Überflug über den Krater Occator
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
16. Dezember 2016
Planetenforscher haben gestern ein Video vorgestellt, das
einen Überflug über den spektakulären Krater Occator auf Ceres simuliert. Es
beruht auf Daten der NASA-Sonde Dawn, die den Zwergplaneten seit 2015
umrundet. Die Geschichte der eisigen Welt im Asteroidengürtel haben die Foscher
noch immer nicht ganz verstanden und hoffen daher auf zahlreiche weitere
Messungen und Bildern von Dawn.
Mit einem Durchmesser von 92 Kilometern ist
Krater Occator auf dem Zwergplaneten Ceres größer
als der Krater Tycho auf dem Mond – der selbst
von der Erde aus mit dem bloßen Auge als heller
Fleck zu erkennen ist. Seine Wände ragen mit bis
zu 2000 Metern höher empor als die Eiger-Nordwand
in den Berner Alpen. Die hellen Flecken in seinem
Inneren und ihre Entstehung sind noch nicht
geklärt.
Bild: DLR [Großansicht] |
Der Krater Occator auf dem Zwergplaneten Ceres ist ein Hingucker: Mit einem
Durchmesser von 92 Kilometern ist er größer als der Krater Tycho auf dem Mond -
der selbst von der Erde aus mit dem bloßen Auge als heller Fleck zu erkennen
ist. Seine Wände ragen mit bis zu 2000 Metern höher empor als die Eiger-Nordwand
in den Berner Alpen. Und seine hellen Flecken im Inneren des Kraters lassen
weltweit die Wissenschaftler über ihre Beschaffenheit und ihren Ursprung
diskutieren.
"Der Einschlag, der diesen Krater entstehen ließ, hat sehr wahrscheinlich
eine Verbindung zum tieferen Untergrund geschaffen - und so konnte vermutlich
ein Gemisch aus Eis, Schlamm und Salz durch Spalten in der Kruste nach oben
steigen", sagt DLR-Planetenforscher Prof. Ralf Jaumann, Mitglied im Kamera-Team
der amerikanischen Dawn-Mission. Das helle kalkhaltige Salz an Ceres‘
Oberfläche ist der Rückstand dieses Prozesses. "Es hat also eine Art
vulkanischer Tätigkeit stattgefunden - allerdings nicht mit geschmolzenem
Gestein, sondern mit einem geschmolzenem Eis-Schlamm-Gemisch."
Ein vom DLR-Institut für Planetenforschung erstelltes Video simuliert nun
einen Überflug über den einzigartigen Krater. Vorgestellt wurden die
detaillierten Ergebnisse sowie weitere Bilder gestern auf einer Pressekonferenz
auf einer Tagung der American Geophysical Union. Grundlage für das Video sind
548 Bilder der deutschen Kamera, mehr als 10.000 Stereokombinationen sowie 106
Millionen berechnete Punkte auf der Oberfläche, aus denen die
DLR-Planetenforscher ein dreidimensionales Höhenmodell des Zwergplaneten
erstellten. Bei einer Auflösung von 32 Metern pro Pixel und einer Aufnahmehöhe
von nur 370 Kilometern entsteht so ein Überflug, der dem Betrachter eine ideale
Sicht auf die ungewöhnliche Topographie von Occator und den hellen Ablagerungen
in seinem Inneren ermöglicht.
Die hell reflektierenden Regionen haben mittlerweile auch Eigennamen
erhalten: Die besonders auffällige Region mit hellen Flecken und einer rissigen
Aufwölbung im Zentrum von Occator wurde "Cerealia Facula" genannt, die etwas
weniger stark reflektierenden Flecken östlich davon "Vinalia Faculae". Auffällig
ist, dass nicht alle großen Krater auf dem Zwergplaneten Ceres diese hellen
Salzablagerungen zeigen, die in Occator bereits bei der Annäherung der Raumsonde
Dawn an den Zwergplaneten Ceres gut erkennbar waren.
"Der Einschlag könnte daher an dieser Stelle im Untergrund Material erwischt
haben, das bei anderen großen Kratern vermutlich nicht vorhanden ist", vermutet
Jaumann. An der Oberfläche ist dann das aufgeschmolzene Eis unverzüglich in den
gasförmigen Zustand übergegangen - während Schlamm und Salze auf der Oberfläche
blieben. Dabei ist dies ein Ereignis, dass vor etwa 18 Millionen Jahren, für
Geologen also in der jüngsten Vergangenheit, stattgefunden hat. Eine andere
Theorie geht allerdings davon aus, dass Krustenmaterial durch die beim Einschlag
entwickelte Wärme aufgeschmolzen wurde und es dadurch zu einer hydrothermalen
Veränderung des Materials und zur Entstehung der Salze gekommen ist.
Zurzeit befindet sich die Mission, bei der mit Asteroid Vesta und Zwergplanet
Ceres zum ersten Mal zwei Himmelskörper aus einem Orbit beobachtet und erforscht
werden, in der Verlängerung: Die ursprünglich geplante Mission hätte am 30. Juni
2016 enden sollen. Doch nun soll Dawn den größten Himmelskörper im
Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter möglichst noch bis zum Sommer 2019
erkunden. "Der Treibstoff für die Ausrichtung der Sonde könnte knapp werden,
aber wir hoffen, dass wir miterleben können, wie der Zwergplanet auf seiner
Umlaufbahn den sonnennächsten Punkt erreicht und vielleicht Aktivität zeigt",
erläutert Jaumann.
Interessant sind diese Verlängerung sowie die dabei vorgesehenen Umlaufbahnen
um Ceres auch für das Kamera-Team, in dem auch DLR-Planetenforscher beteiligt
sind. Bisher konnten nahezu alle 2,8 Millionen Quadratkilometer Oberfläche von
Ceres mit der deutschen Kamera an Bord erfasst werden. Das entspricht der Fläche
von Frankreich, Deutschland, Italien, Norwegen, Spanien, Schweden und
Großbritannien. "Allerdings fehlen noch kleine Bereiche an den Polen von Ceres,
auf die wir nun in der Verlängerung der Mission aus größerer Höhe besser blicken
können."
Derzeit umfliegt Dawn den Zwergplaneten in einer elliptischen Bahn
und untersucht ihn aus einer Entfernung von 7500 bis 9350 Kilometern. Seit über
neun Jahren ist Dawn bereits im Weltall unterwegs: Am 27. September
2009 startete die Mission, von Juli 2011 bis April 2012 erkundete sie den
Asteroiden Vesta, bevor sie zweieinhalb Jahre lang zum Zwergplaneten Ceres
reiste und dort im März 2015 in den ersten Beobachtungsorbit einschwenkte.
"Für ein Fazit ist es allerdings noch zu früh - wir sind noch mittendrin",
sagt Jaumann. "Wir haben immer noch nicht die Entstehung von Ceres verstanden."
Bisher sei vor allem eines sicher: "Auf Ceres sind sehr komplizierte Prozesse
abgelaufen, die über Kollisionen und die dabei entstehenden Einschlagskrater
weit hinausgehen." Der Himmelskörper sei in der Vergangenheit geologisch aktiv
gewesen - und sei das mit Krustenveränderungen, Ausgasungen und Kryovulkanismus
möglicherweise auch heute noch.
|