Tiefster Infrarotblick ins Universum
von Stefan Deiters astronews.com
1. Juli 2016
Astronomen haben eine neue tiefe Infrarotaufnahme
vorgestellt, die einen Bereich mit dem vierfachen Durchmesser des Vollmonds
zeigt und auf der über 250.000 Galaxien zu sehen sind - die meisten davon in
sehr großer Entfernung. Zum Erstellen der Ansicht wurde der gleiche Bereich des
Himmels mehr als 1000 Stunden mit einem Teleskop auf Hawaii anvisiert.
Ein Ausschnitt aus dem jetzt vorgestellten
Ultra-Deep Survey. Auf dem Gesamtbild sind mehr
als 250.000 Galaxien auszumachen.
Bild: Omar Almaini, University of Nottingham [Großansicht] |
Astronomen der University of Nottingham haben anlässlich des National Astronomy Meeting der britischen
Royal Astronomical Society den tiefsten
Infrarotblick auf einen vergleichsweise großen Bereich des Himmels vorgestellt.
Das Bild ist Resultat des Projekts Ultra-Deep Survey (UDS), in dessen Rahmen
eine Region mit der vierfachen Größe des Vollmonds in bislang unerreichter Tiefe
im Infraroten beobachtet wurde.
Auf der Aufnahme sind über 250.000 Galaxien auszumachen, darunter mehrere
hundert Galaxien, die wir - aufgrund ihrer Entfernung - innerhalb der ersten
eine Milliarde Jahre nach dem Urknall sehen. Ein Studium dieser Galaxien liefert den
Astronomen somit Anhaltspunkte für die Entwicklung der Systeme im jungen
Universum.
Die Veröffentlichung der letzten Bilder des Ultra-Deep Survey stellt den
Höhepunkt eines Projekts dar, mit dem die Astronomen seit 2005 beschäftigt sind.
Sie hatten den kleinen Bereich am Himmel mehr als 1000 Stunden lang mit dem
United Kingdom Infrared Telescope (UKIRT) auf Hawaii beobachtet. Besonders für
Studien des jungen Universums sind Beobachtungen im Infraroten von großer
Bedeutung, da das Licht entfernter Galaxien durch die Expansion des Universums
in Richtung längerer, also roter Wellenlängen verschoben wird.
"Mit dem UDS können wir eine große Zahl sehr entfernter Galaxien beobachten
und verfolgen, wie sie sich in verschiedenen Phasen der Geschichte des
Universums entwickelt haben", erläutert Omar Almaini, Professor für Astrophysik
an der University of Nottingham, der das Projekt leitete. "Wir sehen die meisten
Galaxien auf unserem Bild so, wie sie vor Milliarden von Jahren vor Entstehung
der Erde aussahen." Der UDS ist die tiefste Durchmusterung von fünf Projekten,
die zusammen als UKIRT Infrared Deep Sky Survey bekannt sind.
"Hier in Nottingham versuchen wir zu verstehen, wie sich Galaxien entwickelt
haben und schließlich die Vielfalt entstanden ist, die wir heute sehen",
erläutert Dr. David Maltby von der University of Nottingham. "So verstehen wir
beispielsweise noch immer nicht, warum die massereichsten Galaxien in der Regel eine
elliptische Form haben, während masseärmere Systeme eher scheibenförmig sind.
Durch den Blick zurück ins frühe Universum können wir diese Galaxien in ihrer
Kindheit beobachten und verfolgen, wie sie sich über viele Milliarden Jahre
verändern und entwickeln."
Das United Kingdom Infrared Telescope ist mit einem Spiegeldurchmesser von
3,8 Metern das zweitgrößte Teleskop der Welt, das ausschließlich für
Beobachtungen im Infraroten ausgelegt ist. Es befindet sich auf dem Gipfel des
Mauna Kea auf Hawaii. Es gehört inzwischen der University of Hawaii.
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