Blick in den Fornax-Galaxienhaufen
von Stefan Deiters astronews.com
13. April 2016
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme des Zentralbereichs des Fornax-Galaxienhaufens veröffentlicht, einer
gewaltigen Ansammlung von Galaxien im südlichen Sternbild Chemischer Ofen. In
dem Haufen finden sich die verschiedenartigsten Galaxien und manche bergen ein
Geheimnis, das auf den ersten Blick kaum zu erkennen ist.
Galaxien sind in den seltensten Fällen Einzelgänger: Die meisten befinden
sich in Haufen oder Gruppen und verdanken ihr aktuelles Erscheinungsbild oft
den Wechselwirkungen mit ihren Nachbarn. Auch unsere Milchstraße ist Teil einer
Galaxiengruppe, der "Lokalen Gruppe". Galaxienhaufen können aus bis zu über
tausend Galaxien bestehen, die alle durch ihre gegenseitige Anziehungskraft
zusammengehalten werden. Sie haben Durchmesser von etwa fünf bis 30 Millionen
Lichtjahren. Zudem enthalten sie große Mengen an Dunkler Materie.
Im Fornax-Galaxienhaufen, dessen Zentrum rund 65 Millionen Lichtjahre von der
Erde entfernt im südlichen Sternbild Chemischer Ofen liegt, gibt es rund
60 größere Galaxien und eine ähnliche Anzahl von kleineren Zwerggalaxien.
Galaxienhaufen wie Fornax gehören praktisch zum "Standardinventar" im
Universum
und verdeutlichen eindrucksvoll, wie die Gravitation unzählige Objekte auch
über große Entfernungen zusammenhalten kann.
Im Zentrum von Fornax befindet sich die
Galaxie NGC 1399. Auf dem Bild ist das der mittlere der drei hellen, etwas
verschwommenen Flecken auf der linken Seite. Es handelt sich um einen speziellen Typ einer elliptischen
Riesengalaxie, die vor allem durch seine Größe und einen diffusen ausgedehnten
Halo auffällt. Grund dafür ist, dass diese Systeme durch das Verschlucken kleinerer Galaxien
gewachsen sind.
Tatsächlich scheint NGC 1399 auch heute noch eine andere Galaxie zu
kannibalisieren: So konnten Astronomen feststellen, dass es zwischen dieser
Galaxie und der auf dem Bild rechts von ihr gelegenen kleineren Galaxie NGC 1387
eine Verbindung gibt, die auf dieser Ansicht allerdings nicht zu
erkennen ist. Sie scheint aus Sternen zu bestehen, die sich aus Gas gebildet
haben, das von NGC 1399 aus NGC 1387 abgezogen wurde.
Im unteren rechten Bereich des Bildes ist die spektakuläre Galaxie NGC 1365
zu sehen. Sie ist ein Prototyp für eine Balkenspiralgalaxie mit einem deutlich
erkennbaren Balken durch den Zentralbereich der Galaxie, von dessen Ende dann
die Spiralarme ausgehen. Allerdings birgt auch NGC 1365 ein Geheimnis: Sie ist
als Seyfertgalaxie klassifiziert, hat also einen aktiven Galaxienkern. Darunter
verstehen Astronomen ein supermassereiches Schwarzes Loch, das gerade große
Mengen an Material verschlingt.
Die Daten für diese Aufnahme wurden mit der OmegaCAM gewonnen, die am
VLT
Survey Telescope (VST) der europäischen Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des
Paranal in Chile montiert ist. Das VST ist ein 2,6-Meter-Teleskop mit aktiver Optik, die während der
Beobachtungen für eine perfekte Positionierung des Spiegels sorgt. Auch die
Luftunruhe der Atmosphäre kann mit der modernen Optik praktisch herausgefiltert
werden. Im Herzen des Teleskops befindet sich die 770 Kilogramm schwere
OmegaCAM, die aus 32 CCD-Detektoren besteht, mit denen sich zusammen Bilder
mit einer Auflösung von 268 Megapixel erstellen lassen.
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