Ein stellarer Jet in einer anderen Galaxie
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Tübingen astronews.com
25. Januar 2018
Astronomen ist es erstmals gelungen, einen enggebündelten
Partikelstrahl, einen sogenannten Jet, von einem massereichen jungen Stern in
einer anderen Galaxie zu beobachten. Die Entdeckung in der Großen Magellanschen
Wolke deutet darauf hin, dass alle Sterntypen unabhängig von ihrer Masse in
ihrer Entstehungsphase die gleichen Prozesse durchlaufen - und dies sogar in
anderen Galaxien.
Aufnahme der Sternentstehungsregion (links)
innerhalb der Großen Magellanschen Wolke sowie
des beobachteten Jets (rechts). Der weiße
Doppelpfeil verdeutlicht die Ausrichtung und
Länge des Jets, die kleinen weißen Pfeile zeigen
auf die vom Jet verursachte Bugwelle im
umgebenden Gas der Sternentstehungsregion. Die
Aufnahme rechts unten zeigt in Rot und Blau die
gemessene Frequenz-Verschiebung der
Linien-strahlung des ionisierten Wasserstoffs
aufgrund der hohen Jetgeschwindigkeit und des
Doppler-Effekts.
Bild: A. F. McLeod [Großansicht] |
Ständig entwickeln sich neue Sterne, nicht nur in unserer Galaxie, der
Milchstraße, sondern auch in anderen, weit entfernten Galaxien. Vereinfacht
gesagt entstehen sie in der Mitte einer rotierenden Scheibe, die Materie ins
Zentrum transportiert. Typischerweise entstehen dabei Jets, die Materie aus der
Scheibe mit Überschallgeschwindigkeit mit sich reißen. Bisher wissen Astronomen
jedoch deutlich weniger darüber, wie die Geburt bei Sternen abläuft, die mehr
als zehnmal so massereich sind wie unsere Sonne. Denn sie sind bei ihrer
Entstehung meist tief in ihrer Geburtswolke verborgen und daher mit optischen
Teleskopen nicht sichtbar. Nur wenn ein solcher Jet kräftig genug ist, die
Geburtswolke zu durchstoßen, können Astronomen ihn beobachten.
Nun ist es einem internationalen Forscherteam unter Beteiligung von Dr. Rolf
Kuiper vom Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen
erstmals gelungen, einen solchen Jet außerhalb unserer Milchstraße in der Großen
Magellanschen Wolke zu beobachten. An der Studie waren auch die neuseeländische
University of Canterbury, die US-amerikanische University of Michigan
und das britische Royal Observatory Edinburgh beteiligt.
Die direkte Beobachtung eines Jets um einen massereichen jungen Stern im
optischen Spektralbereich nehmen Astronomen allgemein als nahezu unmöglich an.
"Solche Objekte können nur in Regionen hoher Masse geboren werden. Sie sind in
ihre Wolke eingebettet, durch die man kaum hindurchsehen kann", erklärt Kuiper,
der die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe zur Entstehung massereicher Sterne leitet.
In ihrer Studie nutzten die Astronomen Daten, die mit dem MUSE-Instrument am
Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO in Chile
gewonnen wurden.
Und dabei hatte das Team Glück: Es entdeckte einen Jet mit einer Länge von
rund 36 Lichtjahren. "Das ist einer der größten Jets dieser Art, die jemals
beobachtet wurden", sagt Anna McLeod von der University of Canterbury
in Christchurch in Neuseeland. Darüber hinaus erlaubte die hohe spektrale
Auflösung des MUSE-Instruments eine genaue Messung der Geschwindigkeit und
Ausrichtung des Jets. "Der Stern, der diesen Jet ausstrahlt, muss ungefähr die
zwölffache Sonnenmasse haben. Dies ist der erste Nachweis eines solchen Jets von
einem jungen Stern aus einer anderen Galaxie", freut sich McLeod.
Die in der Großen Magellanschen Wolke herrschenden Bedingungen begünstigten
die Erstbeobachtung. "Dort sind weniger schwere chemische Elemente vorhanden als
in unserer Milchstraße, dadurch war die Umgebung des jungen Sterns weniger
undurchsichtig", erklärt McLeod. Außerdem habe ein älterer massereicher Stern in
der Nähe die Geburtswolke mit seiner Strahlung im extremen ultravioletten
Bereich weggeblasen, ergänzt Kuiper. "Dadurch wurde der Jet sichtbar."
Kuiper sieht sich durch die neue Beobachtung in seiner Forschungsarbeit
grundsätzlich bestätigt: "Die Beobachtung zeigt, dass alle Sterntypen unabhängig
von ihrer Masse in ihrer Entstehungsphase die gleichen Prozesse durchlaufen."
Und das gelte sogar außerhalb unserer Galaxie, wo die Bedingungen und die
verfügbare Materie anders aussehen können als in der Milchstraße.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in Nature erschienen ist.
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