Wissenschaftliche Mission hat begonnen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
8. März 2016
Seit einer Woche läuft die wissenschaftliche Phase der
Mission der ESA-Sonde LISA Pathfinder. Zuvor war die Funktion der Sonde
und der Experimente an Bord ausführlich überprüft worden. Mit LISA Pathfinder
sollen Technologien getestet werden, die für ein weltraumgestütztes
Gravitationswellenobservatorium benötigt werden.
Die wissenschaftliche Mission der ESA-Sonde
LISA Pathfinder
soll neue
Technologien für
ein
Gravitationswellenobservatorium
im All testen.
Bild:
ESA/ATG medialab [Großansicht] |
Nach erfolgreichem Abschuss einer langen Reihe von Tests des Satelliten und der
Nutzlast hat die ESA-Mission LISA Pathfinder ihre wissenschaftliche
Missionsphase begonnen. Während der nächsten sechs Monate werden die
Missionswissenschaftler Hunderte Experimente durchführen, um den Weg für
zukünftige Weltraumobservatorien wie eLISA zu ebnen.
LISA Pathfinder ist eine Satellitenmission zur Technologiedemonstration
und befindet sich rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in Richtung
der Sonne. Dort haben Missionswissenschaftler nun ein Weltraumlaboratorium
"aufgebaut", um den perfekten freien Fall zweier würfelförmiger Testmassen zu
untersuchen. Das Team wird damit notwendige Technologien für zukünftige
Gravitationswellen-Observatorien im Weltraum testen.
"Wir stehen jetzt am Anfang der zweiten Woche von LISA Pathfinders
wissenschaftlicher Mission und sind absolut begeistert davon wie gut unsere
ersten Experimente gelaufen sind", freut sich Prof. Karsten Danzmann, Direktor
am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und Direktor des Instituts für
Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover, der zudem Co-Principal
Investigator des LISA Technology Package – des wissenschaftlichen
Herzstücks des Satelliten – ist. "Für die nächsten Wochen gibt es einen engen
Zeitplan von Experimenten, die wir auf dem Satelliten durchführen wollen. Damit
wollen wir letztendlich zeigen, dass wir ein großes
Gravitationswellen-Observatorium im All bauen können."
Einstein sagte Gravitationswellen aus seiner Allgemeinen Relativitätstheorie
vorher. Sie wurden vor kurzem – 100 Jahre nach der Vorhersage – erstmals von den
Advanced LIGO-Detektoren auf der Erde nachgewiesen. Observatorien im
Weltraum wie eLISA werden existierende Detektoren auf der Erde ergänzen, indem
sie niederfrequente Gravitationswellen messen, die sich auf der Erde nicht
nachweisen lassen.
Solche Observatorien nutzen Testmassen im perfekten freien Fall, die von allen
äußeren Kräften bis auf die Gravitation isoliert sind. Das Dehnen und Stauchen
der Raumzeit von durchlaufenden Gravitationswellen wird dabei durch die
dauerhafte Überwachung des Abstands der beiden frei fallenden Testmassen
gemessen. Diese werden sich in drei Satelliten im Abstand von Millionen von
Kilometern befinden. Laser werden die Abstände vermessen.
LISA Pathfinder enthält einen dieser sogenannten Laserarme, der auf 38
Zentimeter verkleinert wird, damit er in den Satelliten passt. Dort wird ein
Paar identischer Gold-Platin-Würfel in Vakuumkammern platziert.
Missionswissenschaftler stellen nun sicher, dass sich die Massen tatsächlich nur
unter dem Einfluss der Schwerkraft bewegen. Wissenschaftler des
Max-Planck-Instituts und der Leibniz Universität in Hannover leiteten und
überwachten die Konstruktion des präzisen optischen Messsystems, das dafür
genutzt wird.
Selbst im Weltraum, weit entfernt von allen Störeinflüssen, wirken verschiedene
innere und äußere Kräfte auf die Würfel ein. LISA Pathfinder überwacht
diese und nutzt Triebwerke mit minimalen Schubkräften, um den Satelliten stets
einem Würfel folgen zu lassen. Zusätzlich können beide Testmassen feinfühlig
mittels elektrostatischer Felder bewegt und kontrolliert werden.
Um zu verstehen wie verschiedene Kräfte auf die Testmassen wirken und deren
perfekten freien Fall stören, wird das Team diese Kräfte absichtlich auf die
Massen einwirken lassen und die Wirkung untersuchen. In einem dieser Experimente
werden die Wissenschaftler die Temperatur innerhalb der Vakuumkammern erhöhen
und die wenigen Restgasmoleküle erhitzen, um so zu messen, ob dies die Bewegung
der Würfel beeinflusst.
In ähnlichen Experimenten werden die Testmassen zunehmend stärkeren magnetischen
oder elektrischen Kräften ausgesetzt werden, um deren Einflüsse zu
charakterisieren. "Wir wollen nicht nur den Einfluss der bekannten Störkräfte
auf die Würfel minimieren, sondern auch die restlichen Effekte besser verstehen,
die im Rauschen versteckt sind", so Danzmann.
Die wissenschaftliche Missionsphase von LISA Pathfinder hat offiziell
am 1. März begonnen und wird sechs Monate dauern, davon 90 Tage für das LISA
Technology Package und 90 Tage für das Disturbance Reduction System,
ein zusätzliches Experiment des Jet Propulsion Laboratory der NASA.
Während der gesamten Betriebsdauer sind Wissenschaftler aus Hannover wichtige
Partner bei der Datenanalyse, die von zentraler Bedeutung bei der Gewinnung
entscheidender Informationen aus den Messdaten ist. Sie spielten zudem eine
führende Rolle bei der Entwicklung der verwendeten Software.
Das Institut hat einen Kontrollraum in Hannover eingerichtet, der zur
Unterstützung für den am europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in
Darmstadt und für eingehendere Untersuchungen dient. Weil eine unmittelbare
Datenanalyse für die Konfiguration nachfolgender Experimente erforderlich ist,
nehmen Forschende des Instituts zudem am Schichtbetrieb am ESOC teil.
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