Erdbeben in Chile: Tage wurden 0,3 Mikrosekunden länger

astronews.com Redaktion

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Mit Hilfe genauer Radio- und Satellitenmessungen haben Wissenschaftler jetzt die globalen Auswirkungen des verheerenden Erdbebens in Chile im Februar genauer bestimmt. Nach ersten Analysen hat sich die Erdkruste in der Region um drei Meter verschoben und der gesamte Kontinent auseinandergezogen. Die Tage dürften durch das Beben um etwa 0,3 Mikrosekunden länger geworden sein. (12. April 2010)

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Kibo

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Also dieser Effekt mit der langsamen Rotation is doch eigentlich ein umgekehrter Piruetten-Effekt oder?
Wie, wenn der Eiskunstläufer seine Arme an den Körper legt um sich so schneller zu drehen.
Wenn die Erde langsamer geworden ist, bedeutet das ja, dass sich Masse von innen (näher an der Rotationsachse) weiter nach aussen verlagert hat.
Nun frag ich mich, wie kann das sein?
Ist eine Luftblase, entgegen den Gravitaionsgesetzen, von oben weiter zum Erdkern hin gewandert? Klingt für mich unwarscheinlich.
Oder, zweite Erklärung, hat sich die Erde aufgebläht?
Wenn das zuträfe, woher kam denn das Gas?
Gibts da etwa sowas wie einen Kreislauf aus Oxidation, Subduktion, Sublimation, Aufstieg und Wiederausgasuing?
Oder gibts vielleicht eine ganz andere Erklärung?:confused:

mit fragenden Grüßen
Kibo
 

Sissy

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Hi Kibo,

über einen Zeitraum von vielen Jahren hat sich durch die Bewegung der Nazca-Platte unter die südamerikanische Platte (Subduktion einer ozeanischen Platte mit einer Geschwindigkeit von rund 60 mm/Jahr) diese südamerikanische Platte "verbogen". Orte in Küstennähe haben sich gehoben und nach Nordosten verdreht. Die Entfernung Meersstrand zu den Anden hat sich dadurch verringert. Beim Beben haben sich diese Verzerrungen der Südamerikanischen Platte innerhalb von wenigen Minuten wieder auf die früheren Werte zurückbewegt. Also ausgedehnt, entspannt.

Je nachdem wie elastisch sich der Untergrund vorher durch den Druck über die Jahre verformt hat, kann man jetzt Verschiebungen bis zu 3 Metern messen.

Ozeanische Kruste ist normalerweise schwerer als Kontinentale Kruste. Sie taucht vor Chile in recht steilem Winkel nach unten ab. Das Abtauchen kann bis 700 km nach unten gehen. Es "flutscht" aber nicht ungebremst. Lockere Sedimentschichten auf der Nazca-Platte werden von der Kante der Südamerikanischen Platte abgeschabt, Berge oder vulkanische Erhebungen auf der Nazca-Platte bremsen ebenfalls die Abwärtsbewegung. Beim Beben ist die Nazca-Platte etliche Meter auf einen Schlag abgetaucht, weil diese "Bremsklötze" unter dem wachsenden Druck nachgegeben haben.

Dadurch hat sich die Massenverteilung innerhalb der Erdkruste und dem oberen Mantel verändert. Das führt zu einer veränderten Erdrotation. Aber nicht nur starke Erdbeben sorgen für solche Veränderungen. Auch das stille Abtauchen der Platten und das Emporquellen von leichtem Material an anderen Stellen des Globus sorgen ständig für minimale Veränderungen in der Rotationsgeschwindigkeit.

Erst seit die Erde aus dem All mit Satelliten vermessen wird, kann man solche großflächigen Veränderungen auf der Erdkruste genau vermessen.

Das stärkste gemessene Beben in Chile war 1960 in Valdivia. Damals hatten wir noch keine Satelliten/GPS-Systeme, mit denen die Veränderung Zentimetergenau vermessen werden konnte...

Jährlich ereignen sich so viele stille und laute Erdbeben, daß die Rotationsgeschwindigkeit im Mittel um +/- 5 Mykrosekunden schwankt.

Das hat nichts mit der Abbremsung der Erdrotation durch den Mond zu tun...

Grüße
Sissy
 

Nathan5111

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Hallo Sissy,

Du hast da eine sehr gute Beschreibung abgegeben, die mit
Jährlich ereignen sich so viele stille und laute Erdbeben, daß die Rotationsgeschwindigkeit im Mittel um +/- 5 Mykrosekunden schwankt.
endet.

Das hat aber mit Kibos 'Frage'
Wenn die Erde langsamer geworden ist, bedeutet das ja, dass sich Masse von innen ... weiter nach aussen verlagert hat.
nichts zu tun.

Ich gestehe, dass mich diese Frage bis heute nicht sonderlich interessiert hat.

Mal so ins Unreine gedacht: Jedes Erdbeben müsste doch einer spontanen Druckentlastung und somit einer Volumenzunahme entsprechen, so dass es immer zu einer "Plus-Schwankung", niemals aber zu einer "Minus-Schwankung" kommen könnte.

Dies soll keine Kritik sein, denn dies
Das hat nichts mit der Abbremsung der Erdrotation durch den Mond zu tun...
ist mir auch klar.

Beste Grüße
Nathan
 

Sissy

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Hi Nathan,

Das hat aber mit Kibos 'Frage'
Zitat von Kibo
Wenn die Erde langsamer geworden ist, bedeutet das ja, dass sich Masse von innen ... weiter nach aussen verlagert hat.
Nichts zu tun.

doch. Das Gestein an der Kante, welches über viele Jahre ein bissy mit nach "unten" gezogen wurde, ist schlagartig zurück nach "oben" geschnellt. Da hast die Massenverlagerung von innen nach außen.

Das Epizentrum war in ca. 35 km Tiefe. Also hat sich auf einer vertikalen Distanz von mindestens 35 km das Gestein druckentlastet. Das ist verdammt viel Masse, die da nach "oben" flutscht. Und das über eine horizontale Länge von mehreren hundert km...

Ich gebe zu, es ist komplex, da überlagern sich ja mehrere Vorgänge. Und wie groß der Anteil der einzelnen Vorgänge ist, ist momentan noch nicht genau bekannt.

Weil uns die Erde vor der Chilenischen Küste ein natürliches "Unterwasser-Labor" bietet, wird z.B. im Rahmen des IFM-GEOMAR vom GFZ mit diversen Expeditionen der Schiffe Sonne, Meteor, Poseidon, James Cook und anderen der dortige Kontinentalsockel immer wieder mit immer besseren Methoden vermessen. Auch Stationen an Land helfen dabei mit.

Die letzten Beben in dieser Region haben deutliche Veränderungen in der Struktur gebracht. Die Analyse wird viele Jahre dauern und hoffentlich ein besseres Verständnis der Vorgänge fördern.

Mal so ins Unreine gedacht: Jedes Erdbeben müsste doch einer spontanen Druckentlastung und somit einer Volumenzunahme entsprechen, so dass es immer zu einer "Plus-Schwankung", niemals aber zu einer "Minus-Schwankung" kommen könnte.

Wenn Du das auf sehr langen Zeitskalen (Jahrmillionen) betrachtest, hast Du recht. Von "unten" quillt seit mindestens 3,8 Milliarden Jahren Magma nach oben (Vulkanismus). Differenziert aus und bildet die Kontinente. Durch Verwitterung und Einbau von CO2 in die magmatischen Gesteine wird weiter ausdifferenziert, der Anteil an leichter kontinentaler Kruste nimmt zu (die Kontinente werden größer und höher). Sedimente, die in Subduktionszonen nach unten verschwinden, werden umgewandelt und tauchen dahinter (Inselbogenvulkanismus) wieder auf. Das wird so lange weitergehen, wie im Erdinneren genügend Hitze für diesen Vorgang bereit steht und Kristallwasser den Abtauchvorgang genügend "schmiert". Ohne Kristallwasser im Gestein keine Plattentektonik, keine Subduktionszonen und kein Inselbogenvulkanismus. Nur Hotspot-Vulkanismus wie bei Venus und Mars...

Kontinentale Kruste wird kaum direkt subduziert. "Verschwinden" tut eigentlich nur der Meeresboden und etwas vom Sediment da drauf. So alle 200 Millionen Jahre hat sich der frische Meeresboden von den mittelozeanischen Rücken (wo er rausquillt) weit genug entfernt, daß er unter dem eigenen Gewicht in Gräben abtaucht. Oder bereits früher, wenn er mit nem Kontinentalsockel kollidiert...

Daher ist es ja so schwer, auf dem (relativ jungen) Meeresboden alte Meteoritenkrater zu finden. :)

Ich schweif ab, sorry, zurück zur Frage:

"kurzfristig" betrachtet (Jahre, Jahrzehnte) hast auch "Beschleunigung". Nämlich in den Zeiten zwischen den Starkbeben. Also da, wo die Gesteine komprimiert werden. Da hast eine sehr langsame Beschleunigung über Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Und bei der Druckentlastung durch das Beben dann die plötzliche Abbremsung, die kürzlich durch die Zeitungen geisterte ;) ...

Is ein (fast) ewiger Kreislauf von sehr langsamer, dafür aber stetiger Beschleunigung und ruckartiger Abbremsung...

Grüße
Sissy
 
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