Marsmonde durch Kollision entstanden?
von Stefan Deiters astronews.com
6. Juli 2016
Unser Nachbarplanet Mars wird von den kleinen Monden Phobos
und Deimos umrundet. Die meisten Astronomen halten sie für eingefangene
Asteroiden. Doch alle Eigenschaften der Monde lassen sich mit dieser Theorie
nicht erklären. Eine neue Studie befasst sich mit der These, dass auch beim Mars
ein gewaltiger Einschlag für die Entstehung der Monde verantwortlich gewesen
ist.
Die beiden Marsmonde Phobos (oben) und Deimos
aufgenommen mit der Kamera des Marsrovers
Curiosity.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Malin Space
Science Systems / Texas A&M Univ. |
Von den Gesteinsplaneten im inneren Sonnensystem verfügen nur die Erde und der
Mars über Monde - und diese könnten unterschiedlicher nicht sein: Während unsere
Heimatwelt von einem einzigen großen Mond umrundet wird, kreisen um den Roten
Planeten zwei winzige Brocken, die Monde Phobos und Deimos. Viele Astronomen
halten diese Monde daher für Asteroiden, die vom Mars vor langer Zeit einmal
eingefangen wurden.
Allerdings lassen sich mit dieser "Einfangtheorie" nicht alle Eigenschaften der
beiden Marsmonde erklären. So umrunden sie den Planeten in dessen Äquatorebene
und auf vergleichsweise kreisförmigen Bahnen. Dies unterscheidet sie deutlich
von anderen "eingefangenen Monden", wie man sie etwa um die Gasplaneten Jupiter
und Saturn kennt.
Auf der Nordhalbkugel des Mars befindet sich das Nordpolarbecken, das manche für
einen gewaltigen Einschlagkrater halten. Ein internationales Wissenschaftlerteam
hat sich daher mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen ein Einschlag, der
zu einem so riesigen Krater geführt hat, in Bezug auf die Entstehung möglicher
Monde gehabt haben könnte. Auch der Erdmond ist, so die allgemein akzeptierte
Theorie, infolge des Einschlags eines etwa marsgroßen Protoplaneten auf die noch
junge Erde entstanden.
Die Forscher führten detaillierte Simulationen des Einschlags durch, der für die
Entstehung des Nordpolarbeckens verantwortlich gewesen sein könnte. Dabei, so
ergaben die Modellrechnungen, wurden große Mengen an Material in einen Marsorbit
geschleudert, so dass eine Scheibe aus Trümmerteilen um den Planeten entstand.
Bei Simulationen der Entwicklung dieser Scheibe stellte sich dann heraus, dass
sich aus dem Material zunächst ein großer Mond gebildet hat, dessen Masse rund
1000 Mal größer war, als die von Phobos. Dieser Mond sorgte durch seinen
Einfluss auch dafür, dass zwei weitere kleinere Monde entstehen konnten.
Der große Mond hatte allerdings keinen stabilen Orbit um den Roten Planeten,
sondern verlor im Laufe der Zeit an Höhe und zerbrach oder stürzte auf den Mars.
Zurück blieben zwei kleine Monde, nämlich Phobos und Deimos. Würde sich zunächst
kein großer Mond bilden, wären in der Scheibe fünf bis zehn kleinere Monde
entstanden, was mit dem heutigen Bild des Marssystems nicht übereinstimmen
würde.
Entscheidend für das Schicksal des großen Mondes waren die genauen Umstände des
Einschlags, etwa das Verhältnis der Masse des kollidierenden Objekts im
Vergleich zur Masse des Planeten. Dies ist auch der Grund dafür, warum dieser
große Mond des Mars heute nicht mehr existiert, der Erdmond aber schon. Wenn die
Theorie stimmt, müssten Phobos und Deimos Materie vom Mars enthalten. Dies ließe
sich etwa mit einer Probenrückholmission feststellen.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Nature Geoscience erschienen ist.
|