Ist die Entwicklung intelligenten Lebens reiner Zufall?

Mahananda

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Hallo,

Aber das was momentan auf unserer Erde stattfindet, wurde vom Menschen verursacht und da sollte man eigentlich meinen, dass auch der letzte Hinterwäldler kapiert hat, sorgsam mit der Natur umzugehen, aber das scheint hauptsächlich Erziehungssache zu sein. Von sich aus kommt scheinbar niemand drauf, denn wie heisst es so schön: wer die Natur nicht achtet, achtet sich selbst nicht.

In diesem Sinne...

ich antworte mal mit einem abgewandelten Brecht-Zitat: Eine ökologische Zivilisation ist das Einfache, das schwer zu machen ist.

Ich denke schon, dass es mittlerweile auch der letzte Hinterwäldler kapiert hat, dass es so nicht weitergehen kann, aber die Vielzahl der Volkswirtschaften über das Konsens-Prinzip auf ökologische Produktionsweise auszurichten, benötigt Zeit und Verhandlungsgeschick. Die Alternative wäre Kapitalismus der freien Konkurrenz. Dieser würde sich binnen kurzer Zeit noch verheerender auf die Ökosysteme auswirken als bislang geschehen. Insbesondere die Schwellenländer würden auf hemmungslosen Raubbau setzen, um den Anschluss zur Weltspitze zu schaffen. Von daher bleibt zu hoffen, dass die Globalisierung sich letztlich positiv auf unsere Lebensgrundlagen auswirkt, indem sich der Trend zum nachhaltigen Wirtschaften weltweit durchsetzt. Das geht nur über politische Instrumentarien. Ich gebe zu, dass das nur eine vage Hoffnung ist, aber ich sehe keine vernünftige Alternative. Möge es gelingen.

Viele Grüße!
 

Toni

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Hallo Mahananda & TWR!

Hallo Mahananda,
Leider hilft uns das nicht wirklich weiter, da sich daraus keine Aussagen über die Verteilungsdichte von Zivilisationen ableiten lassen. Weiterhin ist diese Wahrscheinlichkeitszunahme ein rein statistischer Effekt.
wir werden auch nie eine wirkliche "Verteilungsdichte" errechnen können, denn die wird in jedem Bereich der Milchstraße anders ausfallen. In erster Linie hängt diese nämlich von der Metallizität der Sterne ab. Erst bei genügend hoher Metallizität können sich feste Planeten bilden, bei denen es dann auch genügend höherwertigere Elementenverbindungen gibt, die für die Bildung von Leben notwendig sind. Doch wie man mittlerweise aus den Beobachtungen weiß, ist die Verteilung dieser Metallizitäten in der Milchstraße (wie auch in anderen Galaxien) recht unterschiedlich und nimmt meist zum Zentrum hin zu. - So viel zur "Wahrscheinlichkeitszunahme".

Daher bleibt die Behauptung, dass Intelligenz notwendigerweise entstehen muss, reines Wunschdenken, so lange uns jegliches für Vergleiche geeignete Datenmaterial fehlt.
Hier muss ich Einspruch erheben. Paläoanthropologen aus aller Welt haben die Schädel von Sauriern aus allen Epochen untersucht, indem sie Abgüsse ihres Schädelinneren untersuchten und verglichen. So ergab sich eine ständige Gehirnmassenzunahme in Proportion zur Körpermasse durch alle drei Zeitalter, Trias, Jura und Kreide. In der Kreide entwickelten sich die Arten mit den leistungsfähigsten Gehirnen. Zum einen sind es die der Raptoren und zum anderen die der weit über alle anderen entwickelten Gehirne der Hadrosaurier. Wäre die Kreidezeit nicht so abrupt beendet worden, hätten sich aus diesen Arten noch wesentlich höhere, intelligentere Lebewesen (aber immer noch als Saurier) entwickeln können.

Der Durchbruch zur Hochtechnologie ist – wie so vieles – ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Ebensogut hätten wir in Europa auf dem Stand des Mittelalters verharren können, wie der Rest der Welt. Das hätte gut und gerne noch einige Tausend Jahre so weiter gehen können – vielleicht sogar bis zum Aussterben der Menschheit.
Das bezweifle ich. Dass es zu diesem tausendjährigen Stillstand in der Menschheitsentwicklung kam, hat eindeutig religiöse und dadurch gesellschaftliche Gründe. Während das frühe Christentum jeglichen technologischen Fortschritt unterband, hielt zur gleichen Zeit die islamische Welt dies nicht davon ab, auf das Wissen der hellenistisch geprägten Antike aufzubauen und dieses weiterzuentwickeln.

Es gab in der Geschichte der Menschheit immer wieder Hochs und Tiefs, aber alles in allem betrachtet ging es mit der Entwicklung immer weiter bergauf, bis zur Zeit des europäischen Spätmittelalters das Bürgertum immer stärker an Einfluss gewann und frühkapitalistische Strukturen entwickelte. Diese setzten sich zuerst in der deutschen Hanse durch, gefolgt von den Erfindern der italienischen Renaissance usw. Von da an ging es (bis auf Zeiten großer Kriege wie dem Dreißigjährigen Krieg) immer steiler bergauf bis in unsere Zeit der sogenannten Hochtechnologie, die ihrerseits wiederum durch Globalisierung ungewollt die ganze Menschheit mitreißt.

Dass es anders gekommen ist, verdanken wir wiederum einer Reihe von Zufällen, die ich hier nicht alle aufzählen kann (und will).
Das ist nicht Dein ernst, nee?? Also, "Zufälle" würde ich die Entwicklung seit dem Spätmittelalter nun wirklich nicht nennen. - Und die dauert nun bereits ungefähr 650 Jahre an! Seit dem großen Wüten der Pest in Europa und dem Aufkommen des Bürgertums ging es, wie ich eben schrieb, stets und ständig bergauf - und das in einem Tempo, welches in keinem früheren Zeitalter erreicht wurde!

Im Zeitalter des Hellenismus war man kurz davor, Dampfmaschinen zu erfinden und eine Industriezivilisation zu begründen
Ja, das stimmt. Aber die antiken griechischen Philosophen und Wissenschaftler hatten ihr Wissen zu großen Teilen nicht selbst entwickelt, sondern in Ägypten erworben. Nicht einer der großen griechischen Denker konnte darauf verzichten, einige Jahre in Ägypten zu studieren. Dort erlernten sie aus den unzähligen Papyri die Künste der verschiedensten Wissenschaften, brachten es mit zurück nach Griechenland und dort erst konnte es aufgrund der weniger streng gehandhabten Religion viel besser und schneller gedeihen und sich weiterentwickeln als im despotisch beherrschten und streng gläubigen Ägypten. Griechenland hatte in dieser Hinsicht eine wesentlich fruchtbarere Gesellschaftsform, die der Bevölkerung viel größere Freiheiten erlaubte.

– dann kamen die Römer und dann die christlichen Missionare und dann war Tausend Jahre Denkpause … nichts mit zwingender Notwendigkeit.
Nun ja, die Römer würde ich nicht unbedingt als Fortschrittsbremsen bezeichnen, denn ihnen sind ja auch großartige technische Errungenschaften zuzuschreiben, die ihnen dabei halfen, ein Weltreich aufzubauen. Der Straßenbau geht auf ihre Kappe, die Entwicklung und der Bau grandioser Bewässerungssysteme wie den Aquädukten, der tausende Häuser mit fließendem Wasser versorgte, die zur damaligen Zeit hochmoderne Entwässerung in beispiellosen Kanalsystemen, die Entwicklung und der Bau großartiger Bauten wie dem Kollosseum, welches mit unglaublichem technischen Antiken-Know-How ausgestattet war, die Entwicklung unterschiedlicher Zementarten (wasserundurchlässig und weniger wasserdicht) nicht zu vergessen usw. usf.

Natürlich übernahmen die Römer viel von dem, was sie anwandten, von den unterworfenen Völkern, aber so "modern" wie die Römer einst waren, wurden die Menschen in Europa erst wieder im 19. Jh.!

Wie lässt sich der EQ-Wert für die Vorfahren der Delphine bestimmen, wenn er Gehirnfaltungen und Anzahl der neuronalen Verbindungen berücksichtigt?

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Hallo TWR,

schön, dass Du alle paar Monate mal Deine Duftspur hier hinterlässt. Dich einzuschätzen, fällt mir deshalb nicht leicht. Kannst Du mir darum mal erklären, wie Du diesen Satz hier meinst??
das ist aber eine sehr von Induktion beeinflusste Argumentation ;).

Ich bin mir nicht sicher, ob Leben eine Notwendigkeit ist, aber einige Argumentationsketten aus der Komplexitätstheorie sprechen dafür.
Na ja, "Notwendigkeit" würde ich mal nicht sagen. "Logische Schlussfolgerung" trifft da wohl schon eher den Kern.

Ich bin mir aber -ziemlich- sicher, dass intelligentes Lebens keine Notwendigkeit ist. Notwendig ist die beste Überlebensstrategie und braucht es da Intelligenz?
Oh ja! Das würde ich wohl meinen! Je mehr ein Lebewesen mit Intelligenz ausgestattet ist, um so größer sind auch seine Chancen, Katastrophen zu überstehen, sich in der Umwelt zu behaupten und sich notfalls von einem unbedeutenden Beutetier zum gefährlichsten "Raubtier" des gesamten Planeten zu entwickeln. Natürlich darf es sich nicht zu einem spezialisierten Raubtier entwickeln, sondern es muss Generalist und Allesfresser bleiben, um beim Ausbleiben von Beute sich gegebenenfalls auch anderweitig ernähren zu können.

Generalistisch orientierte Grüße von
Toni
 

Mahananda

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Hallo Toni,

Zu einigen Zufällen, die die historische Entwicklung seit dem Spätmittelalter erheblich beeinflusst hätten:

Bei Totalverlust der griechischen Manuskripte hätte es länger gedauert, den alten Stand zu erreichen und zu überbieten. Die Araber hätten nichts konservieren und übermitteln können. Philosophie wäre Bibelexegese bzw. Korandeutung geblieben. Eine Emanzipation wissenschaftlichen Denkens wäre extrem erschwert gewesen.

Wäre Konstantinopel 1453 nicht von den Osmanen erobert worden, hätte der Indienhandel länger prosperieren können. Die Notwendigkeit, Seewege zu erkunden, wäre wegen der damit verbundenen hohen Kosten gar nicht erst aufgekommen. Die Entdeckung Amerikas wäre erst sehr viel später erfolgt. England hat sich erst später in Konkurrenz zu Spanien zur Seemacht entwickelt. Finanziert wurde der Ausbau der Flotte im Wesentlichen aus den Erträgen der Kaperfahrten. Aber: Ohne Ausplünderung der Indianerreiche keine fette Beute für Engländer. Die Folge: Der Kapitalzufluss bleibt aus, und damit der Aufstieg Englands zur Weltmacht.

Der Übergang zur Industriezivilisation in England wäre nicht erfolgt, wenn die Entwicklung von Wissenschaften und Technik durch die Krone nicht gefördert worden wäre. In Spanien beispielsweise verlief die Entwicklung ganz anders.

Hätten die chinesischen Ming-Kaiser um 1430 die Eroberung Europas nicht abgeblasen, wären wir möglicherweise in chinesische Oberhoheit gelangt. Die extrem konservativen Ansichten der konfuzianischen Beamtenschicht hätten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zur Industrialisierung geführt – schon wegen der Harmonie zwischen Himmel und Erde.

Was ich damit sagen will, ist, dass Entwicklung nicht stetig verläuft, sondern dass eine Reihe von zufälligen Faktoren die eine oder andere Richtung hervorbringt. Ebensogut hätten die Griechen den Durchbruch schaffen können und wir hätten seit 2000 Jahren eine Hochtechnologiezivilisation. Andererseits hätten die Mongolen im 13. Jahrhundert ganz Europa niedermachen können, und wir würden jetzt immer noch mit Dreifelderwirtschaft mühsam unser Auskommen sichern. Kurz: Es hätte alles ganz anders kommen können. Es gibt keinen Automatismus, der zur Raumfahrt führt. Wir haben einfach Glück gehabt. Das ist alles.

Viele Grüße!
 

Toni

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Oh, oh, Mahananda,

ich sehe das ganze nicht so pessimistisch. ;) Und von Glück zu reden, das Raumfahrtzeitalter über den Weg erreicht zu haben, auf dem wir es erreicht haben, würde ich sogar verneinen. Wir hätten das Raumfahrtzeitalter auch über friedlichem Wege erreichen können, aber gerade die großen Kriege der europäischen Monarchien (1. WK) und der faschistischen Diktaturen (2. WK) haben die Raketentechnologie für sich vereinnahmt und maßgeblich vorangetrieben, danach bekanntermaßen auch noch der Kalte Krieg. - Also sind wir nicht gerade über den Faktor "Glück", sondern eher über den Faktor "Unglück" zur Raumfahrt gekommen - und das ist genau so traurig wie viele andere technologische Entwicklungen in der Menschheitsgeschichte, die durch kriegerische Despoten für ihre Ziele missbraucht, aber auch vorangetrieben wurden. :(

Bei Totalverlust der griechischen Manuskripte (...)
Der wäre, denke ich mal, so wie in Alexandria nicht möglich gewesen. Das Wissen der alten Griechen verteilte sich auf so viele verschiedene Städte im gesamten Mittelmeerraum (Athen, Korinth, Delphi, Tessalonike, Rhodos, Ephesos, Miletos, Pergamon, Cyrene, Syracus, Massilia usw.), dass immer genügend übrig geblieben wäre, um verloren gegangene Bibliotheken-Bestände wieder zu ersetzen.

Die Araber hätten nichts konservieren und übermitteln können.
Wie kommst Du denn darauf?? Denk mal an die berühmten Universitäten von Damaskus, Bagdad, Kairo oder im maurischen Spanien mit Toledo, Salamanca, Granada! Dort wurde Wissen nicht nur Wissen übermittelt, sondern auch in Bibliotheken (die zwar den Koran zu verbreiten hatten) aufbewahrt! Wären die Moslems rein auf die kriegerische Ausbreitung des Machtbereiches aus gewesen wie im 12. Jh. die Mongolen, dann wäre über Europa wahrscheinlich eine noch viel länger anhaltende Finsternis hereingebrochen. So aber befruchtete die Islamisierung der Hälfte Spaniens die wissenschaftliche Entwicklung in Europa.

Wäre Konstantinopel 1453 nicht von den Osmanen erobert worden, hätte der Indienhandel länger prosperieren können.
Auch hier muss ich Dir widersprechen. :eek: Der endgültige Fall Konstantinopels war nur noch eine Frage der Zeit. Das Byzantinische Reich schrumpfte in den Jahrhunderten vorher schon Stück für Stück und hatte sich sowieso vom restlichen römisch-katholischen Europa fern- und aus dessen Interessen herausgehalten, was die mangelhafte bis völlig ausgebliebene Unterstützung während der Kreuzzüge zum Ausdruck bringt. An eine Unterstützung Konstantinopels durch den Rest Europas während der osmanischen Eroberungen war somit nicht zu denken. Außerdem stellte das reiche Konstantinopel schon immer eine lukrative Beute für fremde Mächte dar, was die Belagerung und Plünderung durch Waräger und Wikinger im 10. Jh. zeigt.

Von daher musste man in Europa schon einige Jahrhunderte vorher damit rechnen (und man tat es auch), dass der Indienhandel eines Tages nicht mehr funktionieren würde. Nicht erst die Wieder-Entdeckung der Neuen Welt führte zum wissenschaftlich-technischen Aufschwung in Europa, nein, diese Wieder-Entdeckung war das Resultat daraus und mehr oder weniger überfällig!

Die Notwendigkeit, Seewege zu erkunden, wäre wegen der damit verbundenen hohen Kosten gar nicht erst aufgekommen. Die Entdeckung Amerikas wäre erst sehr viel später erfolgt.
Nein. Eine Versperrung der Handelswege nach Indien deutete sich, wie ich eben schrieb, bereits einige Jahrhunderte vorher an und die Entdeckungen der Spanier und Portugiesen waren ohnehin logische Folgerungen aus den wissenschaftlich-kulturellen Entwicklungen in Europa. Zufälle kann ich gerade in dieser geschichtlichen Epoche überhaupt keine finden!

England hat sich erst später in Konkurrenz zu Spanien zur Seemacht entwickelt. Finanziert wurde der Ausbau der Flotte im Wesentlichen aus den Erträgen der Kaperfahrten. Aber: Ohne Ausplünderung der Indianerreiche keine fette Beute für Engländer. Die Folge: Der Kapitalzufluss bleibt aus, und damit der Aufstieg Englands zur Weltmacht.
Das Gold aus den indianischen Reichen war aber auch kein Segen, weder für Spanien noch für England. Diese massive Goldeinfuhr führte zu einer drastischen Abwertung des Goldpreises und zu schweren inflationären Zuständen, von denen sich Spanien nie wieder richtig erholte.

Hätten die chinesischen Ming-Kaiser um 1430 die Eroberung Europas nicht abgeblasen, wären wir möglicherweise in chinesische Oberhoheit gelangt.
Das ist das erste Mal, dass ich davon höre. :eek: Aber viel schlimmer wäre es doch gekommen, wenn die Mongolen im 14. Jh. die Schlacht bei Liegnitz gewonnen und ihren Machtbereich weiter bis nach Mitteleuropa ausgedehnt hätten! Hier aber ist den mongolischen Heerführern der Tod ihres Khan dazwischengekommen, infolgedessen sie weitere Feldzüge nach Europa abbliesen.

Oder ein anderes Ereignis: Die fast gelungene Eroberung Wiens durch die Türken! Wie würde Europa heute aussehen, wenn nicht die Polen den Österreichern in letzter Minute noch zu Hilfe gekommen wären??! - Diese beiden Beispiele sind für mich Zufälle der geschichtlichen Entwicklung.

Die extrem konservativen Ansichten der konfuzianischen Beamtenschicht hätten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zur Industrialisierung geführt – schon wegen der Harmonie zwischen Himmel und Erde.
Das kann man nur schwer abschätzen, aber da gebe ich Dir erst einmal recht. Und selbst wenn es eine Art Industrialisierung gegeben hätte, so wäre diese vermutlich wesentlich "naturschonender" verlaufen.

Was ich damit sagen will, ist, dass Entwicklung nicht stetig verläuft, sondern dass eine Reihe von zufälligen Faktoren die eine oder andere Richtung hervorbringt.
Im großen und ganzen aber doch schon. Die gesellschaftliche Entwicklung der Menschheit ist nicht aufzuhalten, höchsten punktuell verlangsambar. Das heißt, wenn in bestimmten Weltgegenden die Entwicklung stoppt, dann geht sie an anderer Stelle trotzdem weiter. Ansonsten würden wir nämlich noch heute in der Urgesellschaft leben, oder uns zumindest in antiker Sklavenhaltergesellschaft ...

Ebensogut hätten die Griechen den Durchbruch schaffen können und wir hätten seit 2000 Jahren eine Hochtechnologiezivilisation.
Das glaube ich nicht. Dafür waren diese Zeiten viel zu unruhig. Viele große Eroberer zogen vom 4. Jh. v.Chr. bis zum 5.Jh. n.Chr. über den Erdball (Dareius, Alexander, Hanibal, Scipio, Cäsar, Trajan, Hadrian, Attila - um nur einige zu nennen) und eroberten nicht nur Land und Leute, sondern raubten auch wissenschaftlich-technische Erfindungen und erschwerten in den eroberten, technologisch höher stehenden Gebieten weitere Fortschritte.
Außerdem waren die Griechen für meine Begriffe viel zu sehr zersplittert, als dass sie hätten eine technische Revolution auslösen können. Den Griechen war es aufgrund ihrer geographischen Gegebenheiten lediglich möglich, als Vordenker zu fungieren.

Die Zivilisation stets voranbringende Grüße von
Toni
 

Mahananda

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Hallo Toni,

ich sehe das ganze nicht so pessimistisch. ;) Und von Glück zu reden, das Raumfahrtzeitalter über den Weg erreicht zu haben, auf dem wir es erreicht haben, würde ich sogar verneinen. Wir hätten das Raumfahrtzeitalter auch über friedlichem Wege erreichen können, aber gerade die großen Kriege der europäischen Monarchien (1. WK) und der faschistischen Diktaturen (2. WK) haben die Raketentechnologie für sich vereinnahmt und maßgeblich vorangetrieben, danach bekanntermaßen auch noch der Kalte Krieg. - Also sind wir nicht gerade über den Faktor "Glück", sondern eher über den Faktor "Unglück" zur Raumfahrt gekommen - und das ist genau so traurig wie viele andere technologische Entwicklungen in der Menschheitsgeschichte, die durch kriegerische Despoten für ihre Ziele missbraucht, aber auch vorangetrieben wurden.

Mit Glück meinte ich nicht die Umstände, die dazu geführt haben, sondern den Umstand, dass es überhaupt dazu gekommen ist.

Der wäre, denke ich mal, so wie in Alexandria nicht möglich gewesen. Das Wissen der alten Griechen verteilte sich auf so viele verschiedene Städte im gesamten Mittelmeerraum (Athen, Korinth, Delphi, Tessalonike, Rhodos, Ephesos, Miletos, Pergamon, Cyrene, Syracus, Massilia usw.), dass immer genügend übrig geblieben wäre, um verloren gegangene Bibliotheken-Bestände wieder zu ersetzen.

Wenn die christlichen Missionare gründlicher „gearbeitet“ hätten, wären sämtliche Bibliotheken nach der Einführung des Christentums als alleinige Staatsreligion im Römischen Reich abgebrannt worden. Stattdessen … besteht die Platonische Akademie bis 529 – inkonsequent … na ja, dafür profitieren wir heute davon. Ist auch gut so …

Wie kommst Du denn darauf??

Weil – unter der Annahme, dass alles vernichtet worden wäre – nichts zum Konservieren und Übermitteln da gewesen wäre.

Wären die Moslems rein auf die kriegerische Ausbreitung des Machtbereiches aus gewesen wie im 12. Jh. die Mongolen, dann wäre über Europa wahrscheinlich eine noch viel länger anhaltende Finsternis hereingebrochen.

Eben.

Auch hier muss ich Dir widersprechen. :eek: Der endgültige Fall Konstantinopels war nur noch eine Frage der Zeit. Das Byzantinische Reich schrumpfte in den Jahrhunderten vorher schon Stück für Stück und hatte sich sowieso vom restlichen römisch-katholischen Europa fern- und aus dessen Interessen herausgehalten, was die mangelhafte bis völlig ausgebliebene Unterstützung während der Kreuzzüge zum Ausdruck bringt. An eine Unterstützung Konstantinopels durch den Rest Europas während der osmanischen Eroberungen war somit nicht zu denken. Außerdem stellte das reiche Konstantinopel schon immer eine lukrative Beute für fremde Mächte dar, was die Belagerung und Plünderung durch Waräger und Wikinger im 10. Jh. zeigt.

Du vergisst den Kreuzzug von 1204. In der Folge war Byzanz eine Marionette in den Händen der konkurrierenden Mächte Venedig und Genua, die in der Folge den Handel nach Indien und China kontrollierten. Die Osmanen kamen im 15. Jahrhundert dann ziemlich überraschend und stellten Rest-Europa vor vollendete Tatsachen, insbesondere hohe Zölle.

Von daher musste man in Europa schon einige Jahrhunderte vorher damit rechnen (und man tat es auch), dass der Indienhandel eines Tages nicht mehr funktionieren würde. Nicht erst die Wieder-Entdeckung der Neuen Welt führte zum wissenschaftlich-technischen Aufschwung in Europa, nein, diese Wieder-Entdeckung war das Resultat daraus und mehr oder weniger überfällig!

Nein, überfällig war da nichts. Erst nachdem die Waren aus Asien durch die Zölle erheblich teurer wurden, begann man nach Alternativen zu suchen, um direkt nach Asien zu kommen. Wenn Heinrich der Seefahrer im König von Portugal keinen Förderer gehabt hätte, wäre die Seefahrerschule in Sagres nicht gegründet worden, und der Weg um Afrika herum – dauerte auch so schon ein Menschenalter! – bliebe ein Wunschtraum.

Zufälle kann ich gerade in dieser geschichtlichen Epoche überhaupt keine finden!

Doch. Die mageren Erfolge der portugiesischen Unternehmungen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts hätten den König dazu veranlassen können, das ganze Unternehmen wegen der zu hohen Kosten abzublasen. Weiterhin: Kolumbus hätte genausogut auch beim König von Spanien abblitzen können. Oder der Feldzug gegen die Mauren hätte mit einem Fiasko für die Spanier geendet. Dann wäre Kolumbus nie losgesegelt.

Das Gold aus den indianischen Reichen war aber auch kein Segen, weder für Spanien noch für England. Diese massive Goldeinfuhr führte zu einer drastischen Abwertung des Goldpreises und zu schweren inflationären Zuständen, von denen sich Spanien nie wieder richtig erholte.

Dafür konnte England aber seine Flotte so stark aufrüsten, dass die spanische Armada besiegt wurde.

Oder ein anderes Ereignis: Die fast gelungene Eroberung Wiens durch die Türken! Wie würde Europa heute aussehen, wenn nicht die Polen den Österreichern in letzter Minute noch zu Hilfe gekommen wären??!

Wenn die Türken weiter vorgedrungen wären, wäre die Industrialisierung auf England und später Amerika beschränkt geblieben. Das europäische Festland wäre rückständig geblieben wie heute der Balkan.

Ansonsten würden wir nämlich noch heute in der Urgesellschaft leben, oder uns zumindest in antiker Sklavenhaltergesellschaft ...

… oder im guten alten Feudalsystem, das sich – neben der Despotie – in allen Weltgegenden als vorindustrielle Gesellschaftsform bestens bewährt hat. Ohne die oben aufgeführten Zufälle, die zur Industriekultur geführt haben, gäbe es hier immer noch das Fürstentum Anhalt Dessau oder das Kurfürstentum Sachsen oder eben ein mongolisches Khanat …

Außerdem waren die Griechen für meine Begriffe viel zu sehr zersplittert, als dass sie hätten eine technische Revolution auslösen können. Den Griechen war es aufgrund ihrer geographischen Gegebenheiten lediglich möglich, als Vordenker zu fungieren.

In der Zeit des Hellenismus hätte es vielleicht klappen können – möglicherweise nicht in Griechenland selber, sondern eher in Ägypten (Reich der Ptolemäer) oder Kleinasien. Aber allgemein ging die geistige Entwicklung weg von wirklichkeitsnaher Philosophie hin zu Mystizismus (Neuplatonismus), der mit Naturforschung nichts mehr zu tun haben wollte. Wenn sich solche Leute wie Archimedes jedoch stärker hätten durchsetzen können, wer weiß …

Viele Grüße!
 

ispom

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Hallo Ihr registrierten Mitglieder :)

ich kann in der nächsten Zeit leider nicht mehr so oft hier mitreden,
muß mich an der augenblicklichen Konjunktur beteiligen :D

zum Thema soviel:
Ob nun die historischen Bezüge "was wäre wenn.."
auf die Entwicklung von ETI übertragbar sind oder nicht,
es sollte eine unglaubliche Vielfalt von Intelligenzen in unserem Universum geben, eine schöner als die andere :rolleyes:

damit will ich sagen (ist hier auch schon angeklungen) :
gewisse Aliens werden zweifeln, ob wir als intelligent einzustufen sind,
so wie wir zweifeln, ob man staatenbildenen Insekten eine Intelligenz zusprechen kann.
Aber so, wie die Termiten es nicht verstehen,
daß wir die Fähigkeit Computer zu bauen oder ein Orchester zu dirigieren,
als Kriterium für Intelligenz nehmen,
gibt es sicher Sachverhalte, die außerhalb unseres Vorstellungsvermögens angesiedelt sind,
und die höher entwickelte Wesen als entscheidend ansehen.

Grußvon Ispom
 
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