Hallo SK,
so wie ich die damalige Studie verstanden habe, hing das Ganze auch damals schon nicht an der Frage der Machbarkeit, sondern daran, wieviel Geld man dafür investieren will. UMa hatte in einem anderen Thread eine spätere, realistischere Kostenschätzung gepostet, die von deutlich mehr Geld aus ging. Das ist aber nichts was bei solchen Planungen wirklich überraschend wäre, oder? Die Wirtschaftlichkeit war ja auch im hiesigen Thread nicht die eigentliche Frage. Technisch gibt es jedenfalls seit nunmehr über 30 Jahren keine prinzipiellen Probleme ein größeres Habitat zu bauen. Zumindest nicht lt. dem Urteil von Menschen die davon wesentlich mehr verstehen als wir. In dem Zusammenhang sind auch hunderte oder meinetwegen auch tausende von Shuttle-Flügen kein prinzipielles Problem.
Ein prinzipielles Problem wäre z.B. zur Zeit jedenfalls noch, ob wir einen Werkstoff herstellen können, der gut 60 GPa Zugfestigkeit aufbringt, um ein Orbitalseil zu realisieren. Selbst wenn die gesamte Menschheit sich nur noch damit beschäftigt, gibt es keine Garantie, daß es überhaupt geht.
Abgesehen davon hatte ich zumindest morgen noch nicht vor, mit dem Terraforming des Mars oder mit dem Bau mehrerer tausend Habitate für je 10.000 bis 100.000.000 oder noch mehr Menschen anzufangen. Das war hier auch nicht die Frage.
Die Idee die auch in Bynaus‘ Links dahinter steht, ist eine, selbstverständlich erst längerfristig erreichbare, völlige Unabhängigkeit von der Erde. Das gilt für Habitate genauso wie für das Terraforming. Weder das Eine noch das Andere ist dabei heut oder morgen realisierbar. Im Sinne der hiesigen Frage allerdings gibt es für Habitate bereits detaillierte Planungen, während man beim Terraforming noch nicht mal prinzipiell sagen kann, ob das überhaupt einen Sinn macht.
Im Prinzip stehen sich diese beiden Ideen ja auch zunächst nicht ‚feindlich‘ gegenüber, aber aus meiner Sicht ist für das Terraforming des Mars ein Transportaufwand nötig, der alles in den Schatten stellt, was Habitate auch lange nach der Pionierphase erfordern.
Ein paar Zahlen dazu:
Die Lufthülle der Erde wiegt 5,15E18 kg (siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lufthülle_der_Erde#Aufbau_und_Gradienten )
um auf Mars (28% der Erdoberfläche, 38% Erdschwerkraft) den gleichen Druck wie auf der Erde zu erlangen, braucht man 3,85E18 kg Luft.
Um 10% dieser Masse aus einer Umlaufbahn im Sonnensystem von 2AE auf 1,666AE im Sonnensystem auf Kollisionskurs mit der Perihelposition des Mars abzusenken, braucht man den derzeitigen Weltenergiebedarf (nicht Strombedarf) für rund 50000 Jahre. Siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Weltenergiebedarf
Und die nE19 kg Wasser die ich für genügend Wasseroberfläche brauche, um wenigstens etwas Treibhausffekt durch Luftfeuchtigkeit zu erreichen, sind da noch gar nicht dabei.
Unter diesen Umständen kann man schon sehr lange vorher ganz schön viele Habitate bauen. Wer sollte aber schon während dieser Zeit noch Interesse an einem Terraforming des Mars haben? Habitatbewohner In der 12 Generation? Erdbewohner?
Von der Erde aus scheint mir dieser Aufwand auch konkurrenzlos teuer. Also wird man wohl zunächst entsprechende Basen im Erd- und Marsorbit und auf dem Mond bauen müssen. Das ist aber auch nichts anderes als ein oder mehrere Habitate. Spätestens dann stellt sich die Frage: Warum mit demselben Aufwand nicht viel mehr Habitate bauen?
Die Erde verlassen? Nie wieder zurück können? Die Hälfte meiner hiesigen Lebenserwartung aufgeben? Meinen Kindern die freie Entscheidung aus der Hand nehmen wo sie leben wollen?
Lebe ich auf einem Habitat, kann ich die Erde noch besuchen. Lebe ich auf Mars, (wenn das für Menschen langfristig überhaupt biologisch möglich ist) kann ich mir auf der Schwerkrafthölle der Erde ganz leicht die osteoporotischen Knochen brechen. Auch diese Überlegung ist nicht ohne Einfluß auf die Entscheidung welches Übel ich wähle (wenn ich überhaupt eine Wahl habe).
Bin ich in der zweiten, dritten Generation oder später in einem Habitat aufgewachsen, was interessiert mich dann das Terraforming irgend eines Planeten? Offener Himmel? Grauenhafte Vorstellung.
OK, es gibt keinen Grund anzunehmen, daß es bei der nächsten globalen Hungersnot nicht genügend ‚freiwillige‘ Siedler geben wird, die auch auf Mars auswandern würden, bevor sie verhungern. Aber bis das überhaupt eine Alternative ist, gibt es längst mehr Habitatwohnfläche als bewohnbare Erdoberfläche. Also, wozu Mars u. Co. terraformen?
Herzliche Grüße
MAC
PS Schon mal vorab an Jonas: Schnecken bauen sich ihr eigenes Haus. Jedesmal neu.