Eine falsche Supernova mit Überraschung
von Stefan Deiters astronews.com
16. Februar 2016
Im Mai 2010 beobachtete ein südafrikanischer
Amateurastronom das plötzliche Aufleuchten eines Sterns in der nahegelegenen
Galaxie NGC 300. Zunächst dachte man an eine Supernova, doch dann stellte sich
heraus, dass ein Stern hier nur ein Supernova-Verhalten vorgetäuscht hatte. Neue
Beobachtungen ergaben nun, dass das Objekt aber wesentlich interessanter sein
könnte, als es zunächst schien.
Blick mit dem Weltraumteleskop Hubble auf den
"Supernova-Betrüger" SN 2010da (grüner Kreis) und
die Quelle der Röntgenstrahlung (weißes Kreuz).
Bild: Breanna Binder / NASA / Royal
Astronomical Society [Großansicht] |
Im Mai 2010 machte ein Amateurastronom aus Südafrika in der nahegelegenen
Galaxie NGC 300 eine interessante Entdeckung. Er registrierte das Aufleuchten
eines Sterns und hielt dies - wie viele Astronomen auch - zunächst für eine
Supernova, also das explosive Ende eines massereichen Sterns. Die vermeintliche
Supernova
erhielt die Bezeichnung SN 2010da.
"Die meisten Supernovae sind nur für kurze Zeit sichtbar", erläutert Breanna
Binder, die an der University of Washington forscht. "Nach einem Zeitraum von
einigen Wochen sind sie nicht mehr zu sehen." Nach der Explosion eines Sterns in
einer Supernova bleibt in der Regel ein Neutronenstern oder ein
Schwarzes Loch zurück. Beide wären von der Erde aus nicht so ohne Weiteres mehr zu beobachten. SN
2010da allerdings leuchtete deutlich länger am Himmel.
"SN 2010da ist etwas, was wir 'Supernova-Betrüger' nennen - ein Objekt,
das
ursprünglich aussieht wie eine Supernova, da es sehr viel Licht aussendet, sich
dann aber als massereicher Stern herausstellt, der aus irgendeinem Grund einen
gewaltigen Ausbruch hatte", erläutert Binder. Viele dieser "Betrüger" sind Teil
eines Doppelsternsystems, so dass Astronomen vermuten, dass der Ausbruch oft durch den Einfluss des Begleitsterns ausgelöst wird.
Bei SN 210da war somit schnell klar, dass es sich nicht um eine Supernova
handeln konnte. Als Binder aber im September 2010 das Objekt mit dem
NASA-Röntgenteleskop Chandra anvisierte, machte sie eine erstaunliche
Entdeckung: "SN 2010da sandte eine große Menge an Röntgenstrahlung aus und das
erwartet man von einem 'Supernova-Betrüger' nicht", so Binder.
Die Astronomin suchte nach einer Erklärung, hatte aber Schwierigkeiten, die
Stärke der beobachteten Röntgenstrahlung zu erklären. Diese sprach eigentlich
dafür, dass man es hier mit einem Neutronenstern zu tun haben muss. Das wäre
natürlich sehr ungewöhnlich, da man ja hier einen
"Supernova-Betrüger" und nicht die Überreste einer echten Supernova
vor sich hat.
2014 nun konnten Binder und ihre Kollegen SN 2010da erneut ins Visier nehmen.
Diesmal standen den Astronomen dazu nicht nur das Röntgenteleskop Chandra,
sondern auch das Weltraumteleskop Hubble zur Verfügung. Sie entdeckten so den
Stern, der sich als Supernova ausgegeben hatte und auch die mysteriöse
Röntgenstrahlung. Offenbar hatten sie es - wie bei "Supernova-Betrügern" üblich
- mit einem Doppelsternsystem zu tun. In diesem Fall könnte der Begleiter von SN
2010da aber kein normaler Stern, sondern ein Neutronenstern sein.
"Wenn der Begleiter des Sterns wirklich ein Neutronenstern ist, würde das
bedeuten, dass der Neutronenstern einst selbst ein sehr massereicher Stern
gewesen sein muss, der als Supernova explodiert ist", so Binder. "Die Tatsache,
dass diese Supernova nicht den anderen Stern, der etwa die 20- bis 25-fache
Masse der Sonne hat, ins All geschleudert hat, macht dieses System zu einem
äußerst seltenen Doppelsternsystem."
Da bei Himmelsdurchmusterungen aus den Jahren 2007 und 2008 keine
Röntgenstrahlung aus dieser Region festgestellt wurde, vermuten die Astronomen,
dass sie 2010 Zeuge wurden, wie erstmals Material des Riesensterns zum
Neutronenstern geflossen ist und der Neutronenstern praktisch "angeschaltet"
wurde. "Das würde bedeuten, dass dies ein wirklich seltenes System in einer sehr
frühen Phase seiner Entstehung ist", so Binder. "Wir können durch sein Studium
noch viel über die Entwicklung und das Ende massereicher Sterne
lernen."
Über ihre Beobachtungen berichten Binder und ihre Kollegen in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical
Society erschienen ist.
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