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MILCHSTRASSE
Masse mithilfe von Sternstrom bestimmt
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Bonn
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22. April 2015

Unser Sonnensystem ist Teil der Milchstraße. Deswegen sollte sich diese Galaxie von der Erde aus eigentlich besonders gut erforschen lassen. Doch leider führt unsere Lage auch zu Problemen: So lässt sich die Masse der Milchstraße bislang nur sehr ungenau bestimmen. Nun haben Astronomen es mithilfe eines Sternstroms versucht - mit durchaus vielversprechendem Ergebnis.

Sternströme

Karte des nördlichen Sternenhimmels angefertigt mit Daten des Sloan Digital Sky Surveys: Palomar 5 ist der hellste der bisher entdeckten Ströme und diente nun als "Waage" für die Milchstraße. Bild: Ana Bonaca / Yale University mit Daten des Sloan Digital Sky Survey  [Großansicht]

Die meisten Menschen kennen ihr Körpergewicht exakt bis aufs Kilo und selbst das Gewicht des Kölner Doms kann man auf wenige Prozent genau bestimmen. Wenn es jedoch um die Masse der Milchstraße geht, versagten bisher alle Messmethoden. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Schätzungen liegen oft bei weit über 100 Prozent. Ein neues Verfahren könnte nun erheblich genauere Werte liefern. Beteiligt an dessen Entwicklung waren auch Wissenschaftlern der Universität Bonn.

Die Milchstraße besteht aus rund 100 Milliarden Sternen, die sich zum größten Teil - wie die Sonne - in der galaktischen Scheibe befinden. Da wir uns mitten in dieser Scheibe befinden, sehen wir unsere Galaxie als Band am Himmel. Diese einzigartige Perspektive erlaubt es Wissenschaftlern, die Milchstraße von innen zu erforschen.

Die fehlende Vogelperspektive auf unsere Galaxie macht es andererseits schwer, die Größe der Galaxie zu erfassen oder gar ihre Masse zu bestimmen. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Federführung des deutschen Astronomen Dr. Andreas Küpper von der Columbia University in New York entwickelte nun eine Methode, mit der die Milchstraße mit einer unerreichten Präzision vermessen werden kann. In ihrer Studie machten sich die Forscher Sternströme von Kugelsternhaufen zunutze, um die Milchstraße zu "wiegen" und die Position der Erde innerhalb der Galaxie neu zu bestimmen.

"Kugelsternhaufen sind Gruppen von Tausenden bis zu Millionen von Sternen, die gemeinsam entstanden sind, als das Universum noch sehr jung war. Sie umkreisen unsere Galaxie seit vielen Milliarden Jahren und lösen sich langsam auf. Dabei hinterlassen sie eine Spur am Himmel", erklärt Küpper. Diese Sternenströme seien relativ leicht am Sternenhimmel zu erkennen, weil sie eine höhere Dichte als ihre Umgebung haben und ähnlich wie ein Kondensstreifen am Wolkenhimmel deutlich herausstechen.

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Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Untersuchung Daten des Sloan Digital Sky Surveys, der zehn Jahre lang den Nordhimmel kartographiert hat. "Ähnlich wie vor 200 Jahren Friedrich Wilhelm Argelander die Astronomie mit seiner 'Bonner Durchmusterung' revolutioniert hat, eröffnen uns moderne Surveys völlig neue Möglichkeiten, unser Universum zu verstehen", so Teammitglied Pavel Kroupa, Professor am Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn.

Der Palomar-5-Sternstrom, den die Forscher verwendeten, um die Präzision ihrer Methode unter Beweis zu stellen, wurde bereits vor zehn Jahren zu Beginn des Surveys entdeckt. Mit den neuesten Daten des Surveys konnte der Strom nun so genau vermessen werden, dass die Forscher regelmäßige Dichteschwankungen entlang des Stroms entdecken konnten. Diese wurden 2010 von Küpper mithilfe von numerischen Simulationen vorhergesagt, als dieser seine Promotion bei Kroupa in Bonn anfertigte.

Küpper, der nun an der Columbia University in New York als Hubble Fellow forscht, erzeugte mehrere Millionen Modelle des Palomar-5-Stroms mithilfe eines Supercomputers. Die unterschiedlichen Modelle verglichen die Forscher mit den Beobachtungen am Himmel und stellten fest, dass nur in einem sehr realistischen Modell der Milchstraße das computergenerierte Dichtemuster dem beobachteten Muster ähnlich sah.

Um jedoch aus den Millionen von Modellen die wahrscheinlichsten Varianten herauszufiltern, mussten sie auf statistische Methoden zurückgreifen, die auch in der Genetik Anwendung finden und von Suchmaschinen wie Google dazu verwendet werden, um Suchergebnisse zu sortieren.

Ihre neue "Waage" liefert den Forschern aktuell eine Präzision von bisher unerreichten 20 Prozent. Sie bestimmten damit die Masse der Milchstraße in Sternen und Gas innerhalb eines Radius von 60.000 Lichtjahren: Sie entspricht 210 Milliarden Mal der Masse der Sonne - ein durchaus "gesundes Gewicht", so die Astronomen.

"Die Milchstraße ist weder übermäßig schwer noch besorgniserregend leicht", so Kroupa. Eine gravierend abweichende Masse würde auch im Widerspruch zu anderen unabhängigen Messungen stehen. Jedoch werde sich erst in Zukunft, wenn weitere Sternenströme vermessen werden und somit ein Gesamtbild der Milchstraße entsteht, zeigen, ob die Galaxie tatsächlich "kerngesund" ist oder nicht.

"Zum ersten Mal werden wir somit auch die Frage beantworten können, ob unsere Galaxie wirklich von Dunkler Materie umgeben ist oder ob nicht gar unser Verständnis der Gravitation überholt ist", so Kroupa. 

Über ihr Verfahren und die Ergebnisse berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist. 

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siehe auch
Lokale Gruppe: Wie massereich ist unsere Milchstraße? - 31. Juli 2014
VLBA: Milchstraße massereicher als gedacht - 6. Januar 2009
Spitzer: Milchstraße hat zwei Arme weniger - 4. Juni 2008
Spitzer: Milchstraße hat einen Balken - 17. August 2005
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Universität Bonn
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