Zehn Jahre Radarblick auf die Erde
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
19. Juni 2017
Fünf Jahre sollte er sich im All beweisen und einzigartige Aufnahmen von der
Erde liefern. Nun ist der deutsche Radarsatellit TerraSAR-X schon
doppelt so lange im Einsatz und ein Ende noch auf Jahre nicht in Sicht. Seit dem
Start am 15. Juni 2007 vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur ist die
deutsche Mission TerraSAR-X auf Erfolgskurs und hat bereits über
300.000 Aufnahmen der Erde geliefert.
TanDEM-X und TerraSAR-X fliegen in Formation
im Weltall und erstellen ein hochgenaues globales
Höhenmodell.
Bild: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
"TerraSAR-X steht seit zehn Jahren für herausragende Forschungs- und
Entwicklungsleistungen und Satellitenbetrieb auf höchstem Niveau", unterstreicht
Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR. "Bis heute setzt diese
Satellitenmission Standards in Genauigkeit und Bildauflösung. Dank seiner
weltweit einzigartigen Radartechnologie hat TerraSAR-X eine neue Ära in
der Fernerkundung eröffnet und den Weg für die ebenso erfolgreiche
Nachfolgemission TanDEM-X bereitet. Ich freue mich, dass beide
Satelliten bis heute vollständig funktions- und leistungsfähig sind."
TerraSAR-X und sein 2010 gestarteter Zwilling TanDEM-X
fliegen seit 2010 im engen Formationsflug. Gemeinsam erstellen sie
hochaufgelöste dreidimensionale Bilder der Erdoberfläche. Das spezielle
Missionskonzept von TanDEM-X, mit der bistatischen Radarinterferometrie
im Weltall, ist bis heute ein Alleinstellungsmerkmal und wurde am DLR-Institut
für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme entwickelt.
"Mit der Mission TerraSAR-X und ihrer Nachfolgemission TanDEM-X
haben wir auch industriepolitisch Neuland betreten: TerraSAR-X war das
erste Raumfahrtprojekt, das als eine Public Private Partnership - kurz PPP -
zwischen dem DLR und der Raumfahrtindustrie abgeschlossen wurde, auf Initiative
des Raumfahrtmanagements im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie", ergänzt Dr. Gerd Gruppe, Mitglied des DLR-Vorstandes
für das Raumfahrtmanagement.
303.714 Aufnahmen hat der Satellit bereits geliefert. Die Daten werden über
ein weltweites Netzwerk von Bodenstationen empfangen und von den Experten des
DLR-Earth Observation Center (EOC) verarbeitet und ausgewertet. Bereits die
ersten Analysen dokumentieren unbestreitbare Details des Klimawandels, unter
anderem den Rückzug von Gletschern weltweit. Rund 1.000 Wissenschaftler aus mehr
als 50 Ländern nutzen heute den Datenschatz für ihre Forschungsarbeiten - und
die Nachfrage steigt. Für die Umwelt- und Klimaforschung sind die globalen
Radaraufnahmen von besonderem Wert.
Den langfristigen Zugang sichert das DLR im Deutschen Satellitendatenarchiv
in Oberpfaffenhofen. So hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum bisher mehr
als 1,85 Millionen Kommandos an TerraSAR-X gesendet und mit weiteren
1,4 Millionen Kommandos den ihn umkreisenden Satelliten TanDEM-X
gesteuert.
Eine besondere Herausforderung, ob in der Entwicklung oder im Betrieb, war
und ist der "Doppelhelix-Tanz" der beiden Radarsatelliten. Die engste Formation
zwischen TerraSAR-X und TanDEM-X wurde 120 Meter senkrecht zur
Flugrichtung geflogen - bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 7,6
Kilometern pro Sekunde. Dieser Erfolg beruht dabei nicht zuletzt auf der engen interdisizplinären Zusammenarbeit im DLR. In Oberpfaffenhofen haben knapp 100
Mitarbeiter aus vier DLR-Instituten ihre Kompetenzen verknüpft, so dass sie seit
nunmehr zehn Jahren die gesamte Prozesskette der Mission TerraSAR-X und
TanDEM-X beherrschen.
Die außergewöhnliche Lebensdauer des Satelliten ist dem sorgfältigen Betrieb
und der robusten Bauweise zu verdanken. Erst rund die Hälfte des
Treibstoffvorrats ist verbraucht und der Leistungsstand der Batterien liegt bei
etwa 72 Prozent, so dass die Experten auf weitere fünf Jahre mit TerraSAR-X
hoffen. Auch Zwillingssatellit TanDEM-X zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit.
Bis zum Herbst 2017 sollen daher weitere hochaufgelöste Höhenbilder erstellt
und der globale Datensatz ergänzt werden. Der Fokus liegt auf Gebieten, die
starke Veränderungsprozesse aufweisen und dadurch von besonderem
wissenschaftlichen Interesse sind. Dazu zählen die Küstengebiete der Antarktis,
Grönland und Permafrostgebiete sowie die Amazonas-Regenwaldgebiete.
"Die neuen Aufnahmen dienen zugleich auch zur Demonstration und Vorbereitung
von Tandem-L: Mit Tandem-L haben die Wissenschaftler des DLR
eine neue Satellitenmission konzipiert, die den Wandel der Erde beobachtet -
zehn Jahre lang, im Wochentakt, hochgenau und in 3D. Für Wissenschaft und
Politik wären solche Daten von unschätzbarem Wert", erläutert Prof. Dr. Hansjörg
Dittus, Mitglied des DLR-Vorstandes für Raumfahrtforschung und -technologie.
In Hinblick auf Ausmaß und Auswirkungen von Klimaänderungen etwa könnte
Tandem-L wichtige und bis heute fehlende Informationen bereitstellen - für
verbesserte wissenschaftliche Prognosen und darauf aufbauend
gesellschaftspolitische Handlungsempfehlungen. Das Konzept baut auf den
Erfahrungen und herausragenden Erfolgen der Missionen TerraSAR-X und
TanDEM-X auf. Erhält der Missionsvorschlag "grünes Licht", wird
Tandem-L die Radarfernerkundung 2022 in die nächste Ära der Technologien
und Anwendungen überführen.
Mit der X-Band SAR Linie hat sich Deutschland über Jahrzehnte eine weltweit
anerkannte Expertise und Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Um diese
Führungsrolle auch zukünftig sicherzustellen, wird im DLR-Raumfahrtmanagement an
der Fortführung der X-Band-Linie gearbeitet. Die Zukunft liegt in einer noch
höheren Auflösung bei gleichzeitig größerer Streifenbreite. Hiermit sollen die
wissenschaftlichen, hoheitlichen und kommerziellen Bedarfsträger kontinuierlich
mit Daten versorgt werden.
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