Drei Milliarden Objekte in einem Katalog
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
22. Dezember 2016
Das Pan-STARRS-Projekt hat zu Wochenbeginn die bislang
größte digitale Himmelsdurchmusterung vorgestellt. Grundlage für den Katalog mit
über drei Milliarden Sternen, Galaxien und anderen Objekten waren Beobachtungen
mit dem Pan-STARRS-Teleskop auf Hawaii. Eine weitere Veröffentlichung ist im
kommenden Jahr geplant.
Diese verkleinerte Ansicht des gesamten
Himmels, der vom Standort des Pan-STARRS
Observatoriums auf Hawaii sichtbar ist, ist das
Ergebnis einer halben Million Aufnahmen mit
jeweils etwa 45 Sekunden, über einen Zeitraum von
4 Jahren.
Bild: Danny Farrow, Pan-STARRS1 Science
Consortium und Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik [Gesamtansicht] |
Das Pan-STARRS-Projekt, an dem auch Astronomen an den Max-Planck-Instituten für
Astronomie in Heidelberg und für extraterrestrische Physik in Garching beteiligt
sind, hat am Montag die weltweit größte digitale Himmelsdurchmusterung
veröffentlicht. Der Katalog basiert auf Beobachtungsdaten, die über vier Jahre
gesammelt wurden, umfasst mehr als drei Viertel des Nachthimmels und liefert
umfangreiche Informationen über mehr als drei Milliarden Sterne, Galaxien und
andere Quellen.
"Die Pan-STARRS Himmelsdurchmusterungen erlauben es nun jedem, auf Millionen von
Bildern zuzugreifen, sowie die Datenbank und Kataloge mit Präzisionsmessungen
von Milliarden von Sternen und Galaxien zu nutzen", sagt Dr. Ken Chambers,
Direktor der Pan-STARRS-Observatorien am Institut für Astronomie der University
of Hawai'i. "Das Pan-STARRS – Teleskop machte Entdeckungen von erdnahen Objekten
und Objekten im Kuiper-Gürtel des Sonnensystems, bis hin zu einsamen Planeten
zwischen den Sternen; es lieferte dreidimensionale Karten des Staubes in unserer
Galaxie und fand neue Sternströme; und es entdeckte neue Arten von
explodierenden Sternen und entfernten Quasaren im frühen Universum."
Im Mai 2010 startete das erste Panoramic Survey Telescope & Rapid Response
System, kurz: das Pan-STARRS, ein 1,8-Meter-Teleskop auf dem Gipfel des
Haleakalā auf der Hawaii-Insel Maui, eine digitale Himmelsdurchmusterung im
sichtbaren und Nah-Infrarotlicht. Dies war die erste Beobachtungskampagne mit
dem Ziel, den Himmel sehr schnell wiederholt zu beobachten und so nach sich
bewegenden oder sich verändernden Objekten zu suchen. Dazu zählen auch
Asteroiden, die möglicherweise die Erde bedrohen könnten. Die
Himmelsdurchmusterung nahm etwa vier Jahre in Anspruch, und tastete den Himmel
zwölf Mal in fünf Filtern ab.
Die Daten umfassen drei Milliarden separate Quellen, darunter Sterne, Galaxien
und verschiedene andere Objekte. Der riesige Katalog besteht aus zwei Petabyte
an Daten – dies entspricht 40 Millionen Aktenschränken mit jeweils vier
Schubladen eng bedrucktem Text. Alle diese Informationen mussten ordnungsgemäß
katalogisiert werden, so dass die Astrophysiker schnell auf die Daten zugreifen
und nutzen können.
"In den vergangenen drei Jahren haben wir große Anstrengungen unternommen, die
Qualität der Daten zu überprüfen und die am besten geeignete Struktur für den
Katalog zu definieren", erklärt Dr. Roberto Saglia, der die
Pan-STARRS-Beteiligung am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
leitet. "In mehr als 100 Telekonferenzen diskutierten und verbesserten wir
Testergebnisse, wie etwa für die Astrometrie oder Photometrie von ausgewählten
Himmelsregionen, die bereits mit anderen Teleskopen beobachtet wurden. Wir
überlegten auch, wie wir die einzelnen Beobachtungen am besten kombinieren und
die relevanten Informationen für jeden Objekttyp präsentieren können."
"Basierend auf Pan-STARRS sind die Forscher nun in der Lage, Entfernungen,
Bewegungen und besondere Merkmale wie den Anteil an Mehrfachobjekten bei allen
nahen Sternen, braunen Zwergen und der Überresten von Sternen, wie etwa Weißen
Zwergen, zu messen. Das erweitert die Katalogisierung von nahezu allen Objekten
in Sonnennähe bis in Entfernungen von etwa 300 Lichtjahren", ergänzt Prof. Dr.
Thomas Henning, Direktor der Abteilung Planeten und Sternentstehung am MPIA.
"Die Pan-STARRS-Daten ermöglichen auch eine wesentlich bessere Charakterisierung
der Bildung massearmer Sterne in Sternhaufen. Darüber hinaus sammelten wir etwa
vier Millionen Lichtkurven von Sternen, um Jupiter-ähnliche Planeten in engen
Bahnen um kühle Zwergsterne zu finden."
"Regelmäßig beobachteten wir auch unsere nächste Nachbargalaxie Andromeda und
konnten dort mehrere Mikrolinsenereignisse sowie viele neue variable
Cepheidensterne nachweisen. Dies erlaubte es uns, die kompakte dunkle Materie in
M31 besser einzugrenzen und ihre Entfernung noch genauer zu bestimmen", betont
Ralf Bender, Direktor am MPE.
Aber Pan-STARRS erstreckt sich auch auf astronomische Objekte jenseits unserer
kosmischen Nachbarschaft. "Pan-STARRS bildete unsere Heimatgalaxie, die
Milchstraße, in einer bislang nicht erreichten Detailfülle ab. Die Studie
liefert zum ersten Mal eine tiefe und globale Sicht für einen Großteil der
galaktischen Ebene und Scheibe - ein Gebiet, das normalerweise aufgrund der
Komplexität der Kartierung dieser dichten und staubigen Regionen bei
Durchmusterungen gemieden wird", erklärt Prof. Dr. Hans-Walter Rix, Direktor der
Abteilung Galaxien und Kosmologie des MPIA. "Und Pan-STARRS geht weit darüber
hinaus: seine einzigartige Kombination aus Himmelsabdeckung, Tiefe der
Beobachtungen und verwendete Farbfilter erlaubte die Entdeckung der Mehrzahl der
am weitesten entfernten Quasare. Dies sind die frühesten Beispiele in unserem
Universum dafür, dass sich supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von
Galaxien gebildet haben."
Die Veröffentlichung der Daten erfolgt in zwei Schritten: Die jetzt
bereitgestellt Version ist der "Statische Himmel" und liefert den Durchschnitt
der einzelnen Beobachtungsepochen. Für jedes Objekt gibt es einen
Durchschnittswert für seine Position, seine Helligkeit und seine Farben.
Außerdem ist es möglich, ein zusammengesetztes Bild für jede der beobachteten
Farben zu erhalten.
Für Galaxien gibt es weitere Informationen wie ihre Helligkeit für verschiedene
Blendengrößen und Seeing-Bedingungen (Mit Seeing bezeichnen die Astrononen die
durch Turbulenzen der Erdatmosphäre bedingten Variationen der
Abbildungsschärfe). Im Jahr 2017 wird der zweite Datensatz freigegeben, der
diese Informationen für jede einzelne Epoche zur Verfügung stellt und es allen
Nutzern ermöglicht, auf die einzelnen Bilder für jede Beobachtungsreihe
zuzugreifen. Die vollständige Datenbank enthält Informationen über jeden
einzelnen Schnappschuss, den Pan-STARRS von einer bestimmten Region am Himmel
aufgenommen hat und wird die gesamten 2 Petabyte an Daten vervollständigen.
"Unser nächster Schritt ist es nun, die Rotverschiebungen - also Entfernungen -
von Galaxien und anderen kosmologischen Objekten zu messen", erklärt Saglia.
"Wir benötigen diese Informationen, um die Verteilung der Galaxien in allen drei
Dimensionen zu analysieren. Aus dieser Struktur können wir dann die Geometrie
des Universums ableiten und unser kosmologisches Standardmodell weiter
präzisieren. Mit den Daten der einzelnen Epochen können wir außerdem die
Variabilität in weit entfernten, aktiven Galaxien untersuchen." Die
Informationen zur Rotverschiebung werden dem Pan-STARRS-Katalog ebenfalls
hinzugefügt.
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