Diskussion zur Pioneer-Anomalie

Orbit

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@ all
Mit den letzten Beiträgen aus dem Thread Pioneer-Anomalie: Spurensicherung...
http://www.astronews.com/forum/showthread.php?p=65236#post65236
...eröffne ich hier einen Diskussionsthread:
Mitte Januar haben Turyshev und Toth ein 140 Seiten starkes Paper veröffentlicht.
http://arxiv.org/abs/1001.3686

Es ist die bisher umfangreichste und bestimmt auch kompetenteste Bestandesaufnahme all der Bemühungen um die Aufklärung dieses Rätsels. Erstmals lese ich hier von diesen beiden Autoren, dass die Pioneer Anomalie Fakt sei. Mit andern Worten: die minutiösen technischen Abklärungen, Restaurationen (Daten) und Rekonstruktionen (Sonde) ergaben, dass ein erheblicher Teil der Bremsbeschleunigung keine sondenspezifische Ursache hat.

Nach wie vor kann nicht gesagt werden, in welche Richtung die Beschleunigung zeigte, zur Sonne, zur Erde, gegen die Flugrichtung oder in Richtung der Rotationsachse der Sonden. Das Letzte verstehe ich nicht: Sind Flugrichtung und Rotationsachse nicht identisch?

Orbit

Hallo Orbit,
entsprechend der Bauweise der Pioneer Sonden würde ich vermuten das ursprünglich die Rotationsachse in Richtung Erde bzw. Sonne zeigte.
In der jetzigen Entfernung sollte das aber ungefähr mit der Flugrichtung übereinstimmen...

Gruß,
Christian

Ist vielleicht bei Pioneer 10 & 11 der Fall, muss aber generell nicht so sein. Pioneer 6's Rotationsache ist senkrecht zur Ekliptik, und ueber Jahrzehnte schon stabil. Und falls die Rotationsachse (sehr) aehnlich ist wie die Flugrichtung, duerfte es schwer sein festzustellen, welche der beiden nun wirklich einen Pioneer Anomaly Effekt hat.

Die Rotationsachse der Sonden sollte eigentlich - wegen der Erhaltung des Drehimpulses - immer auf denselben Punkt am Himmel zeigen. Vermutlich lag sie deshalb ursprünglich paralell zur Ekliptik, so dass die Funkschüssel zur Erde zeigte. Doch gerade Pioneer 11 wurde beim Vorbeiflug an Saturn etwas aus der Ekliptik ausgelenkt, so dass die Rotationsachse (die immer noch in die gleiche Richtung zeigt wie vor dem Vorbeiflug) und die Bewegungsrichtung nicht identisch sein dürften.

Danke für den Link, Orbit! Langsam verstehe ich die Welt nicht mehr: die PA soll nicht sondenspezifisch sein, kann ihre Ursache aber auch nicht in einer bisher unbekannten Kraft haben, die auf alle Objekte dort aussen gleichartig wirkt. Was dann?

Spielt vielleicht die Geschwindigkeit an sich irgendwie eine Rolle? Der Umstand, dass die Sonden sich auf einer Fluchtbahn befinden? Dafür würde ja auch sprechen, dass die PA erst auftrat, als die Sonden Fluchtgeschwindigkeit erreicht hatten. Ich fühle mich nicht qualifiziert genug, mir hier ein Urteil zu bilden, aber vielleicht weiss jemand, wo diese Idee schon diskutiert wurde.

...Mir ist leider keine Diskussion über die PA bekannt, welche diesem Anspruch genügt.

Orbit

Moin, Orbit,

Womöglich sind meine folgenden Fragen dann auch hier falsch angesiedelt. Wenn ja, dann bitte ich dies zu entschuldigen und den Webmaster, diese Frage in einem neuen Thread zu diskutieren!

Also:
Laut NSSDC und Wiki gelangen die letzte Datenempfänge bei Pioneer 10 im Jahr 2003. Pioneer 11 hatte schon früher aufgegeben.

Im März 2009 implementierte D. Mueller die bis dahin bekannte Funktion der Annomalie in seine Kalkulationen der Entfernungen der Pioneersonden:

Danach hatten die Sonden 1998 also folgende (so verstehe ich das) Abweichungen von ihrer theoretischen Position:
- Pioneer 10 im Jahr 1998 58.800 km
- Pioneer 11 im Jahr 1998 6.000 km
Extrapoliert auf das Jahr 2050
- Pioneer 10 liegt im Jahr 2050 2,548,000km
- Pioneer 11 liegt im Jahr 2050 1,912,000km
daneben!

Meine Frage(n):
(1) Warum kann man sowas machen, wenn bis heute nicht geklärt ist, woher die Anomalie stammt?
(2) Was, wenn die Anomalie ein nur räumlich begrenzter Effekt war?
(3) Gibt es bewiesene Daten, wie sich die Pioneers seit 1995 respektive 2003 weiterbewegt haben und das die Anomalie seither immer noch auf diese Sonden wirkt?

Zu 1: Es ist auch nicht geklärt "woher" die Gravitation kommt. Trotzdem kann man mit ihr rechnen wenn man aus Beobachtungen abgeleitet hat wie sich Körper unter ihrem Einfluß verhalten. Nichts anderes hat man da mit Pioneer gemacht: beobachtet wie die Abweichung per Zeit ist und daraus eine Formel gebastelt, das ist nichtmal höhere Mathematik.
Zu 2: "Was wenn" - ein "wenn" das nicht überprüfbar ist, hilft uns nicht weiter in der Frage. Was ,wenn diese "Kraft" nur auf rote Sonden wirkt aber nicht auf grüne?
Zu 3: Daher (und auch respektive Frage 2) gibt es ja Pläne, eine speziell auf dieses Phänomen zugeschnittene Sonde zu bauen - der PA wird man sich nicht anders nähern können weil die Daten der Pioneersonden für tiefergehende Erkenntnisse einfach zu dünn sind.

Gruß Alex

Alle Interessierten lade ich ein, hier weiter zu diskutieren. Den andern Thread möchte ich für die harten Fakten reservieren.

Mit freundlichen Grüssen
Orbit
 

Kibo

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Also ich habe den Herrn Specht jetz so verstanden:
Er geht davon aus dass es die möglichkeit Gäbe dass diese Anomalie ein lokales ereignis sein könnte also anders ausgedrückt vielleicht ein anomaler Gürtel in einem Bersimmten Orbit um die Sonne oder so.

Und seine Schlussfolgerung daraus wäre:
WENN das so wäre, dann könnte man den Effekt nicht einfach mit in die Bahndaten einberechnen und hätte die richtige Position. Da würde dann weder einfache noch höhere Mathematik nützen weil man ja nicht weis wo (nur Zwischen Uranus und Pluto? im gesammten Orbit? generell zwischen Jupiterorbit und Oortscher Wolke?), wie lange (Nur während einer Sonneneruption? nur wärend einer Leckagezeit an der Sonde? Nur am 9 Januar 1990?) und unter welchen Umständen(nur ab einer Geschwindigkeit von 13 km/s?, nur bei Änderungen der Geschwindigkeit?, nur bei schwereren Objekten?)die Anomalie auftritt.
Das msste man alles mit Experimenten noch rausfinden vorher kann man höchstens schätzen wo sich die nunmehr stillen Sonden denn nun befinden.
(Irgendwo zwischen Flugbahn ohne Anomalie seit letzter Messung und Worstcase)

mfg
 

Orbit

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Hallo Kibo
Ich denke nicht, dass es Herr Specht so meint. :)
Der denkt eher an die verschiedenen noch in Frage kommenden Vektoren; aber er soll das selbst erklären.

Orbit
 

Orbit

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Klaus schreibt im andern Thread zur PA:
Klaus schrieb:
Bei der Pioneeranomalie könnte es sich um einen systematischen Fehler handeln. Größenordnungsmäßig entspricht die Pioneeranomalie in etwa der Änderung der auf die Sonde wirkende Gravitationsbeschleunigung während der relativ langen Signallaufzeit zur Sonde (wie ich heut grad mal überschlagen habe) und von daher würde ich die Ursache der Pioneeranomalie auch da vermuten. Es dürfen aber natürlich noch Wetten über die Ursache abgeschlossen werden ...
Ein weiterer grosser Auftritt unseres Grossmauls: Was zwei Dutzend der renommiertesten Physiker und Physikerinnen in drei einwöchigen Tagungen nicht klären konnten, löst der aus dem Handgelenk mit einer Überschlagsrechnung.
Der 'systematische Fehler' ist bei 15 AU etwa 3 mal zu gross und bei 45 AU bereits zu klein für meinen Rechner. In all diesen Distanzen und noch weit darüber hinaus wurde aber im Mittel stets dieselbe Bremsbeschleunigung gemessen.

Orbit
 

Klaus

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Ein weiterer grosser Auftritt unseres Grossmauls...
Wieder eine der typischen Entgleisungen und wieder mal eines Goldhamsters würdig. Doch derartiges stört die Diskussionen. Wie wär es mal damit, derartiges künftig zu unterlassen und statt dessen die Themen sachlich zu diskutieren?

Der 'systematische Fehler' ist bei 15 AU etwa 3 mal zu gross und bei 45 AU bereits zu klein für meinen Rechner.
Wie gesagt, es war eine Überschlagsrechnung. Doch Du hast Recht, der Wert wird bei größeren Abständen zu klein und sollte daher nicht die Ursache darstellen.
 

Guido

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Ich habe bisher noch keine Quelle gefunden, der ich entnehmen könnte, welche relativistischen Effekte bei der Bahnberechnung der Pioneer-Sonden berücksichtigt werden. Ich gehe mal davon aus, dass die relativistischen Massensteigerung durch die Geschwindigkeit der Sonden mit einfließen.

Die Sonden werden im Laufe der Zeit langsamer, weil sie von der Gravitation des Sonnensystem gebremst werden. Mich würde interessieren, ob bei der Bahnberechnung die Massenreduktion durch die fallende Geschwindigkeit berücksichtigt wird. Ich möchte nämlich behaupten, dass das falsch wäre, weil dieser Effekt durch den Gewinn an potenzieller Energie (vollständig?) ausgeglichen wird.
 

MGZ

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Nette Idee. Aber die potentielle Energie steckt nicht in der Sonde, sondern im Gravitationsfeld.
 

MGZ

Registriertes Mitglied
Oh Mann, jetzt wirds kompliziert. :D

Theoretisch gewinnt bei Zunahme der potentiellen Energie das Gravitationsfeld von Sonde und Sonne an Masse. Das trägt aber wieder zur Ruhemasse bei, weil es ja an Objekte gebunden ist. Punkt für dich. Aber die Sonne kriegt auch ein Stück von der Energie ab, schließlich ist Gravitation immer wechselseitig. Ich glaube, die Effekte sind so gering, dass man sie bei der Pioneer-Anomalie nicht berücksichtigen muss.
 

Guido

Registriertes Mitglied
Ohne jetzt wirklich Ahnung davon zu haben, würde ich mal davon ausgehen, dass die Sonne nicht viel von dem Effekt abbekommt, so dass fast die gesammte potenzielle Energie als Masse bei der Sonde landet.
Natürlich ist der Effekt so oder so extrem gering, sollte aber praktisch so groß sein, wie die Masseabnahme der Sonde durch ihren Verlust an kinetischer Energie auf ihrer Reise. Deswegen meine Frage, ob dieser geringe Masseverlust berücksichtigt wird. Nach meinem Verständnis sollte er nämlich nicht berücksichtigt werden, weil er praktisch vollständig ausgeglichen wird.
 

Nathan5111

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Ich denke, bevor ihr euch weiter in tiefsinnige Spekulationen vertieft, arbeitet lieber den alten, von Orbit gut bestückten Thread durch.
In den Links stecken vermutlich mehr Antworten als ihr euch ausdenken könnt.
 

Bernhard

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Die Masse der Sonde geht überhaupt nicht ein, weder nach Newton noch nach Einstein.
Hallo Ich,

wenn man Guidos Frage etwas allgemeiner auffasst bleibt die Frage, ob bei den Bahnberechnungen relativistische Effekte berücksichtigt wurden. Ich meine, wenn man schon so Effekte wie Periheldrehungen ausrechnen kann, müsste doch auch diese Frage geklärt werden können.... (?)
MfG

EDIT: Die Diskussion zu Masseveränderungen sollte oder kann dann an anderer Stelle geklärt werden (z.B. Neuer Thread).
 
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Schmidts Katze

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Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Bahn der Pioneer-Sonden nicht-relativistisch berechnet wurde.
Und der Grund für die Abweichung ist die SRT?
So habe ich dich verstanden, Bernhard, aber so meinst du das nicht, oder?

Grüße
SK
 

Bernhard

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Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Bahn der Pioneer-Sonden nicht-relativistisch berechnet wurde.
Hallo SK,

ich kenne mich mit der Pioneer-Anomalie so gut wir gar nicht aus. Deswegen weiß ich auch nicht, ob die Bahn korrekt gemäß ART berechnet wurde. Dir SRT bräuchte man dann logischerweise nicht mehr zu berücksichtigen und würde sozusagen alle verfügbaren Informationen in die Analyse der Bahn stecken.

Nachdem diese Anomalie angeblich bevorzugt bei Swing-by-Manövern auftritt, sollte man zumindest kurz nachprüfen, ob das nicht eine Art Periheldrehung sein könnte. Schließlich erlaubt die ART ja auch Bahnen, die nicht elliptisch sind. Ein Vergleich der Größenordnungen würde sicher schon die nötige Klarheit bringen und dann wäre auch Guidos Frage eindeutig beantwortet.
MfG
 

Ich

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Hallo Bernhard,

wenn man Guidos Frage etwas allgemeiner auffasst bleibt die Frage, ob bei den Bahnberechnungen relativistische Effekte berücksichtigt wurden.
Es wurde geprüft, ob man sie berücksichtigen muss, und festgestellt, dass sie für die Anomalie irrelevant sind.
Nachdem diese Anomalie angeblich bevorzugt bei Swing-by-Manövern auftritt, sollte man zumindest kurz nachprüfen, ob das nicht eine Art Periheldrehung sein könnte.
Für die swing-by Anomalie gibt es tatsächlich ein Paper, das sie auf Nichtberücksichtigung relativistischer Effekte zurückführt. Ich habe es aber selber nicht nachvollzogen, und der Mangel an Reaktion lässt mich vermuten, dass es wohl nicht diskussionawürdig ist.
 
Zuletzt bearbeitet:

Alex74

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Eine Kraft die konstant zwischen allen Objekten wirkt, unabhängig von der Entfernung?
Sorry, aber ist da nicht ein Widerspruch offensichtlich?

Wenn diese Kraft tatsächlich so wirken würde, dann würde jedes Objekt in einer Galaxie auch diese Kraft von anderen Objekten in allen anderen Galaxien spüren, womit sie wohl ziemlich egalisiert wäre.
Gleiches gilt für Pioneer.

Leider wird auch nicht ausgeführt, wieso diese Kraft "zwanglos" aus der RT hervorginge...

Gruß Alex
 
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