Erster Satellit der neuen Plattform im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
30. Januar 2017
Mit der neuen modularen Satellitenplattform SmallGEO
will Europa und insbesondere Deutschland auf dem lukrativen Markt für kleinere
geostationäre Satelliten mitmischen. Am Freitag ist der erste Satellit der
Reihe, der Kommunikationssatellit Hispasat 36W-1, erfolgreich ins All
gestartet. An Bord des Satelliten werden auch neue Technologien erprobt.
Am 28. Januar 2017 um 2.03 Uhr MEZ ist der
Satellit Hispasat 36W-1 an Bord einer
Sojus-Trägerrakete ins All gestartet.
Foto: ESA / Arianespace [Großansicht] |
Mit dem Telekommunikationssatelliten Hispasat 36W-1 ist am 28. Januar 2017 um 2.03 Uhr MEZ der erste Satellit einer
neuen, wesentlich in Deutschland entwickelten und gebauten Satellitenplattform
ins All gestartet: SmallGEO ist ein Programm für relativ leichte
geostationäre Satelliten, die mit etwa drei - statt klassischerweise sechs oder
acht - Tonnen in 36.000 Kilometer Höhe um die Erde kreisen.
Die Plattform ist modular aufgebaut und kann verschieden konfiguriert und
eingesetzt werden - vor allem für den kommerziell interessanten Markt der
Telekommunikationsdienstleistungen. Der erste SmallGEO-Satellit
startete nun vom Weltraumbahnhof der Europäischen Weltraumorganisation ESA in
Kourou in Französisch-Guyana an Bord einer Sojus-Trägerrakete.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die Entwicklung dieser
"kleinen" Satellitenplattform mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie (BMWi) wesentlich unterstützt: Deutschland ist der größte
Beitragszahler des SmallGEO-Programms der ESA und hat rund 150
Millionen Euro (42,5 Prozent des Gesamtbudgets) in die Entwicklung der Plattform
und der Nutzlast investiert. Hauptauftragnehmer für den Satelliten ist ein
Industrieteam unter Federführung der OHB System AG in Bremen.
"SmallGEO zeigt damit seit dem Programm DFS-Kopernikus,
dessen letzter Satellit Anfang der 1990er Jahre gestartet wurde, dass
Deutschland wieder in der Lage ist, Kommunikationssatelliten zu entwickeln und
zu bauen", betont Dr. Gerd Gruppe, Vorstand des DLR Raumfahrtmanagements, und
ergänzt: "Die jetzt gestartete Mission markiert den Markteintritt und ist ein
wichtiger Meilenstein. Mit SmallGEO erreichen wir eine neue
Systemfähigkeit in Deutschland. Das stärkt unsere Industrie, auch im
internationalen Wettbewerb. Zudem wird damit ein zentrales Ziel der deutschen
Raumfahrtstrategie umgesetzt."
Hispasat 36W-1 wird die Iberische Halbinsel, die kanarischen Inseln
und Südamerika mit Multimediadiensten versorgen. Die deutsche Firma Tesat
Spacecom aus Backnang hat für diese Mission erstmals eine komplette
Kommunikationsnutzlast ausgelegt und gebaut. Einen Teil dieser Nutzlast bildet
der "Ka-Band Demonstrator", eine Kommunikationseinheit mit einer besonders
großen Bandbreite an Frequenzen. Zu dieser Nutzlasteinheit gehören eine
neuartige Ansteuerungseinheit und drei Leistungsverstärker. Beide Technologien
werden im Weltall erprobt und sollen die Satellitenkommunikation flexibler
machen.
Denn bisher waren die Telekommunikationssatelliten relativ starr: Einmal ins
All geschossen, sendeten sie über ihre gesamte Lebensdauer von rund 15 Jahren
hinweg immer im selben Frequenzbereich und mit einer fest eingestellten
Leistung. "Das ist heute nicht mehr zeitgemäß und geht am Markt vorbei. Ein
flexibler Leistungsverstärker kann - wenn nötig - die Intensität verstärken oder
verringern. Das spart Strom, der dann für andere Anwendungen zur Verfügung
steht", verdeutlicht Dr. Frank Bensch, SmallGEO-Programmleiter beim DLR
Raumfahrtmanagement.
Die Steuerung und Kontrolle des Satelliten in den ersten zehn Tagen nach dem
Start - der sogenannten "Launch and Early Orbit Phase" - übernehmen die
Ingenieure und Wissenschaftler des Deutschen Raumfahrtkontrollzentrums (GSOC)
beim DLR in Oberpfaffenhofen und an der Bodenstation in Weilheim. "In der ersten
Phase überprüfen wir intensiv die Funktion der Satellitenplattform und bringen
den Satelliten auf seine geostationäre Umlaufbahn. Im Anschluss daran folgen die
In-Orbit-Tests, die vor allem Nutzlasttests mit den Transpondern und Antennen
umfassen, bevor der Satellit dann nach einigen Wochen an das Kontrollzentrum des
spanischen Satellitenbetreibers Hispasat bei Madrid übergeben wird", erklärt
Thomas Kuch, Abteilungsleiter für den Missionsbetrieb im DLR.
Hispasat 36W-1 stellt zudem das erste Modell einer eigenen
Produktlinie dar. So basieren auf "SmallGEO" die derzeit im Bau befindlichen
europäischen Wettersatelliten Meteosat Third Generation. In der
Folgemission EDRS-C - geplanter Start im Herbst 2017 - wird die SmallGEO-Plattform
um eine rein-chemisch angetriebene Variante erweitert. EDRS-C wird Teil des
europäischen Datenrelaissystems EDRS, einer Datenautobahn im All, die bereits
2016 mit ihrem ersten Satelliten EDRS-A den Betrieb aufgenommen hat.
Die SmallGEO-Plattform bereitet auch die deutsche Satellitenmission
Heinrich Hertz mit Startdatum 2020 vor. Bei der Mission Electra,
die 2022 folgen soll, wird eine Plattformvariante mit voll elektrischem Antrieb
entwickelt. Dadurch kann die Nutzlast bei gleicher Satellitenmasse nahezu
verdoppelt werden.
|