Schneller Doppelstern gibt Rätsel auf
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Erlangen-Nürnberg astronews.com
13. April 2016
Sterne, die mit hoher Geschwindigkeit durch die Milchstraße
rasen, kennt man einige. Der Stern PB 3877 ist allerdings eine Besonderheit: Bei
ihm handelt es sich nämlich um einen Doppelstern. Nun rätseln die Astronomen,
wodurch er auf eine so hohe Geschwindigkeit beschleunigt worden sein könnte. Sie
vermuten, dass es sich um einen Eindringling aus einer anderen Galaxie handelt.
PB 3877 ist ein hyperschneller
Doppelstern, der durch die Außenbezirke unserer
Galaxis rast. Die Grafik zeigt seine aktuelle
Position im Bezug zu unserer Sonne.
Bild:
Thorsten Brand [Großansicht] |
Mit einer Geschwindigkeit von rund zwei Millionen Kilometern pro Stunde rast PB
3877 durch die Außenbezirke unserer Galaxis – schnell genug, um womöglich die
Anziehungskraft der ganzen Milchstraße zu überwinden und diese zu verlassen.
Damit gehört er zu den hyperschnellen Sternen, von denen die Wissenschaft heute
rund zwei Dutzend kennt.
Das Bemerkenswerte an PB3877 ist jedoch nicht seine Geschwindigkeit, sondern
dass es sich um einen Doppelstern handelt, während alle bisher bekannten
hyperschnellen Sterne Einzelgänger sind. Genau diese Erkenntnis wirft Fragen
unter den Wissenschaftlern auf. "Wir können uns keinen Mechanismus vorstellen,
der es ermöglicht, ein Doppelsternsystem auf eine so hohe Geschwindigkeit zu
beschleunigen ohne es dabei zu zerstören", erklärt Astronom Dr. Peter Nemeth von
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Bisher ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass das massereiche Schwarze
Loch im Zentrum der Milchstraße der Motor sei, der Sterne auf so hohe
Geschwindigkeiten beschleunigt. Nähert sich jedoch ein Doppelstern dem Schwarzen
Loch, reißen ihn die dort wirkenden Kräfte auseinander, so die allgemeine
Annahme: Ein Stern wird ins Schwarze Loch gesogen, während sein Begleiter in die
Weiten des Universums geschleudert wird.
Auch Berechnungen der Flugbahn des Sterns, die Doktorandin Eva Ziegerer
angestellt hat, widersprechen dieser These. "Sehr wahrscheinlich ist PB 3877 in
der Vergangenheit nie auch nur in die Nähe des galaktischen Zentrums gekommen",
sagt sie. Andere Beschleunigungsszenarien wie die Kollision von Sternen oder die
Explosion einer Supernova schließen die Wissenschaftler ebenso aus, denn die
würden das Sternenpaar auseinanderreißen.
Deshalb vermuten die Forscher um Nemeth, dass PB 3877 ein Eindringling aus einer
anderen Galaxie sein könnte. "In den Randgebieten der Galaxis befinden sich
viele Sternströme, die vermutlich Überreste von Zwerggalaxien sind", sagt
Nemeth. Von dort könnte der Doppelstern, allmählich beschleunigt, seinen Weg in
unsere Galaxis gefunden haben.
Die Datenlage erlaubt es nicht, PB 3877 einem dieser Sternströme eindeutig
zuzuordnen. Daher bleibt der Ursprung des Doppelsterns weiter unklar – und auch
dessen Zukunft. Doch gerade diese könnte den Wissenschaftlern spannende neue
Erkenntnisse über die Natur der Milchstraße liefern. Denn ob der Doppelstern
diese verlässt, hängt von der Masse der Dunklen Materie in unserer Galaxis ab.
"So geben uns die hyperschnellen Sterne die Möglichkeit, der Dunklen Materie im
Universum auf die Spur zu kommen", sagt Nemeth.
Über ihre Untersuchung berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal Letters.
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