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ZENTRALES SCHWARZES LOCH
Das Magnetfeld am Ereignishorizont
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie
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4. Dezember 2015

Mithilfe des Event-Horizon-Teleskops, einer Zusammenschaltung mehrerer Radioteleskope, ist es einem Forscherteam nun gelungen, die Struktur des Magnetfelds in unmittelbarer Nähe des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße zu erfassen. Durch Zuschaltung weiterer Teleskope hoffen die Wissenschaftler auf noch detailliertere Ansichten der Region direkt am Ereignishorizont.

Schwarzes Loch

Künstlerische Darstellung des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße, umgeben von einer Akkretionsscheibe aus heißem Gas. Bild: M. Weiss / CfA [Großansicht]

Die meisten Menschen stellen sich Schwarze Löcher wie gewaltige Staubsauger vor, die alles verschlucken, was ihnen zu nahe kommt. Tatsächlich könnte man die supermassereichen Schwarzen Löcher, die in Zentren vieler Galaxien zu finden sind, eher als kosmische Kraftwerke betrachten, die die Energie des einfallenden Materials in intensive Strahlung umwandeln, die das Gesamtlicht aller umgebenden Sterne bei weitem übertrifft.

Die Rotation eines solchen Schwarzen Lochs erzeugt energiereiche Materiestrahlen oder Jets, die Tausende von Lichtjahren nach außen reichen und dabei die Galaxien komplett umformen können. Man vermutet, dass die zentralen kosmischen Kraftwerke in den Galaxien durch Magnetfelder angetrieben werden. Zum ersten Mal ist es nun gelungen, Magnetfelder direkt am Ereignishorizont des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße zu beobachten.

"Es ist sehr wichtig, dass wir die Funktionsweise dieser Magnetfelder verstehen. Niemandem sonst ist es bis jetzt gelungen, die Magnetfeldstruktur so nahe am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs abzubilden", sagt Michael Johnson vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA). "Die Existenz solcher Magnetfelder wurde seit langem vorhergesagt, aber keiner hat sie bis jetzt nachweisen können. Unsere Daten bilden ein solides Beobachtungsfundament zur Untermauerung von Jahrzehnten theoretischer Arbeit", ergänzt Shep Doeleman vom CfA, der Leiter des Forschungsprojekts.

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Der Nachweis gelang mit dem Event-Horizon-Teleskop (EHT), einem globalen Netzwerk von Radioteleskopen, die miteinander verbunden ein gewaltiges Teleskop von fast Erdgröße darstellen. Je größer ein Teleskop, desto schärfer sind die damit gewonnenen Bilder; mit dem EHT wird die Auflösung von Strukturen von nur noch 15 Mikrobogensekunden möglich (eine Bogensekunde ist der 3600-ste Teil eines Grades, und 15 Mikrobogensekunden entsprechen der Größe eines Golfballs auf dem Mond).

Diese hohe Auflösung ist deswegen erforderlich, weil es sich bei Schwarzen Löchern um die kompaktesten Objekte im Universum handelt. Das zentrale Schwarze Loch in unserer Milchstraße trägt die Bezeichnung Sagittarius A*, kurz Sgr A*, und hat eine Masse, die etwa vier Millionen Mal größer ist, als die unserer Sonne. Seine "Grenze" (der sogenannte Ereignishorizont) ist jedoch kleiner als die Umlaufbahn von Merkur um die Sonne.

Da die Entfernung von Sgr A* zu uns rund 25.000 Lichtjahre beträgt, entspricht die scheinbare Ausdehnung des Ereignishorizonts gerade einmal 10 Mikrobogensekunden – das ist unglaublich wenig. Glücklicherweise führt die intensive Schwerkraft des Schwarzen Lochs zur Krümmung des Lichts und damit zur Vergrößerung des Ereignishorizonts auf rund 50 Mikrobogensekunden, die mit dem EHT leicht aufgelöst werden können.

Mit dem Event-Horizon-Teleskop werden Beobachtungen bei einer Wellenlänge von 1,3 mm durchgeführt. Das Forschungsteam konnte auch die lineare Polarisation der aufgenommenen Strahlung messen. Sonnenlicht wird beispielsweise durch Reflexion linear polarisiert. Das wird bei Sonnenbrillen ausgenutzt, bei denen die Polarisation der Gläser zu reduzierter Helligkeit und verminderter Blendung führt. Bei der Radioquelle Sgr A* wird polarisierte Strahlung durch die Spiralbewegung von Elektronen entlang von magnetischen Feldlinien erzeugt. Dadurch wird in der polarisierten Radiostrahlung die Struktur des Magnetfeldes abgebildet.

Sgr A* ist umgeben von einer Akkretionsscheibe aus Materie, die um das zentrale Schwarze Loch rotiert. Das Forschungsteam hat herausgefunden, dass die Magnetfelder in einigen Bereichen nahe der Zentralquelle eine sehr chaotische Struktur zeigen, mit verwirbelten Schleifen und Windungen in der Art von miteinander verflochtenen Spaghetti. Im Gegensatz dazu zeigen andere Bereiche eine eher reguläre Struktur, möglicherweise gerade in den Bereichen, in denen Materiestrahlen, sogenannte Jets, erzeugt werden. Darüber hinaus konnten Fluktuationen des Magnetfelds auf Zeitskalen von nur rund 15 Minuten nachgewiesen werden.

"Unsere Messungen zeigen, dass das Zentrum unserer Milchstraße ein viel dynamischerer Ort ist als wir uns das bis jetzt vorstellen konnten", so Johnson. "Die Magnetfelder tanzen förmlich über den gesamten Bereich."

Für die Beobachtungen wurden astronomische Einrichtungen an drei verschiedenen Orten eingesetzt: das Submillimeter-Array (SMA) und das James-Clerk-Maxwell-Teleskop (JCMT), beide auf dem Mauna Kea in Hawaii), das Submillimeter-Teleskop (SMT) auf dem Mtount Graham in Arizona, sowie das Combined Array for Research in Millimeter-wave Astronomy (CARMA) nahe Bishop in Kalifornien.

"Durch die weitere Zunahme von Daten wird das EHT-Projekt eine immer bessere Winkelauflösung erreichen, mit dem ultimativen Ziel der direkten Abbildung des Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs", sagt Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und Leiter der Forschungsabteilung "Radioastronomie/VLBI" am Institut, der auch an den Beobachtungen beteiligt war.

"Die Verbindung mit zusätzlichen großen Millimeter-Teleskopen wie den beiden IRAM-Teleskopen in Europa sowie ALMA und APEX in Chile wird die Abbildungsqualitäten des Systems nochmals steigern und es uns ermöglichen, Änderungen in der Polarisation zu beobachten, verursacht durch Materie, die um das Schwarze Loch wirbelt", ergänzt Thomas Krichbaum, ebenfalls vom MPIfR.

"Der einzige Weg, ein erdumspannendes Teleskop zu realisieren, ist der Aufbau eines globalen Wissenschaftlerteams, das gemeinsam an diesem Projekt arbeitet. Damit kommt unser EHT-Team der Lösung eines zentralen Paradoxons in der Astronomie einen Schritt näher: Warum sind die Schwarzen Löcher so hell?", so Doeleman.

Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Science.

Forum
Blick auf das Magnetfeld am Ereignishorizont des zentralen Schwarzen Lochs. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Event Horizon: Dem Ereignishorizont immer näher - 23. April 2015
Schwarze Löcher: Ereignishorizont im Visier - 18. Dezember 2013
VLBI: Detaillierter Blick ins Zentrum eines Quasars - 18. Juli 2012
VLBA: Jagd nach dem Schatten des Schwarzen Lochs - 7. November 2005
Milchstraße: Der Durchmesser des zentralen Schwarzen Lochs - 5. April 2004
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Max-Planck-Instituts für Radioastronomie   
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