Kurzschluss von Magnetfeldlinien beobachtet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
11. Mai 2016
Wissenschaftlern ist es gelungen, den Kurzschluss von
Magnetfeldlinien auf der Sonne zu beobachten. Bei diesem Rekonnexion genannten
Phänomen werden große Mengen an Energie frei, so dass es bei der Aufheizung der
oberen Schichten der Sonnenatmosphäre eine wichtige Rolle spielt. Die
Beobachtungen bestätigten die bisherigen theoretischen Überlegungen.
Hohe Temperaturen (dargestellt durch rote und
gelbe Farben) im x-förmigen Bereich in dem die
Rekonnexion stattfindet. Die gestrichelten
beziehungsweise gepunkteten Linien zeigen den
Verlauf der magnetischen Feldlinien und
definieren die charakteristische X-Form.
Bild: Key Laboratory of Solar Activity / NAO,
Chinese Academy of Sciences [Großansicht] |
Vereinen sich zwei Magnetfeldlinien zu einer neuen, die das Magnetfeld quasi
"kurzschließt", so spricht man von magnetischer Rekonnexion. Diese Ereignisse
setzen enorme Mengen von Energie frei und spielen auf der Sonne, wo sie häufig
vorkommen, eine wichtige Rolle bei der Aufheizung der oberen
Atmosphärenschichten.
Die direkte Beobachtung dieses Phänomens ist jedoch schwierig, denn die
Rekonnexion läuft sehr schnell ab. Zudem sind die Strukturen, die es dabei in
der Sonnenatmosphäre zu beobachten gilt, sehr klein. Einem internationalen
Forscherteam mit Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung
(MPS) ist es nun erstmals gelungen, einen solchen Kurzschluss direkt und im
Detail zu beobachten. Mit ihren Ergebnissen konnte das Team theoretische
Berechnungen bestätigen.
Überall im Universum spielen Magnetfelder eine entscheidende Rolle, sei es
bei der Entstehung der ersten Strukturen im frühen Universum, bei der
Sternentstehung oder bei den Aktivitätszyklen der Sonne und anderer Sterne. Oft
stellt man sich Magnetfeldlinien wie Fäden vor, die zwei Pole mit entgegen
gesetzter Polarität verbinden. Anders als Fäden können sich die realen
Feldlinien aber lösen und neu verbinden und so die Struktur des Magnetfeldes
völlig umbauen. Dieses Phänomen nennt man magnetische Rekonnexion.
Dabei werden große Mengen magnetischer Energie in andere Formen von Energie
umgewandelt, zum Beispiel in Bewegungsenergie, wenn Teilchen beschleunigt werden
oder in thermische Energie, wenn das umliegende Plasma aufgeheizt wird. Mittels
theoretischer Berechnungen wurde vorhergesagt, wie eine Rekonnexion im Detail
ablaufen müsste, eine Bestätigung dieser Theorien durch Beobachtungsdaten
gestaltet sich aber äußerst schwierig.
Nun gelang erstmals eine direkte Beobachtung. Durch das Freisetzen von
Energie stellt magnetische Rekonnexion einen der wichtigsten Mechanismen dar,
der die äußerste Schicht der Sonnenatmosphäre, die sogenannte Korona, aufheizt.
Diese ist mit ihren eine Million Grad wesentlich heißer als die darunter
liegenden Schichten, und die Ursachen dafür sind noch nicht vollständig
verstanden. Mit bloßem Auge ist die Korona nur während einer totalen
Sonnenfinsternis sichtbar.
Im ultravioletten Licht lässt sie sich mit geeigneten Instrumenten dagegen
ständig beobachten, zum Beispiel mit dem Instrument Atmospheric Imaging
Assembly (AIA) an Bord des Forschungssatelliten Solar Dynamics
Observatory (SDO). Bilder dieses Satelliten, sowie zeitgleich durchgeführte
Magnetfeldmessungen mit dem Instrument Helioseismic and Magnetic Imager
(HMI) - ebenfalls an Bord von SDO - haben die Forscher für ihre Studie nun
ausgewertet und entdeckten dabei eine besonders wichtige Variante der
Rekonnexion, eine sogenannte X-Typ Rekonnexion. Bei dieser bereits theoretisch
vorhergesagten Variante sind die Feldlinien für kurze Zeit in Form eines X
angeordnet.
"Wir sehen hier ein Musterbeispiel für eine X-Typ Rekonnexion mit allen
Details, die die Theorie vorhergesagt hat" schwärmt Prof. Hardi Peter vom MPS. Er
war an der Auswertung der Daten beteiligt und setzte sie in Bezug zu den
Berechnungen. Besonders beeindrucken ihn die deutlich sichtbaren Plasmoiden. So
nennt man Taschen, die durch das Magnetfeld von der Umgebung isoliert sind: "Die
Magnetfeldlinien nehmen die Form eines X mit einem verlängertem Balken im
Schnittpunkt an. Dort sieht man kleine Inseln aus Magnetfeldern, in denen eine
höhere Temperatur herrscht, genau wie von der Theorie vorhergesagt!"
Zwar hatten Beobachter schon nach diesen rundlichen Regionen mit erhöhter
Temperatur Ausschau gehalten, Hinweise darauf wurden aber nur selten gefunden,
vor allem nicht in solcher Klarheit wie in dieser Studie. Mit dieser Beobachtung
hat sich nun bestätigt, dass heiße Plasmoide bei magnetischen Kurzschlüssen in
der Sonnenatmosphäre eine wichtige Rolle spielen. Damit eröffnen sich neue
Aspekte bei der Interpretation auch anderer Phänomene auf der Sonne. So
unterstützen diese Ergebnisse die Theorien, nach denen spektroskopische
Signaturen in kleinsten, nicht aufgelösten Strukturen ebenfalls von Plasmoiden
herrühren könnten.
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in der
Zeitschrift Nature Physics.
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