Leben unter extremen Bedingungen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Regensburg astronews.com
31. Oktober 2016
Könnte primitives Leben auf dem Mars existieren?
Wissenschaftler an der Universität Regensburg versuchen dies durch die
Untersuchung von Archaeen zu erforschen. Diese Mikroorganismen sind extrem
widerstandsfähig und könnten vielleicht sogar Raumflüge überstehen. In
Regensburg wurde inzwischen die weltgrößte Archaeensammlung aufgebaut.
Der Mars auf einer Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble.
Bild: NASA,
ESA, das Hubble Heritage Team (STScI/AURA), J.
Bell (Cornell University) und M. Wolff (Space
Science Institute, Boulder) |
Der Mars fasziniert Wissenschaftler seit Jahrhunderten – weil er ein
Nachbarplanet der Erde ist und trotz großer Unterschiede als erdähnlich gilt.
Die Raumfahrtindustrie träumt davon, in den kommenden Jahrzehnten erstmals
Menschen zum Mars zu schicken. Obwohl die Landung der Mars-Sonde
Schiaparelli in der vorletzten Woche missglückt ist, rechnen
Raumfahrtexperten mit einer Fortsetzung der europäisch-russischen
Forschungsmission ExoMars. Mit dem Projekt suchen internationale
Weltraumexperten und Wissenschaftler nach Spuren des Lebens auf dem Roten
Planeten: Wie könnte Leben auf dem Mars aussehen und wie könnte es identifiziert
werden?
An der Universität Regensburg forscht der Mikrobiologe Dr. Harald Huber an
speziellen Mikroorganismen, sogenannten Archaeen, die in extremen und daher
eigentlich als lebensfeindlich betrachteten Biotopen leben können. Einige der in
Regensburg kultivierten Archaeen wachsen bei Temperaturen über 100 Grad Celsius
und fallen bei unter 80 Grad Celsius in eine Art Kältestarre. Es gibt Arten, die
auch in Schwefelsäure noch wachsen können, andere gedeihen sogar in verdünnter
Natronlauge oder gesättigten Salzlösungen.
Das Vorkommen von Mikroorganismen in den sogenannten "Schwarzen Rauchern",
hydrothermalen Quellen am Grund der Tiefsee, bewies den Wissenschaftlern, dass
auch in völliger Dunkelheit Leben existieren kann. Die Archaeen dienen den
Regensburger Wissenschaftlern als Modellorganismen für mögliche Lebensformen auf
anderen Himmelskörpern. Um den Lebensbedingungen auf anderen Planeten möglichst
nahe zu kommen, setzen die Regensburger Forscher ihre Organismen den Bedingungen
aus, die dort typischerweise herrschen, dabei arbeiten sie eng mit dem Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln zusammen.
Zu den besonderen Bedingungen auf anderen Planeten gehören zum Beispiel
Trockenheit oder hohe Konzentrationen an UV- oder ionisierender Strahlung. Im
Versuch der Forscher zeigte sich, dass einige Archaeen dies durchaus tolerieren
können und sogar in der Lage sind, zum Beispiel durch Strahlen entstandene
Schäden zu reparieren. Das Überleben unter solchen simulierten Mars- oder auch
Weltraum-Bedingungen bedeutet aber auch, dass diese Organismen einen
"Weltraumflug" möglicherweise überstehen, was auch Konsequenzen für
dRaumfahrtorganisationen haben könnte.
Ob Archaeen auf dem Mars überlebensfähig sind, hängt nicht zuletzt von der Frage
ab, ob es dort flüssiges Wasser gibt. Einiges deutet darauf hin, dass es in
früheren Zeiten Wasservorkommen auf der Oberfläche des Mars gab. Heute sind
diese, wie auch ein Großteil seiner Atmosphäre, verschwunden. Es gibt jedoch
Hinweise darauf, dass es im Inneren des Mars noch Wasservorkommen geben könnte.
Und damit stellt sich die Frage: Hat sich dorthin Leben zurückgezogen, überlebt
über Jahrmillionen - und kann man das heute noch nachweisen? Mit den Forschungen
der Mikrobiologen werden zentrale Fragen nach der Entstehung des Lebens auf der
Erde wieder ins Zentrum gerückt und um neue Aspekte ergänzt: Ist das Leben
vielleicht durch Meteoriten, auf denen Mikroorganismen mitreisten, auf unsere
Erde gelangt? Wenn ja, haben diese Himmelskörper noch weitere Planeten oder
Monde unseres Sonnensystems mit den gleichen Mikroorganismen "angesteckt"? Dann
bestünde in der Tat die Hoffnung, auch auf dem Mars auf sie zu stoßen.
Die Archaeen wurden bereits in den 1970er Jahren von Molekularbiologen entdeckt.
Sie sehen auf den ersten Blick aus wie normale Bakterien, sind in Ihren
molekularen Eigenschaften jedoch höheren Organismen sehr viel ähnlicher. Nachdem
in den ersten Jahren nach ihrer Entdeckung nur wenige Vertreter dieser Art
bekannt waren, entstand an der Universität Regensburg das deutsche
Archaeenzentrum, das im Laufe der Zeit die weltgrößte Sammlung von Archaeen
aufbaute.
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