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XMM-NEWTON
Die großräumige Struktur des Alls
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Bonn
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18. Dezember 2015

Mithilfe des ESA-Röntgenteleskops XMM-Newton versuchen Astronomen gerade für zwei Bereiche am Himmel die großräumige Struktur des Universums zu erfassen, um so mehr über die geheimnisvolle Dunkle Energie und Dunkle Materie zu erfahren. Jetzt wurden erste Ergebnisse des Projekts vorgestellt. Danach scheint es weniger Galaxienhaufen zu geben, als man bislang vermutet hatte.

XXL South

Blick auf eine der beiden Beobachtungsregionen der XXL-Durchmusterung: das XXL-Feld South. Jeder der roten Kreise markiert einen Galaxienhaufen, der im Rahmen des Projekts entdeckt wurde. Oben links als Größenvergleich der Vollmond. Bild: ESA/XMM-Newton/XXL survey consortium  [Großansicht]

Ein internationales Konsortium von Astrophysikern vermisst momentan mit Hilfe des europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton die dreidimensionale Struktur des Universums. Das Projekt geht unter anderem der Frage nach, woraus die Dunkle Energie besteht. Diese ist, so die Vermutung der Wissenschaftler, dafür verantwortlich, dass sich das All immer schneller aufbläht.

Unser Universum ähnelt einem gigantischen Schwamm: Große Bereiche (die Löcher des Schwamms) sind frei von jeglicher Materie. Sie werden von fädigen Materie-Ansammlungen aus Galaxien und Gas umgrenzt. Diese bilden die Grundstruktur des Schwamms. Wo sich die Fäden kreuzen, befindet sich besonders viel Materie. Dort tummeln sich auf engem Raum Tausende von Galaxien. Astrophysiker sprechen von Galaxienhaufen oder -clustern.

Forscher aus allen Teilen der Welt sind im Moment damit beschäftigt, diese Struktur genauer zu vermessen. Denn sie verrät eine ganze Menge darüber, wie das Universum entstanden ist. Unter anderem hoffen die Wissenschaftler, einer rätselhaften Zutat des Alls auf die Schliche zu kommen, der Dunklen Energie.

Durch den Urknall wurde sämtliche Materie wie eine riesige Gaswolke im All verteilt – nahezu gleichmäßig, aber nicht völlig: An manchen Stellen war die Wolke etwas dichter als an anderen. Von diesen Stellen gingen daher etwas höhere Gravitationskräfte aus – sie zogen das Materiegas aus ihrer Umgebung zu sich heran. Mit der Zeit konzentrierte sich an diesen Kondensationspunkten daher mehr und mehr Materie. Der Raum zwischen ihnen wurde dagegen leerer und leerer. So entstand innerhalb von gut 13 Milliarden Jahren die Schwammstruktur, die wir heute sehen.

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An diesem Prozess war ein Akteur beteiligt, von dessen Existenz man erst seit gut vier Jahrzehnten weiß. Damals entdeckte man, dass Galaxien so schnell rotieren, dass sie eigentlich durch die Fliehkraft auseinandergerissen werden müssten. Eine unsichtbare Substanz – die Dunkle Materie – scheint mit ihrer Masseanziehung dafür zu sorgen, dass das nicht passiert. Rund 85 Prozent des Universums sollen aus dieser exotischen Materieform bestehen.

Dank ihr wirken im All deutlich höhere Gravitationskräfte; das beschleunigte auch die Bildung der Schwammstruktur. Seit dem Urknall expandiert das Universum immer weiter. Die dunkle Materie sollte eigentlich bewirken, dass dieser Prozess verlangsamt. Das tut sie aber nicht: Die Ausdehnung erfolgt stattdessen immer schneller. Verantwortlich dafür ist vermutlich die Dunkle Energie. Diese wirkt wie ein intergalaktisches Backpulver: Sie treibt das Universum trotz der starken Gravitationskräfte immer schneller auseinander.

Woraus die Dunkle Energie jedoch genau besteht, ist unbekannt. Das internationale Großprojekt soll einen Beitrag dazu liefern, diese Frage zu beantworten. Die Wissenschaftler nutzen dazu den ESA-Satelliten XMM-Newton, der Röntgenstrahlung detektieren kann. Das Gas in Galaxienhaufen emittiert Röntgenlicht; es lässt sich daher durch den Satelliten beobachten.

Rund 500 Cluster wollen die Forscher erfassen und vermessen. Einige von ihnen sind mehr als zehn Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Die Physiker hoffen so, für einen repräsentativen Ausschnitt des Universums seine dreidimensionale Struktur ermitteln zu können. Je genauer ihnen das gelingt, desto mehr können sie über die Kräfte sagen, die diese Struktur geformt haben: über die Masseanziehung der dunklen und sichtbaren Materie und über ihren geheimnisvollen Gegenspieler, die Dunkle Energie.

"Wir haben an der Universität Bonn die Röntgendaten aufbereitet", erklärt Dr. Florian Pacaud vom Argelander-Institut für Astronomie. "In der aktuellen Publikationsserie präsentieren wir einen Teil dieser Daten, etwa erste Analysen der 100 hellsten Galaxienhaufen." Dabei konnten die Wissenschaftler bereits eine Beobachtung bestätigen, die in den letzten Jahren die Fachwelt vor Rätsel gestellt hat: Es scheint erheblich weniger Galaxienhaufen zu geben, als eigentlich zu erwarten wäre.

Außerdem konnten die Forscher den Prozess der Strukturbildung direkt beobachten: Sie fanden in ihren Daten Hinweise auf sogenannte Supercluster. Das sind Galaxienhaufen, die sich durch ihre Gravitation gegenseitig beeinflussen. Irgendwann werden sie vermutlich zu einem großen Galaxienhaufen verschmelzen.

In dem Großprojekt, der XXL-Durchmusterung, kooperieren mehr als 100 Wissenschaftler rund um den Globus. Das Projekt wird von Dr. Marguerite Pierre vom CEA/Saclay-Institut in Frankreich geleitet. Die ersten Ergebnisse wurden jetzt in einer Artikelserie präsentiert, die in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheint. 

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siehe auch
XMM-Newton: Neuer Beobachtungsmodus, neue Entdeckungen - 7. Juni 2010
Links im WWW
Fachartikel zu XXL bei Astronomy & Astrophysics
Universität Bonn  
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