Viele erdgroße Planeten um Zwergsterne?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
24. Oktober 2016
Was für Planeten könnten um rote Zwergsterne kreisen? Dieser
Frage haben sich Astrophysiker der Universität Bern mithilfe von
Computersimulationen angenommen. Das Ergebnis: Häufig entstehen offenbar
Planeten in ähnlicher Größe wie die Erde, die zudem vielfach auch über größere
Mengen Wasser verfügen. Was dies für ihre Lebensfreundlichkeit bedeutet, ist
hingegen nicht klar.
Künstlerische Darstellung von erdgroßen
Planeten, die um einen roten Zwergstern kreisen.
Bild:
NASA, ESA und G. Bacon (STScI) [Großansicht] |
Im August 2016 gaben Forscher die Entdeckung eines erdähnlichen Planeten in der
bewohnbaren Zone von Proxima Centauri bekannt. Dies beflügelte die Fantasie von
Wissenschaftlern und Laien. Denn es handelt sich bei Proxima Centauri um den
unserer Sonne am nächsten gelegenen Stern. Er hat allerdings zehnmal weniger
Masse hat als die Sonne und ist 500-mal weniger hell.
Bereits im Mai 2016 war ein ähnlicher Planet bei einem noch masseärmeren Stern
namens Trappist-1 aufgespürt worden (astronews.com
berichtete). Dies lässt darauf schließen, dass solche sogenannten rote
Zwerge vermutlich zahlreiche erdähnliche Planeten beherbergen. Wie könnten diese
Objekte aussehen? Woraus könnten sie bestehen? Diese Fragen untersuchten Yann
Alibert und Willy Benz vom nationalen schweizerischen Forschungsschwerpunkt "PlanetS"
und dem Center for Space and Habitability (CSH) an der Universität Bern
mittels Computersimulationen.
Erstmals simulierten sie die Entstehung von Planeten, die erwartungsgemäß um
Sterne kreisen, die zehnmal weniger Masse haben als die Sonne. Die Berechnungen
kommen den bisherigen Beobachtungen der erdähnlichen Planeten sehr nahe:
"Unseren Modellen gelang es, Planeten zu erzeugen, die in punkto Masse und
Umlaufzeit den beobachteten Objekten gleichen", erklärt Alibert das Resultat der
Studie. "Interessanterweise haben wir herausgefunden, dass Planeten in engen
Umlaufbahnen um diese Art Sterne klein sind. Ihr Radius liegt typischerweise
zwischen 0,5 und 1,5 Erdradien und entspricht am häufigsten einem Erdradius.
Künftige Entdeckungen werden zeigen, ob wir richtig liegen", so Alibert.
Zudem bestimmten die Astrophysiker den Wassergehalt der Planeten, die ihren
kleinen Mutterstern in der bewohnbaren Zone umkreisen. Bei allen Fällen
enthalten 90 Prozent der Planeten einen Wasseranteil von mehr als zehn Prozent.
Zum Vergleich: In der Erdmasse beträgt der Wasseranteil nur etwa 0,02 Prozent.
Die meisten dieser fernen Planeten sind also im Unterschied zur Erde
buchstäblich Wasserwelten. Dies bedeutet auch, dass sie von sehr tiefen Ozeanen
bedeckt wären - und auf dem Meeresgrund käme das Wasser in Form von Eis vor
wegen des enormen Druckes. Flüssiges Wasser gilt als entscheidender Bestandteil
für Leben, wie wir es kennen.
"Was die Lebensfreundlichkeit solcher Planeten anbelangt, kann es auch zu viel
Wasser geben", sagt Benz, der auch Leiter der CHEOPS-Mission für die Schweiz
ist, die potenziell lebensfreundliche Planeten aufspüren soll. In früheren
Studien zeigten die Berner Wissenschaftler, dass zu viel Wasser lebensfeindlich
sein kann, da es die Regulierung der Oberflächentemperatur verhindern und das
Klima destabilisieren würde. "Aber dies gilt für die Erde, während wir es hier
mit bedeutend exotischeren Planeten zu tun haben, die einem viel unwirtlicheren
Strahlungsumfeld ausgesetzt sein könnten und ihrem Stern vielleicht immer die
gleiche Seite zuwenden", ergänzt Benz.
Die Forscher starteten ihre Berechnungen mit einer Serie von einigen Hunderten
bis Tausenden von identischen, massearmen Sternen - jeder von ihnen umgeben von
einer Scheibe aus Staub und Gas, in der sich die Planeten formen. Alibert und
Benz nahmen an, dass sich zu Beginn in jeder dieser sogenannten
protoplanetarischen Scheiben zehn sogenannte Planetenembryos mit je der Masse
des Mondes befanden.
Darauf verfolgte das Modell für jedes System in mehreren Tagen Rechenzeit, wie
diese zufällig verteilten Embryos wuchsen und wanderten. Welche Art Planeten
geformt werden, hängt von der Struktur und Entwicklung der protoplanetaren
Scheiben ab. "Bewohnbar oder nicht - die Untersuchung von Planeten bei sehr
massearmen Sternen wird spannende neue Resultate liefern, die unser Wissen über
die Entstehung, Entwicklung und Bewohnbarkeit von Planeten erweitert", fasst
Benz zusammen.
Da diese Sterne bedeutend weniger leuchtstark als die Sonne sind, kann ein
Planet seinem Mutterstern viel näher sein, bevor seine Oberflächentemperatur zu
hoch wird für flüssiges Wasser und es verdampfen würde. Zudem sind die meisten
Sterne in der Nachbarschaft der Sonne rote Zwerge wie Proxima Centauri. Und
Planeten, die nahe bei ihrem Mutterstern liegen, sind zurzeit einfacher zu
entdecken und zu untersuchen. Weil diese erdähnlichen Planeten also relativ nah,
gut beobachtbar und vermutlich zahlreich sind, bieten sie Forschenden gute
Bedingungen, um sie zu untersuchen.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in
der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics Letters erscheinen wird.
|