Trauer um John Glenn
von Stefan Deiters astronews.com
9. Dezember 2016
John Glenn, der erste US-Amerikaner, der die Erde in einer
Raumkapsel umrundet hat, ist gestern im Alter von 95 Jahren in einem Krankenhaus
in Ohio gestorben. Nach seinem historischen Raumflug war Glenn 24 Jahre lang
US-Senator und schrieb dann noch einmal Raumfahrtgeschichte: Im Alter von 77
Jahren flog er mit einer amerikanischen Raumfähre erneut ins All.
John Glenn am 20. Februar 2012 - genau 50
Jahre nach seinem historischen Flug ins All.
Bild: NASA / Bill Ingalls [Großansicht] |
John Glenn ist tot. Der frühere Astronaut und US-Senator starb gestern im
Ohio State University Wexner Medical Center in Columbus im Alter von 95
Jahren. Glenn gehörte zu
den ersten sieben Mercury-Astronauten, die die NASA zu Beginn ihres bemannten
Raumfahrtprogramms ausgewählt hatte. Sein Flug um die Erde am 20. Februar 1962
an Bord der Kapsel Friendship 7 war Teil einer Aufholjagd um die Vorherrschaft
im All, bei dem die Sowjetunion damals noch die Nase vorn hatte.
John Glenn wurde am 18. Juli 1921 in Cambridge im US-Bundesstaat Ohio
geboren. Nach Abschluss der Schule studierte er
Ingenieurwissenschaften, ging dann zu den Marinefliegern und wurde Kampfpilot.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Koreakrieg blieb er als Testpilot bei der
US-Marine.
Glenn wurde schließlich von der NASA als Astronaut für das Mercury-Programm
ausgewählt. Sein Kollege Alan Shepard war der erste US-Astronaut, der zu einem
suborbitalen Flug ins All abhob, Glenn startete schließlich am 20. Februar 1962
mit seinem Raumschiff Friendship 7 als erster US-Astronaut in einen Erdorbit.
Die Mission dauerte insgesamt knapp fünf Stunden, die Erde umkreiste er dabei
drei Mal.
Der Flug verlief nicht ohne Probleme: So versagte das automatische
Kontrollsystem der Kapsel und Glenn musste sein Raumschiff während des zweiten und
dritten Orbits und während des Wiedereintritts von Hand steuern. Zudem
deuteten Telemetriedaten während des Flugs darauf hin, dass der
Hitzeschutzschild locker war. Es bestand also die Gefahr, dass die Kapsel beim
Flug durch die Atmosphäre verglühen würde.
So hielt ganz Amerika beim Wiedereintritt der Friendship 7 den Atem an, doch
es ging alles gut. Glenn ging in die Geschichte der US-amerikanischen Raumfahrt
ein und wurde schnell zum Nationalhelden. Glenn verließ die NASA 1964,
die Marine 1965 und ging in die Wirtschaft. Gleichzeitig begann er sich für
Politik zu interessieren und wurde 1974 erstmals für Ohio in den US-Senat
gewählt. 1980, 1986 und 1992 wurde er wiedergewählt - es war das erste Mal in
der Geschichte der USA, dass ein Senator drei Mal hintereinander wiedergewählt
worden war.
Glenn sollte noch einmal Geschichte schreiben: 1998 startete er an Bord
der US-Raumfähre Discovery zum zweiten Mal ins All. Er war 77 Jahre alt und
hielt
damit den Rekord als ältester Raumfahrer und als Astronaut mit der größten
Zeitspanne zwischen zwei Raumflügen. Mit der Discovery blieb er
deutlich länger im All, als mit Friendship 7 - er umrundete die Erde in
neun Tagen insgesamt 134 Mal.
US-Präsident Obama würdigte Glenn gestern als einen Nationalhelden, der in seinem
Leben mehrfach Mauern durchbrochen hat, Generationen von Wissenschaftlern,
Ingenieuren und Astronauten Vorbild war und zudem als Senator wichtige Beiträge
für die Gesellschaft geleistet hat: "On behalf of a grateful nation, Godspeed,
John Glenn."
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