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GRACE-FO
Neue Schwerefeld-Satelliten sind im All
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrum
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23. Mai 2018

Rund ein halbes Jahr nach Ende der Schwerefeldmission GRACE sind nun zwei neue Satelliten zur Messung des Schwerefelds der Erde in eine Umlaufbahn gestartet. Die Satellitenmission GRACE-FO setzt die Messungen von GRACE nicht nur fort, sondern misst auch noch deutlich genauer. Die Daten liefern wichtige Informationen zu Veränderungen des Wasserhaushalts der Erde und zum Verlust von Eismassen.

GRACE-FO

Künstlerische Darstellung des Satellitentandems GRACE-FO. Bild: Airbus [Großansicht]

Die deutsch-amerikanische Satellitenmission GRACE-FO (Gravity Recovery And Climate Experiment Follow On) ist erfolgreich gestartet. Am 22. Mai um 21.47 Uhr MESZ hoben die beiden Satelliten an Bord einer Falcon-9-Rakete von SpaceX von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien ab und wurden in eine polare Umlaufbahn gebracht. Dort nehmen sie, gesteuert aus Oberpfaffenhofen, im Verlauf der kommenden Monate ihre endgültige Position ein.

Die US-Raumfahrtagentur NASA meldete rund 30 Minuten später, dass der Kontakt zu beiden Satelliten in ihrem Zielorbit erfolgreich hergestellt wurde. Die Mission GRACE Follow-On wird das Erdschwerefeld und dessen räumliche und zeitliche Variationen sehr genau vermessen. Sie ermöglicht damit präzise Aussagen zum globalen Wandel, insbesondere zu Änderungen im Wasserhaushalt wie Verlust von Eismassen, Meeresströmungen und Veränderungen des Grundwassers.

"Wir freuen uns sehr, dass mit GRACE Follow-On die überaus erfolgreichen Messungen der Vorgängermission GRACE, die von 2002 bis 2017 aktiv war, fortgesetzt werden. Dies erlaubt es, nicht nur aktuelle Änderungen im System Erde zu erfassen, sondern auch langfristige Trends zu identifizieren, die mitunter erst über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte zutage treten", sagt Prof. Reinhard Hüttl, Wissenschaftlicher Vorstand des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, das die deutschen Beiträge zu der Mission leitet.

GRACE Follow-On ist, wie auch schon die Vorgängermission GRACE, eine gemeinsame Mission von GFZ und der US-Raumfahrtbehörde NASA. Das GFZ ist  führend an der Erhebung und Auswertung der Daten beteiligt. Mehr als 5000 Nutzer weltweit warten gespannt auf die neuen Resultate. Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) Hannover ist maßgeblich an der Entwicklung eines neuen Laserverfahrens beteiligt, das die Messgenauigkeit von GRACE Follow-On nochmals deutlich steigern wird und auch bei künftigen Raumfahrtmissionen wie dem satellitengestützten Gravitationswellenobservatorium LISA eingesetzt werden soll.

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"Die Mission GRACE Follow-On wird durch die Langzeitmessung der Veränderungen im Schwerefeld der Erde wesentliche Beiträge zum Verständnis des Klimawandels auf unserer Erde, seiner Ursachen und des Einflusses des Menschen auf das Klima liefern. Diese Mission zeigt eindrücklich, wie Forschung in Deutschland zum Erfolg großer, internationaler Projekte beiträgt", so Bundesforschungsministerin Anja Karliczek.

"Für die Helmholtz-Gemeinschaft ist der erfolgreiche Start der Mission GRACE Follow-On ein wichtiger Meilenstein. Die Geowissenschaften werden damit wertvolle Erkenntnisse gewinnen, um den globalen Wandel und dessen Auswirkungen auf die Menschheit besser zu verstehen", sagt Prof. Otmar D. Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft. "GRACE Follow-On ist ein Paradebeispiel für den systemischen Ansatz unserer Forschung: Die Mission wird möglich durch große Infrastrukturen, die von vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen sowohl national als auch international genutzt und langfristig betrieben werden. So leisten wir Beiträge zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen."

Im konkreten Fall hat Deutschland Mittel in Höhe von 77,7 Millionen Euro zu der Mission beigetragen. Der Anteil des GFZ darin umfasst rund 20 Millionen Euro. Die Beiträge der NASA belaufen sich auf rund 360 Millionen Euro.

Grundlage der Forschungen dieser Mission ist der Umstand, dass die Massenverteilung im Erdkörper und auf der Oberfläche unseres Planeten nicht überall gleich ist. Im Erdinneren bewegen sich glutflüssige Gesteinsmassen, Wassermassen fließen in den Ozeanen und auf den Kontinenten, und auch die Luftmassen sind in stetiger Bewegung. Da die Anziehungskraft eines Körpers von seiner Masse abhängt, hat die ungleiche Massenverteilung unseres Planeten ein ungleichförmiges Feld der Gravitation zur Folge.

 Die in einem Abstand von rund 220 Kilometer hintereinander fliegenden Satelliten der Mission GRACE-FO werden daher, zeitlich etwas versetzt, mal stärker und mal schwächer angezogen – je nachdem, wie viel Masse sich unter ihnen befindet. Dies führt zu einer kleinen Änderung des Satellitenabstandes, der dank eines präzisen Mikrowellenverfahrens bis auf einige Tausendstel Millimeter genau bestimmt wird. Zum Vergleich: Bezogen auf die Strecke Potsdam – Hannover kann eine Längenänderung erfasst werden, die dem Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht. Als Ergebnis können damit auch geringe Massenunterschiede im System Erde erfasst werden.

Da die beiden Satelliten kontinuierlich die Erde umkreisen, können sowohl örtliche als auch zeitliche Änderungen des Schwerefeldes dokumentiert werden. "Primäres Missionsziel ist die Erstellung globaler monatlicher Schwerefeldkarten. Mithilfe dieser Daten können verschiedene Veränderungen im System Erde rekonstruiert werden", erläutert Prof. Frank Flechtner, leitender Wissenschaftler der Mission vom GFZ. So habe die Vorgängermission GRACE gezeigt, dass der Eismassenverlust in Grönland zwischen 2002 und 2016 rund 270 Milliarden Tonnen pro Jahr betrug. "GRACE-FO wird die Entwicklung in Grönland, aber auch in der Antarktis und anderen Eisregionen, weiterhin verfolgen und aktuelle Daten liefern."

Überdies kann die Mission Veränderungen der Grundwasserstände in großen Becken erfassen – ohne, dass Messungen vor Ort erforderlich sind. Dazu gehören sowohl Verluste, wie sie jüngst in Kalifornien oder im Nahen Osten beobachtet wurden, als auch zunehmende Wassermassen im Untergrund. Dieser Fall ist für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso spannend, denn ein gut gefüllter Grundwasserleiter hat zur Folge, dass nach ergiebigen Regenfällen weniger Wasser versickert und damit die Überflutungsgefahr steigt. GRACE-FO soll helfen, diese Bedrohung frühzeitig zu erkennen.

Die Messdaten sind auch für den marinen Bereich wichtig. Dort dienen sie etwa dazu, den Meeresspiegelanstieg zu erforschen. Anhand von Schwerefelddaten lässt sich ermitteln, wie groß der Anteil von zusätzlichem Wasser – beispielsweise von schmelzenden Gletschern – an den steigenden Pegeln ist und welcher Anteil auf die wärmebedingte Ausdehnung des vorhandenen Meerwassers zurückzuführen ist. Weiterhin werden die Daten von GRACE-FO herangezogen, um Ozeanströmungen zu erforschen.

Ein weiteres Ziel ist die Messung von Zustandsparametern der Atmosphäre mit Hilfe der sogenannten GPS-Radiookkultation. Die Methode basiert auf dem Umstand, dass die von GRACE-FO empfangenen Funksignale hinter der Erde verschwindender GPS-Satelliten infolge temperatur- und feuchtebedingter Dichteänderungen der Atmosphäre unterschiedlich stark gebrochen werden. Diese Änderungen lassen sich aus den GPS-Signalen, die an Bord der Satelliten aufgezeichnet werden, rekonstruieren. Die Atmosphärenmessungen von GRACE-FO werden vom GFZ mit einer Verzögerung von ca. zwei Stunden an verschiedene internationale Wetterzentren geliefert, um deren tägliche Vorhersagen zu verbessern.

Darüber hinaus tragen die Satelliten als Technologiedemonstrator ein neues laserbasiertes System zur Entfernungsmessung (Laser Ranging Interferometer LRI), das am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut Hannover) zusammen mit dem NASA Jet Propulsion Laboratory entwickelt wurde. Dieses kann die Distanz zwischen den zwei Raumfahrzeugen noch genauer bestimmen als bisher: bis auf 80 Nanometer, was etwa dem Durchmesser eines Virus entspricht. Eine deutlich verbesserte Abstandsmessung zwischen den beiden Satelliten bedeutet, dass auch die erhobenen Schwerfelddaten nochmals genauer sind.

"GRACE Follow-On wird an den Erfolg von GRACE anknüpfen: in wissenschaftlicher Hinsicht, wo wir uns eine Vielzahl neuer Erkenntnisse zu klimabedingten Veränderungen auf der Erde erwarten, aber auch in Bezug auf die enge Kooperation zwischen Deutschland und den USA, die sich bereits in der Vorbereitung als sehr gewinnbringend erwiesen hat", sagt Prof. Michael Watkins, Wissenschaftlicher Leiter der Mission und Direktor des Jet Propulsion Laboratory.

Die beiden Satelliten wurden - wie die beiden Vorgängersatelliten - im Auftrag des JPL von Airbus in Friedrichshafen gebaut. Der Start erfolgte als "Rideshare" gemeinsam mit fünf kommerziellen Kommunikationssatelliten des US-Unternehmens Iridium Communications Inc. Der Missionsbetrieb erfolgt durch das Raumfahrtkontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt im Auftrag des GFZ.

Nach dem erfolgreichen Start werden die Raumfahrzeuge zunächst im Orbit schrittweise in Betrieb genommen und für den dauerhaften Einsatz vorbereitet. Für den Sommer rechnen die beteiligten Forscherinnen und Forscher mit den ersten wissenschaftlichen Daten. Die Mission ist geplant für eine Dauer von zunächst fünf Jahren, eine Verlängerung ist möglich.

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