese unsere vor 70 millionen Jahren bei den Dinosauriern ist schwer Artefakt heute zu finden.
Selbst große Erzabbau, Kohle, Öl oder Uran. Nimand kann noch erkennen heute.
Gebäude, Straßen, Fahzeuge, Pyramiden alle zu Staub verteilt auf große Fläche.

Oder Homo Spiens Zivilisation wie Mittelalter. Auf eine kleine Gebiet in Warmzeit auf Grönland oder Skandinavien. Wegen Gletscher alles zerstört.


Namaste
 

Bynaus

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Eine Hochzivilisation wie diese unsere vor 70 millionen Jahren bei den Dinosauriern ist schwer Artefakt heute zu finden.

Wie gesagt: Wir produzieren mehr (massivere, grössere, langlebigere) Artefakte als es überhaupt Menschen gibt. Unsere Zivilisation bewegt mehr Masse (vorwiegend Artefakte) über die Oberfläche des Planeten als alle Flüsse zusammen. Es gibt Milliarden und Abermilliarden Gegenstände, die jedes Jahr produziert oder weggeworfen werden, die grosse Zeiträume überdauern können. Wenn man bedenkt, dass sogar Gewebe von Dinosauriern Jahrmillionen überdauern kann, dann können das Kunststoffe auch. Wir hinterlassen auch unzählige chemische Spuren, in Böden, Ozean, Atmosphäre, die in unterschiedlichsten Umgebungen erhalten und über viele Jahrmillionen, vielleicht sogar Jahrmilliarden erkennbar bleiben können. Wenn man bedenkt, welche klimatischen, geologischen, paläontologischen, astrogeologischen Details man mittlerweile aus Gesteinen ableiten kann, wie man noch kleinste Spuren und isotopische Variationen erkennen kann, dann kann man mit man Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen: Eine Zivilisation wie die Menschheit hat es auf der Erde noch nie gegeben.
 

Bynaus

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Auf arxiv ist heute ein Paper drauf, bei dem ältere Mikrogravitationslinsendaten ausgewertet wurden, mit dem Ergebnis, dass in der Zone 0.5 bis 10 AU etwa 17% aller Sterne einen Jupiter haben, 52% aller Sterne haben dort einen Neptun und sage und schreibe 62% haben dort eine Super-Erde aufzuweisen (die Zahlen für kleinere Objekte sind wohl noch höher).

http://arxiv.org/abs/1202.0903
 

Bynaus

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Ok, dann ist das dasselbe Paper, von dem damals die Rede war. Einfach jetzt auch auf arxiv.
 
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