Konzepte gegen Weltraummüll
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA und des DLR astronews.com
19. April 2017
Der Weltraum vermüllt zusehends: Durch Kollisionen und
Explosionen hat sich die Zahl der Trümmerteile im Orbit inzwischen auf rund
750.000 Objekte erhöht, 18.000 größere Teile werden heute aufwendig überwacht.
Auf der 7. Europäischen Konferenz über Weltraumtrümmer geht es daher um Themen
wie Vermeidung und Beseitigung der Überreste der Raumfahrt.
Die künstlerische Darstellung zeigt die rund
750.000 Objekte mit einer Größe von mindestens
einem Zentimeter Durchmesser, die Simulationen
zufolge durchs All fliegen. Rund 18.000 Teile -
vornehmlich größer als zehn Zentimeter - sind
katalogisiert.
Bild: TU Braunschweig [Großansicht] |
Im ESA-Raumflugkontrollzentrum ESOC in Darmstadt findet in dieser Woche die
7. Europäische Konferenz über Weltraumtrümmer statt. Führende
Wissenschaftler, Ingenieure, Manager, Betreiber von Raumfahrtinfrastrukturen,
Industrieunternehmen, Hochschulen und Entscheidungsträger aus allen wichtigen
Raumfahrtnationen erhalten auf diesem in seiner Art einmaligen Forum Gelegenheit
zum Austausch.
Zurzeit umrunden etwa 750.000 Objekte von mehr als einem Zentimeter Größe die
Erde, und zwar mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 40.000 Kilometern
pro Stunde, was bei einem Aufprall auf Weltraumgerät in etwa die Energie einer
Handgranatenexplosion freisetzen würde. Die Konsequenzen für den
Satellitenbetrieb können also erheblich sein. Etwa 18.000 dieser Trümmerteile
sind groß genug, um regelmäßig von leistungsstarken Weltraumüberwachungssystemen
verfolgt werden zu können, deren Daten von Weltraumorganisationen wie der ESA
zur Vermeidung von Kollisionen genutzt werden.
Die Entstehung dieser Trümmerteile ist zum größten Teil auf mehr als 250
Explosionen zurückzuführen. Aufgrund der immer höheren Zahl von Trümmerteilen im
Weltraum befürchten Experten, dass Kollisionen zwischen ihnen – die auch bereits
eingetreten sind – nunmehr zur Hauptursache für neuen Raumfahrtschrott im Orbit
werden könnten, weswegen sie Gegenmaßnahmen zur Eindämmung dieses Problems
vorgeschlagen haben. Deren Umsetzung stellt die Raumfahrtorganisationen jedoch
vor große Herausforderungen.
Die nunmehr zum 7. Mal stattfindende Europäische Konferenz über
Weltraumtrümmer bildet das weltweit größte Kolloquium zu diesem Thema. Eröffnet
wurde die Konferenz gestern von ESA-Generaldirektor Jan Wörner und dem
ehemaligen NASA-Chefwissenschaftler für orbitale Trümmerteile, Donald Kessler.
Zu den wichtigsten Gesprächsthemen gehören aktuelle Fragen wie die derzeitige
Maßnahmenpraxis zur Vermeidung von Raumfahrtschrott, neue Konzepte für dessen
aktive Beseitigung sowie die Errichtung riesiger Konstellationen aus mehreren
Tausend Telekommunikationssatelliten. Auch die starke Zunahme bei den kleinen
Satelliten, d. h. Cubesats und Nanosatellitenschwärmen, wird ein Thema sein.
Das Themenspektrum umfasst Megakonstellationen, Möglichkeiten zur aktiven
Beseitigung, europäische Anstrengungen auf dem Gebiet der Weltraumlageerfassung
und Weltraumüberwachung, Messungen und Modellerstellungen. Die aus aller Welt
angereisten führenden Experten werden sich ferner mit der zentralen Frage der
Widerstandsfähigkeit von Trümmerteilen beim Eintritt in die Atmosphäre und somit
dem Risiko am Boden sowie Einzelheiten von Aufprallvorgängen im Weltraum bei
extrem hohen Geschwindigkeiten befassen.
Dass Weltraummüll nicht nur eine abstrakte Gefahr darstellt, hat sich bereits
mehrfach gezeigt, zuletzt am 23. August 2016, als bei dem europäischen
Erdbeobachtungssatelliten Sentinel 1A ein Weltraummüll-Teilchen eine 40
Zentimeter große Delle in einem der beiden Solarpanels des Satelliten
hinterlassen hat. "Das Teilchen, das diesen Schaden verursacht hat, war
vermutlich nur etwa fünf Millimeter groß", unterstreicht Dr. Manuel Metz, Space
Debris-Experte des DLR Raumfahrtmanagements.
"Solche kleinen Teilchen kann man nicht erkennen und nicht katalogisieren.
Wenige Millimeter große Objekte können dabei zu Funktionsstörungen oder Schäden
an einzelnen Systemen des Satelliten führen. Bei Sentinel-1A führte das
zu einem Verlust an Leistung des Solargenerators", so Metz weiter. "Größere
Objekte ab etwa einem Zentimeter Durchmesser haben bei einer typischen
Kollisionsgeschwindigkeit von etwa 40.000 Stundenkilometern bereits eine große
Zerstörungskraft. Ab einer Größe von etwa zehn Zentimetern kann ein Satellit
durch einen Treffer vollständig beschädigt werden und in viele tausend Fragmente
zerbrechen. Zusammenstöße mit großen Trümmern passieren allerdings sehr selten,
etwa alle zehn Jahre. Insgesamt ist das Risiko für die Raumfahrt zurzeit noch
nicht sehr groß."
Die Konferenz in Darmstadt dauert noch bis Freitag,
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