Eine Galaxie von der Seite
von Stefan Deiters astronews.com
2. März 2017
Die europäische Südsternwarte ESO hat am Mittwoch eine
neue Ansicht der Galaxie NGC 1055 vorgestellt. Das System ist etwas größer als
unsere Milchstraße und wir sehen es von der Erde aus direkt von der Seite. So
lassen sich zwar keine Spiralarme erkennen, doch dafür Hinweise darauf, dass NGC
1055 durch eine benachbarte Galaxie gestört wurde.
Der Blick an den Himmel offenbart eine große Vielfalt von Galaxien. Zwar kennen
Astronomen tatsächlich ganz unterschiedliche Galaxientypen, doch sind manche
Systeme, die verschieden aussehen, nicht so unterschiedlich, wie man zunächst
glauben mag: Es kommt nämlich sehr häufig auf den Winkel an, unter dem man ein Objekt
betrachtet.
Ein Beispiel dafür sind Spiralgalaxien: Blickt man praktisch "von oben" auf
die Systeme, lassen sich die eindrucksvollen Spiralarme der Galaxien deutlich
erkennen. Schaut man hingegen von der Seite auf eine Spiralgalaxie, sieht man
oft nicht mehr als einen dünnen hellen Streifen mit einer Aufwölbung in der
Mitte - man blickt auf die Kante der Scheibe der Galaxie. Spiralarme sind daher
nicht zu sehen.
Dafür vermittelt ein solcher Blick von der Seite einen Eindruck davon, wie
sich die Sterne der Scheibe in der Höhe verteilen, also wie dick die Scheibe
eigentlich ist. Zudem lassen sich auch Staubschwaden in der Scheibe ausmachen. Manchmal ist zu erkennen, dass die Scheibe nicht gerade
ist, sondern leicht gekrümmt, wie man es etwa bei der Galaxie NGC 1055 sehen
kann, von
der die Europäische Südsternwarte ESO gestern eine neue Aufnahme veröffentlicht
hat. Diese Krümmung der Scheibe wird vermutlich durch Wechselwirkungen mit der
nahegelegenen Galaxie Messier 77 verursacht.
NGC 1055 hat etwa einen 15 Prozent größeren Durchmesser als unsere
Milchstraße. Sie liegt rund 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im
Sternbild Walfisch. Die Daten für dieses Bild wurden mit dem FOcal Reducer
and low dispersion Spectrograph 2 (FORS2) gemacht, der an eines der
Teleskope des Very Large Telescope der ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile
montiert ist.
Das Bild entstand im Rahmen des ESO-Programms Cosmic Gems. Es dient
dazu, Bilder von schönen oder aus anderen Gründen faszinierenden Objekten für
die Öffentlichkeitsarbeit und für Bildungszwecke zu erstellen. Dazu steht dem
Programm ein kleiner Teil der Beobachtungszeit an den Teleskopen zur Verfügung
und es nutzt zudem Zeiten, in denen die Teleskope nicht für wissenschaftliche
Studien verwendet werden. Alle dabei gewonnenen Daten können auch von Astronomen
für ihre wissenschaftliche Arbeit verwendet werden.
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