Kein Dunkelmaterie-Signal in Gammastrahlung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
19. Dezember 2016
Astronomen haben jetzt die bislang genaueste Analyse der
Fluktuationen im Gammastrahlenhintergrund vorgestellt. Sie verwendeten mehr als
sechs Jahre an Daten, die vom Fermi Large Area Telescope gesammelt
wurden und identifizierten zwei unterschiedliche Arten von Quellen, die zum
Gammastrahlenhintergrund beitragen. Es gab allerdings keine Hinweise auf
Dunkelmaterie-Teilchen.
Fluktuationen im isotropen
Gammastrahlenhintergrund, basierend auf 81
Monaten an Daten. Die Emission unserer eigenen
Galaxie, der Milchstraße, ist grau maskiert.
Bild: Mattia Fornasa, UvA / Grappa [Großansicht] |
Gammastrahlen sind Lichtteilchen mit der höchsten Energie im Universum; sie sind
für das menschliche Auge unsichtbar. Die häufigsten Quellen für Gammastrahlen
sind Blazare: supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien. In
geringerem Ausmaß werden Gammastrahlen auch von besonderen Sternen wie Pulsaren
oder in riesigen Sternexplosionen wie Supernovae erzeugt.
Im Jahr 2008 startete die NASA den Satelliten Fermi, um den
Gammastrahlenhimmel mit extrem hoher Genauigkeit abzubilden. Sein
Hauptinstrument, das Large Area Telescope, nimmt seither Daten auf.
Alle drei Stunden, scannt es kontinuierlich den gesamten Himmel ab. Der Großteil
der detektierten Gammastrahlen wird in unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße,
erzeugt, daneben konnte das Fermi-Teleskop aber auch mehr als 3000
extragalaktische Quellen nachweisen. Diese individuellen Quellen reichen
allerdings nicht aus, um die Gesamtmenge der Gamma-Photonen zu erklären, die von
außerhalb unserer Galaxie stammen. So können etwa 75% der Strahlung nicht
erklären.
Schon seit den späten 1960er Jahren fanden Weltraumobservatorien einen
diffusen Hintergrund an Gammastrahlen, der uns aus allen Richtungen des
Universums erreicht. Könnte man mit "Gamma-Augen" sehen, so gäbe es keinen Ort,
an dem der Himmel dunkel wäre. Die Quelle dieses sogenannten isotropen
Gamma-Hintergrundes ist bisher unbekannt. Er könnte durch nicht aufgelöste
Blazare oder andere astronomische Quellen erzeugt werden, die zu schwach sind,
um mit dem Fermi-Teleskop nachgewiesen zu werden.
Teile des Gammastrahlenhintergrunds könnten auch den Fingerabdruck eines
postulierten "Dunkle-Materie-Teilchens" enthalten. Dieses Teilchen wurde bisher
noch nicht entdeckt, wurde aber theoretisch vorgeschlagen, um die fehlenden 80
Prozent der Materie in unserem Universum zu erklären. Wenn zwei Teilchen der
Dunklen Materie zusammenstoßen, können sie sich gegenseitig vernichten und eine
Signatur von Gammastrahlen-Photonen erzeugen.
"Die Analyse und Interpretation von Fluktuationen des diffusen
Gammastrahlenhintergrunds ist ein neues Forschungsgebiet in der
Hochenergie-Astrophysik", erklärt Eiichiro Komatsu am Max-Planck-Institut für
Astrophysik, der die notwendigen Analysewerkzeuge für Fluktuationen dieser
Strahlung entwickelt hat. Komatsu war auch Teil des Teams, das im Jahr 2012
erstmals Schwankungen im Gammastrahlen-Hintergrund nachweisen konnte.
Für die neue Analyse nutzten die Forscher 81 Monate an Daten aus dem Fermi
Large Area Telescope – ein viel größerer Datensatz und mit einer breiteren
Energieskala als in früheren Studien. Die Wissenschaftler konnten zwei
unterschiedliche Beiträge zum Gammastrahlenhintergrund unterscheiden. Eine
Klasse von Gammastrahlenquellen wird benötigt, um die Schwankungen bei niedrigen
Energien zu erklären, und eine andere Art von Quellen wird benötigt, um die
Fluktuationen mit höherer Energie zu erzeugen - die Signaturen dieser beiden
Beiträge sind deutlich unterschiedlich.
Die Gammastrahlen in den Hochenergiebereichen stammen demnach von nicht
aufgelösten Blazaren. Eine weitere Untersuchung dieser potenziellen Quellen ist
derzeit im Gange. Allerdings scheint es viel schwieriger, eine Quelle für die
Fluktuationen mit niedrigeren Energien zu lokalisieren. Keiner der bekannten
Gammastrahlenemitter hat ein Verhalten, das mit den neuen Daten konsistent ist.
Bisher konnte das Fermi-Teleskop keinen schlüssigen Hinweis auf
Gammastrahlen-Emission von Teilchen der Dunklen Materie finden. Auch diese neue
Studie zeigt keine Anzeichen für ein Signal, das mit Dunkler Materie verknüpft
sein könnte. "Unsere Messung ergänzt frühere Kampagnen, die mit Gammastrahlen
nach Dunkler Materie suchten", sagt Mattia Fornasa von der Universität
Amsterdam. "Sie bestätigt, dass wenig Raum bleibt für eine durch Dunkle Materie
induzierte Gammastrahlenemission im isotropen Gammastrahlenhintergrund."
Die Präzision der Fluktuationsmessung hat sich seit dem ersten Ergebnis im Jahr
2012 deutlich verbessert. "Ich freue mich, dass unsere Messungen wichtige
Erkenntnisse über den Ursprung des Gammastrahlenhintergrundes liefern", so
Komatsu. "Meine ursprüngliche Motivation im Jahr 2006 diese Analyse
durchzuführen bestand darin, Beweise für Gammastrahlen aus dunklen
Materieteilchen zu finden. Nun, wir haben noch keine Gammastrahlen aus Dunkler
Materie gefunden", kommentiert Komatsu, "aber es ist aufregend, dass unsere
Messungen zu einem neuen Verständnis der Populationen von astrophysikalischen
Quellen für Gammastrahlen - wie Blazaren - führen. Ich habe die Hoffnung noch
nicht aufgegeben, die Gammastrahlungssignatur Dunkler Materie zu finden, und wir
haben einige neue Ideen, wie wir unsere Methode verbessern können."
Über ihre Untersuchungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Physical Review D
erschienen ist.
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