Turbulentes Plasma im Fokus
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
19. August 2016
Plasmen in Weltall stellen Forscher immer noch vor Rätsel.
Sie spielen allerdings eine wichtige Rolle bei der Entstehung des sogenannten
Weltraumwetters, das auch die Funktion von Satelliten beeinträchtigen kann. Die
turbulenten Geschehnisse im Magnetfeld der Erde nehmen sich nun ukrainische,
russische und deutsche Wissenschaftlerinnen gemeinsam vor - trotz aller
politischer Turbulenzen.
Künstlerische Darstellung der Cluster
Satelliten und ihrer Flugbahnen (orange
gepunktete Linie) zusammen mit Flugbahnen von
Ionen (weiße/blaue Linien) in der Magnetosphäre.
Die gelb und rot dargestellten Regionen deuten
an, wie die Energie der Ionen zur Erde hin
zunimmt.
Bild:
MPS/E. Kronberg/P. Daly [Großansicht] |
Während die Beziehungen zwischen der Ukraine, Russland und Deutschland von
Turbulenzen erschüttert werden, vereinen drei Wissenschaftlerinnen dieser Länder
ihre Kräfte. Gemeinsam wollen sie untersuchen, wie turbulente elektromagnetische
Felder im Weltall geladene Teilchen auf hohe Energien beschleunigen. Solche
energetischen Teilchen können die Funktion von Kommunikations- und
Navigationssatelliten beinträchtigen, und eine verlässliche Vorhersage dieser
Ereignisse ist entscheidend, um die Schäden zu minimieren.
Die drei Gruppenleiterinnen starteten ihr Projekt vor kurzem mit einer Konferenz
im Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. Für ihr
Projekt nutzen die Forscherinnen die umfassenden Daten der Cluster-Mission
der europäischen Weltraumorganisation ESA, die Messungen des elektromagnetischen
Feldes der Erde sowie geladener Teilchen liefert. Die VolkswagenStiftung fördert
das Projekt für die nächsten zwei Jahre mit einer Gesamtsumme von 235.000 Euro.
Plasmen in Weltall stellen Forscher immer noch vor einige Rätsel. Ihre
impulsiven Energieausbrüche stellen unser Verständnis darüber infrage, wie
effizient sich unterschiedliche Energieformen im Plasma ineinander umwandeln
lassen. Eine besonders wichtige Region, in der solche Ausbrüche vorkommen, liegt
im sogenannten Magnetschweif der Erde. In dieser Region, die sich auf der
sonnenabgewandten Seite der Erde befindet, ist das irdische Magnetfeld
langgestreckt.
Die magnetische Energie der Sonne sammelt sich dort an und wird dann
explosionsartig freigegeben, was zu einer starken Erhitzung des Plasmas und zur
Beschleunigung von Teilchen führt. Die Energien dieser Teilchen, die das
Weltraumwetter in der Nähe der Erde beeinflussen, können dabei bis auf das
Tausendfache ansteigen. Was aber für dieses effiziente Freisetzen von Energie
verantwortlich ist, ist noch nicht genau bekannt.
Plasma mit einer so geringen Dichte, wie sie im interplanetaren Raum vorkommt,
kann in Laboratorien auf der Erde nicht nachgestellt werden. Die beste Art es zu
untersuchen, ist daher mittels Beobachtungen von Raumsonden in der Magnetosphäre
der Erde. Solche Beobachtungen werden von der ESA-Mission Cluster
durchgeführt, die im Jahr 2000 gestartet wurde und aus einer Gruppe von vier
Satelliten besteht.
An Bord dieser Satelliten befindet sich das Spektrometer RAPID, das unter
Beteiligung des MPS entwickelt und gebaut wurde. Das RAPID Instrument ist ein
Teilchendetektor, der es ermöglicht, verschiedene Ionen zu unterscheiden. Anhand
dieser Daten werden die Wissenschaftler untersuchen, wie die
Plasma-Zusammensetzung und die Verteilung der Partikelströme das Auftreten von
explosiven Energiefreisetzungen beeinflussen.
"Das MPS bietet uns die einzigartige Möglichkeit, direkt mit Daten von RAPID zu
arbeiten", erklärt Projektleiterin Elena Kronberg. Die Arbeit an den
Beobachtungsdaten wird dann durch theoretische Berechnungen ergänzt. Dabei kommt
die Erfahrung der anderen Gruppenleiterinnen - Dr. Liudmyla Kozak vom Space
Research Institute in der Ukraine und Dr. Elena Grigorenko vom
Weltraumforschungsinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften - ins
Spiel.
"Wegen der turbulenten politischen Situation war es nicht einfach, dieses
Projekt zum Leben zu erwecken", sagt Kronberg, die als Wissenschaftlerin am MPS
arbeitet. "Aber das Bewältigen von Schwierigkeiten und das gemeinsame Interesse
an der Plasmaphysik helfen uns, einander besser zu verstehen und neue
wissenschaftliche Ideen auszuarbeiten", fügt sie hinzu.
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