Mehr heiße Jupiter in Sternhaufen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
21. Juni 2016
In Messier 67 gibt es offenbar deutlich mehr Gasriesen auf
besonders engen Umlaufbahnen um ihren Zentralstern als gedacht. Das ergab jetzt
eine gründliche Untersuchung des Sternhaufens. Den Überschuss dieser sogenannten
heißen Jupiter erklären sich die Astronomen durch die dichtere Umgebung in dem
Sternhaufen, die für zahlreiche Wechselwirkungen zwischen Planeten und Sternen
sorgt.
So stellt sich ein Künstler einen heißen
Jupiter um einen Stern des Sternhaufens Messier
67 vor.
Bild: ESO / L.
Calçada [Großansicht] |
Ein internationales Astronomenteam hat herausgefunden, dass es deutlich mehr
"heiße Jupiter" im Sternhaufen Messier 67 gibt, als bisher angenommen. Zu diesem
überraschenden Ergebnis kamen die Astronomen mit Hilfe langjähriger
Beobachtungen mehrerer Teleskope und Instrumente, das zur Entdeckung dreier
Riesenplaneten führte. Durch die dichtere Umgebung in einem Sternhaufen finden
häufiger Wechselwirkungen zwischen Planeten und nahen Sternen statt, was die
ungewöhnlich hohe Zahl an heißen Jupitern erklären könnte.
Das internationales Team unter der Leitung von Roberto Saglia vom
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching und Luca Pasquini
von der ESO, hat mehrere Jahre damit verbracht, Hochpräzisionsmessungen von 88
Sternen in Messier 67 zu sammeln. Dieser offene Sternhaufen hat in etwas
dasselbe Alter wie die Sonne.
Mit HARPS am 3,6-Meter-Teleskop der ESO in La Silla sowie dem High
Resolution Spectrograph am Hobby-Eberly Telescope in Texas suchte das Team
nach Spuren von Riesenplaneten mit kurzer Umlaufdauer, den sogenannten heißen
Jupitern, in der Hoffnung das verräterische Taumeln eines Sterns zu sehen, das
durch die Anwesenheit eines massereichen Objekts in einer nahen Umlaufbahn
verursacht wird. Drei Sterne im Sternhaufen zeigten genau diese Anzeichen für
einen Planet vom Typ "heißer Jupiter"; daneben gibt es bereits Hinweise auf
mehrere weitere Planeten.
Ein heißer Jupiter ist ein sehr großer Exoplanet, der eine Masse von mehr als
etwa einem Drittel der Jupitermasse besitzt. Sie sind "heiß", da sie ihren
Mutterstern sehr nah und mit einer kurzen Umlaufdauer umkreisen, ihr "Jahr" hat
typischerweise weniger als zehn Tage. Ein großer Unterschied zu dem Jupiter, den
wir aus unserem Sonnensystem kennen: ein Jupiterjahr beträgt etwa zwölf Erdjahre
und auf Jupiter ist es deutlich kälter als auf der Erde.
"Wir verwenden einen offenen Sternhaufen als Laboratorium, um die Eigenschaften
von Exoplaneten und die Theorien zur Planetenentstehung zu untersuchen",
erläutert Saglia. "Hier haben wir nicht nur viele Sterne, die möglicherweise
einen Planeten beherbergen, sondern auch die dichte Umgebung, in der sie sich
gebildet haben müssen."
Der offene Sternhaufen Messier 67 im Sternbild Krebs ist der nächste, alte
offene Sternhaufen. Es gab bereits eine Reihe von Beobachtungen, um die
Sternentwicklung zu untersuchen. Die jetzige Analyse ergab, dass heiße Jupiter
um Sterne in Messier 67 häufiger vorkommen, als es für Sterne außerhalb eines
Sternhaufens der Fall ist. "Dies ist wirklich ein verblüffendes Ergebnis",
staunt Anna Brucalassi, die für die Auswertung verantwortlich war. "Die neuen
Ergebnisse bedeuten, dass ungefähr fünf Prozent der in Messier 67 untersuchten
Sterne von einem heißen Jupiter umkreist werden - deutlich mehr als in
vergleichbaren Studien von Sternen, die nicht Teil eines Sternhaufens sind. Hier
beträgt die Rate eher ein Prozent."
Astronomen gehen davon aus, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass
diese exotischen Riesen tatsächlich dort entstanden sind, wo wir sie heute
finden; die Bedingungen in einer so geringen Entfernung zum Mutterstern wären
für die Entstehung von jupiterähnlichen Planeten nicht geeignet gewesen. Man
nimmt eher an, dass sie weiter außen entstanden sind, wie es auch bei Jupiter
vermutlich der Fall war, und dann mit der Zeit weiter nach innen in Richtung
ihres Muttersterns gewandert sind.
Die einst kalten, weit entfernten Riesenplaneten sind nun um einiges heißer.
Dies wirft die Frage auf nach der Ursache, warum sie nach innen in Richtung des
Sterns gewandert sind. Für diese Frage gibt es eine Reihe möglicher Antworten,
doch die Wissenschaftler schlussfolgern, dass es sich hierbei um die
Auswirkungen naher Begegnungen mit benachbarten Sternen oder sogar mit Planeten
in benachbarten Sonnensystemen handelt und dass das unmittelbare Umfeld um ein
Sonnensystem einen bedeutenden Einfluss darauf haben kann, wie es sich
entwickelt.
In einem Sternhaufen wie Messier 67, in dem sich die Sterne untereinander
deutlich näher sind als im Durchschnitt, sind solche Begegnungen um einiges
häufiger. Dies würde erklären, warum dort mehr heiße Jupiter gefunden wurden.
Außerdem sollten in einem derartigen Szenario die heißen Jupiter exzentrische
Orbits aufweisen aufgrund der Wechselwirkung mit nahen Sternen – für die drei
Planeten, die in Messier 67 gefunden wurden, ist genau das der Fall. "Noch vor
wenigen Jahren war kein einziger heißer Jupiter in einem offenen Sternhaufen
bekannt. In nur drei Jahren hat sich das Denkmuster komplett gewandelt - von
einem absoluten Fehlen hin zu einem Überschuss solcher Planeten!", so Pasquini.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheint.
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