Detaillierter Blick ins Hubble Ultra Deep Field
Redaktion
/ Pressemitteilung Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
30. November 2017
Die Deep-Field-Aufnahmen, die vom Weltraumteleskop
Hubble erstellt wurden, gelten als bahnbrechender Blick in die Anfangszeit
des Universums. Jetzt haben Astronomen mit dem Instrument MUSE am Very Large
Telescope die Region des Hubble Ultra Deep Field ins Visier
genommen und Eigenschaften von 1600 Galaxien bestimmt. 72 Systeme hatte selbst
Hubble übersehen.
Das Hubble Ultra Deep Field wie es das
Instrument MUSE am Very Large Telescope sieht.
Bild: ESO / MUSE HUDF Collaboration [Großansicht] |
Astronominnen und Astronomen haben mit dem MUSE-Instrument am Very Large
Telescope der ESO in Chile das Hubble Ultra Deep Field in den
Blick genommen und die Entfernungen sowie Eigenschaften von 1600 sehr
lichtschwachen Galaxien gemessen – darunter von 72 nie zuvor beobachteten
Systemen. "Die MUSE-Daten haben zum ersten Mal eine systematische Untersuchung
der Bewegung von Sternen in Galaxien im frühen Universum ermöglicht", erklärt
Davor Krajnović vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), einer der
beteiligten Wissenschaftler. "Unsere Resultate zeigen, dass reguläre
Sternbewegungen, die für die Sternentstehungsgalaxien im heutigen Universum
typisch sind, bereits vor etwa sechs Milliarden Jahren etabliert waren."
Das MUSE-Team beobachtete das Hubble Ultra Deep Field (HUDF), eine
sehr gut erforschte Himmelsregion im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (Fornax).
Die Forscherinnen und Forscher sammelten präzise spektroskopische Informationen
von 1600 Galaxien. Das sind zehnmal so viele Galaxien wie in den vergangenen
zehn Jahren mit bodengebundenen Teleskopen in diesem Feld untersucht wurden.
Die originalen HUDF-Bilder, die mit dem Hubble-Weltraumteleskop
aufgenommen wurden, waren zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung im Jahr 2004
bahnbrechend in dem Bereich der tiefen Himmelsaufnahmen. Trotz der Tiefe der
Hubble-Beobachtungen hat MUSE nun – abgesehen von vielen weiteren
Ergebnissen – 72 Galaxien zu Tage gefördert, die nie zuvor in diesem kleinen
Bereich des Himmels beobachtet wurden. Die MUSE-Daten liefern einen neuen Blick
auf dunkle, sehr weit entfernte Galaxien, die wir zu einem Zeitpunkt sehen, als
das Universum vor gut 13 Milliarden Jahren gerade erst entstanden war.
Das Instrument hat in dem bereits gut untersuchten Gebiet Galaxien entdeckt,
die 100 Mal lichtschwächer sind als jene in früheren Untersuchungen, was unser
Verständnis über Galaxien jeden Alters verbessern wird. "Mit MUSE haben wir
viele sehr lichtschwache und kleine Galaxien entdeckt – sogar mehr, als wir
erwartet hatten", sagt Lutz Wisotzki, Projektwissenschaftler für MUSE am AIP.
"Die kombinierte ultraviolette Strahlung von diesen leuchtschwachen Galaxien hat
das Universum, wie wir es kennen, entscheidend geprägt."
Bei den 72 neu entdeckten Galaxien handelt es sich um sogenannte
Lyman-alpha-Emitter, die nur im Lyman-alpha-Licht, der hellsten
Linie von Wasserstoffgas, leuchten. Diese Objekte konnten nur entdeckt werden,
weil MUSE das Licht nach Farben bzw. Wellenlängen auflöst. Auf tiefen
Direktaufnahmen wie von Hubble bleiben sie jedoch unsichtbar. Ein
weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchungen war der systematische Nachweis
von leuchtenden Wasserstoffhalos um Galaxien im frühen Universum, was Astronomen
eine neue und vielversprechende Möglichkeit bietet, zu untersuchen, wie Materie
in frühe Galaxien hinein- und herausströmt.
Die Daten ermöglichten auch die Erforschung der Rolle lichtschwacher Galaxien
während der kosmischen Reionisation, die nur 380.000 Jahre nach dem Urknall
stattfand, der Galaxienverschmelzungsrate im jungen Universum, von galaktischen
Winden, Sternentstehung sowie die Kartierung der Bewegung von Sternen im frühen
Universum.
MUSE ist ein Integralfeld-Spektrograf, der am Very Large Telescope
der Europäischen Südsternwarte (ESO) im Einsatz ist. MUSE deckt den sichtbaren
bis nahen infraroten Bereich ab und kann gleichzeitig Tausende von Spektren von
ganzen Himmelsregionen aufnehmen sowie aus diesen Daten Bilder rekonstruieren.
MUSE ist eines der erfolgreichsten und gefragtesten Instrumente am VLT.
"Die spektroskopische Durchmusterung war einer der Hauptgründe dafür, MUSE zu
bauen", so Krajnović. "Der Beitrag des AIP war entscheidend, vom Bau des
Instruments über die Entwicklung der Datenreduktions-Software bis hin zur
wissenschaftlichen Auswertung und Publikationen."
Die Beobachtungen und die daraus bislang vorliegenden Erkenntnisse sind in
zehn Fachartikeln veröffentlicht, die in einer Sonderausgabe der Zeitschrift
Astronomy & Astrophysics erschienen sind.
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