Nanosatelliten machen gemeinsame Sache
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
2. Februar 2018
Nanosatelliten, also Kleinstsatelliten, die sich oft günstig
zusammen mit größeren Nutzlasten ins All transportieren lassen, werden immer
populärer und könnten auch Aufgaben übernehmen, die heute noch größeren
Satelliten vorbehalten sind - insbesondere, wenn sie zusammenarbeiten. Mit S-NET
wird ein solches Netzwerk von Nanosatelliten jetzt im All erprobt.
Die Mission S-NET besteht aus vier
Kleinstsatelliten und soll neue Technologien für
Satellitenkonstellationen im Weltall testen und
deren Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen.
Bild: TU Berlin [Großansicht] |
Netzwerke aus autonomen Satelliten, die miteinander kommunizieren können: so
soll die Zukunft der Raumfahrt aussehen und in wichtigen Bereichen wie der
Kommunikation, der Erdbeobachtung und der Erkundung ferner Planeten zum Einsatz
kommen. Mit der Mission "S-NET"soll nun ein weltweit einmalgier Flugverband aus
vier Kleinstsatelliten neue Technologien hierfür im Weltall testen und deren
Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen.
Am 1. Februar 2018 um 3.07 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) ist eine
russische Sojus-2-1a Fregat-M-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof
Wostotschny gestartet und hat das Quartett auf seine Umlaufbahn im niedrigen
Erdorbit gebracht. Die Technologiemission der TU Berlin wird vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert. Bereits um 5.37 Uhr MEZ hatten
die vier Nanosatelliten ihren Zielorbit in einer Höhe von rund 580 Kilometern
erreicht. Dort wurden sie im Abstand von genau zehn Sekunden ausgesetzt.
Die hohe Präzision beim Auswurf war essentiell für das Gelingen der Mission,
da die S-NET-Satelliten über keinen eigenen Antrieb verfügen und sich allein
durch natürliche Drift langsam und gleichmäßig voneinander entfernen. Der erste
Kontakt zur Bodenstation auf dem Dach der TU Berlin fand um 9.35 Uhr statt. Die
Satelliten mit einer Kantenlänge von rund 24 Zentimetern und einem Gewicht von
jeweils acht Kilogramm werden nun etwa ein Jahr lang im Weltraum aktiv sein
"Die Wissenschaftler wollen mit der Mission vor allem das Langzeitverhalten
der Kommunikationsnutzlast im Orbit erforschen und Erkenntnisse über das
Verhalten eines Kommunikationsnetzes im Weltraum sammeln", erklärt Dr. Siegfried
Voigt, DLR-Projektleiter für S-NET. "Dies ist gerade vor dem Hintergrund der
Diskussion um Konstellationen im Rahmen der New Space Economy mit mehreren
hundert Satelliten für die globale Internetversorgung von großer Bedeutung."
Zudem soll mit dem Experiment überprüft werden, wie lange die Satelliten trotz
der zunehmenden Entfernung den Kontakt zueinander halten können.
Doch wo liegen die Vorteile solcher Satellitenkonstellationen? Ein
Weltraumnetzwerk aus Nanosatelliten kann durch den gezielten Austausch von
Informationen untereinander eine höhere örtliche und zeitliche Abdeckung der
Erdoberfläche erzielen als größere Einzelsatelliten. Zusätzlich kann der
eventuelle Ausfall eines einzelnen Satelliten innerhalb eines autonomen
Netzwerks besser kompensiert werden.
Auch ist es möglich, Daten und Signale sehr viel schneller an die
Empfangsstationen auf der Erde zu übermitteln: In der bisher üblichen
Satellitenkommunikation im niedrigen Erdorbit werden anfallende Rohdaten bei
einem Überflug über Bodenstationen mit einer Verzögerung von mehreren Stunden
zur Erde gesendet, prozessiert, archiviert und verteilt. Die Auslieferung von
Datenprodukten dauert meist ein bis mehrere Tage. Durch die neuen
Satellitenkonstellationen wird dies in ein bis zwei Stunden möglich sein. Gerade
bei der Vorhersage von Naturkatastrophen und bei der Notfallhilfe wäre ein
Zeitgewinn durch Sofortverarbeitung im Orbit und die Kommunikation von Satellit
zu Satellit bis zur nächsten Bodenstation ein großer Gewinn.
Für die Kommunikation untereinander und den Datenaustausch mit der
Bodenstation wurden die vier Satelliten mit je einem neu entwickelten
netzwerkfähigen Funkgerät, genannt S-Link, ausgestattet. Das Gerät verwendet
S-Band Frequenzen und moderne Übertragungsverfahren, um eine hohe Datenrate bei
möglichst geringem Energieverbrauch zu erzielen: es erreicht Datenraten von
circa 6000 Kilobits pro Minute bei Entfernungen bis maximal 400 Kilometern. Das
entspricht etwa der Übertragung einer Datenmenge von drei bedruckten DIN A4
Seiten in jeder Sekunde und ist für Nanosatelliten bislang unerreicht.
Die Lageregelung für Satelliten wurde an der TU Berlin entwickelt. Die
Technik für die Intersatelliten-Kommunikation entstand in einem vorangegangenen
Kooperationsprojekt zwischen der IQ wireless GmbH aus Berlin und der TU Berlin.
Die Auswurfcontainer für das zeitgenaue Aussetzen der Satelliten wurden vom
Unternehmen Astro- und Feinwerktechnik Adlershof in Berlin entwickelt und
gebaut.
Beteiligt ist auch das Deutsche Zentrum für Satellitenkommunikation e.V. (DeSK),
das eine Bodenstationsantenne aufgebaut hat, um auch dort Telemetriedaten
empfangen zu können und damit den Besuchern des dort ansässigen Showrooms einen
"Live-Betrieb" von Satelliten zu zeigen. Die Firma ECM Space Technologies GmbH
aus Berlin hat als Startanbieter für die Mission fungiert. S-NET wird vom DLR
Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie (BMWi) gefördert.
|