Keine Chance in großer Nähe zum Stern
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
19. April 2016
Führt die Strahlung eines Sterns tatsächlich dazu, dass
Supererden in zu großer Nähe ihre Atmosphäre verlieren? Bislang ließ sich diese
Vermutung nicht mit Daten beweisen. Nun haben Astronomen Beobachtungen des
Weltraumteleskops Kepler genutzt, um gezielt die Bedingungen in
Sternsystemen zu untersuchen, in denen es eine Supererde gibt.
Die Supererde HD 85512 in rund 35
Lichtjahren Entfernung (künstlerische
Darstellung).
Bild:
ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Planeten, die zu den sogenannten Supererden zählen, verlieren ihre Atmosphäre,
wenn sie zu nahe um ihren Stern kreisen. Dies ist das Resultat eines
internationalen Forschungsprojekts, das von der Astronomin Dr. Mia Lundkvist
koordiniert wurde, die an der Landessternwarte Königstuhl des Zentrums für
Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) forscht.
Die Auswertung von Daten des NASA-Satelliten Kepler ergab, dass die vom
Stern ausgehende Strahlung den Atmosphärenverlust bewirkt: Die Atmosphäre wird
gewissermaßen in den Weltraum geblasen und lässt einen "entblößten" Planetenkern
zurück. Bei Supererden handelt es sich um extrasolare Planeten, die außerhalb
unseres Sonnensystems ferne Sterne umkreisen und zu den häufigsten Planeten in
der Milchstraße zählen.
Planeten bestehen in der Regel aus einem festen Kern und einer Atmosphäre. Für
Planeten mit einem gut 2,2- bis 3,8-fachen Radius der Erde, also sogenannte
Supererden, kann die Atmosphäre dabei einen Großteil des Volumens ausmachen,
ähnlich wie bei Neptun. Sollten diese Planeten allerdings einer zu intensiven
Strahlung durch ihren Stern ausgesetzt sein, können Teile oder sogar ihre
komplette Gashülle in den Weltraum entweichen. Im Extremfall bleibt nur noch der
feste kleine Kern des Planeten zurück, so dass dieser viel kleiner erscheint als
zuvor.
Diese Situation scheint vor allem bei einer Strahlungsintensität einzutreten,
die das 650-Fache der Strahlung übertrifft, die die Erde von der Sonne erhält.
"Es gab bereits vor längerer Zeit die theoretische Vorhersage dieses Phänomens.
Unsere Ergebnisse belegen, dass dies in der Tat der Fall ist", betont Lundkvist.
Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler zunächst die Größe der Sterne,
ihre Helligkeit und den Abstand der Planeten zu ihrem jeweiligen Stern gemessen.
Daraus konnte die Strahlungsintensität in der Umlaufbahn des Planeten berechnet
werden.
Um die notwendige Messgenauigkeit zu erreichen, hat das Heidelberger Team Daten
des NASA-Satelliten Kepler ausgewertet. Der Satellit hatte die
Planetensysteme ursprünglich entdeckt und das Licht der Sterne vier Jahre lang
mit sehr hoher Genauigkeit aufgezeichnet. Mit diesen Daten konnten die
Astronomen sogenannte Sternenbeben messen, die sich durch kleinste
Helligkeitsveränderungen der Sterne verraten. Daraus berechneten sie die
Struktur, Größe und Helligkeit der jeweiligen Sterne.
"Unser Team hat mit den Methoden der Asteroseismologie die Menge der auf einen
Planeten einfallenden Strahlung sehr gut bestimmen können. Das ist ein
Meilenstein, um die Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen besser zu
verstehen", erläutert Lundkvist. Gezeigt werden konnte dabei auch, dass es keine
Supererden gibt, die sehr nahe um ihren Stern kreisen.
"Es ist hier wieder deutlich zu sehen, dass man Planeten nur dann wirklich
charakterisieren kann, wenn man auch die dazugehörigen Sterne untersucht",
ergänzt Saskia Hekker vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, die
auch an der Studie beteiligt war. Der Heidelberger Forschungsgruppe gehören
insgesamt 29 Astronominnen und Astronomen an. Ein Großteil von ihnen arbeitet am
astrophysikalischen Forschungszentrum der Universität im dänischen Aarhus.
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Communications
erschienen ist.
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