Dunkle Materie auch in der inneren Milchstraße
Redaktion
/ Pressemitteilung der Technischen Universität München astronews.com
9. Februar 2015
Die Dunkle Materie gehört zu den wohl größten Rätseln der
modernen Astronomie. Diese schwer fassbare Substanz gibt es auch in unserer
Milchstraße, doch ließ sich ihre Existenz bislang nur für die Außenbereiche
belegen. Durch eine sorgfältige Auswertung der Bewegungen von Gas und Sternen
glauben Astronomen aber nun, auch Beweise für Dunkle Materie im Inneren unserer
Heimatgalaxie gefunden zu haben.
Im Bild wurden Markierungen für die
Rotationsgeschwindigkeit aus der jetzt
vorgestellten Arbeit über ein Foto der
Milchstraße gelegt, wie sie von der südlichen
Hemisphäre aus zu sehen ist.
Bild: TU München / Serge Brunier / NASA
(Hintergrund) [Gesamtansicht] |
Eine mysteriöse Form von Materie durchzieht unser Universum. Sie ist etwa
fünf Mal häufiger als die sichtbare Materie, jedoch nach wie vor von
unbekannter, "dunkler" Natur. Dass sie existieren muss, belegten
Forschungsarbeiten bereits in den 1970er Jahren. Erstmals ist es nun einem
internationalen Wissenschaftlerteam gelungen, die Existenz Dunkler Materie auch
im Inneren unserer Galaxie nachzuweisen.
Die allgegenwärtige Präsenz der Dunklen Materie im Universum ist heute ein
zentraler Grundsatz der modernen Kosmologie und Astrophysik. In verschiedenen
Galaxien wurde ihre Existenz seit den 1970er Jahren mit einer Reihe von Methoden
belegt. Eine dieser Methoden ist die Messung der Drehgeschwindigkeit von Gas und
Sternen. Wissenschaftler können so eine Galaxie "wiegen" und ihre Gesamtmasse
bestimmen.
Dabei zeigt sich, dass die gewöhnliche Materie nur einen Bruchteil der
Gesamtmasse ausmacht, den überwiegenden Teil trägt die Dunkle Materie bei. Auch
in den äußeren Bereichen unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, wurden die
Astronomen mit diese Methodik fündig. Nur im inneren Bereich war es bisher
unmöglich, die Anwesenheit Dunkler Materie sicher zu belegen.
Der Durchmesser unserer Galaxie beträgt etwa 100.000 Lichtjahre. Unser
Sonnensystem ist etwa 26.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt. Je
näher man der Mitte kommt, desto schwieriger wird es, die Rotation des Gases und
der Sterne mit der benötigten Genauigkeit zu messen.
Auf Basis der Messung von Sternenbewegungen glauben Wissenschaftler der
Technischen Universität München, der Universität Stockholm, der Freien
Universität Madrid, des Internationalen Zentrums für Theoretische Physik des
Südamerikanischen Instituts für Grundlagenforschung in São Paulo und der
Universität Amsterdam erstmalig einen Beweis für die Anwesenheit Dunkler Materie
im Inneren der Milchstraße vorlegen zu können. Dunkle Materie existiert danach
auch im Bereich unseres Sonnensystems und in unserer direkten "kosmischen
Nachbarschaft".
In einem ersten Schritt erstellten die Forscher die umfassendste Sammlung
veröffentlichter Messungen der Bewegung von Gas und Sternen in der Milchstraße.
Dann berechneten sie auf Basis aktueller Forschungsergebnisse die
Rotationsgeschwindigkeit, die die Milchstraße haben müsste, wenn sie nur aus
sichtbarer Materie bestünde. Der Vergleich der gemessenen und der berechneten
Geschwindigkeit würde eindeutig zeigen, dass hier die Dunkle Materie einen
entscheidenden Beitrag leistet.
"Wir konnten mit unserer Arbeit belegen, dass sich das Gas und die Sterne in
unserer Galaxie ohne den Beitrag der Dunklen Materie nicht mit den beobachteten
Geschwindigkeiten drehen könnten", erläutert Dr. Miguel Pato, der die Analyse an
der Technischen Universität München durchführte. "Allerdings wissen wir immer
noch nicht, aus was die Dunkle Materie besteht. Dies ist eine der wichtigsten
Wissenschaftsfragen unserer Zeit".
Auch für geringe Entfernung vom Zentrum der Milchstraße würden die Daten der
Forschungsarbeit, so die Astronomen, eine hohe Aussagekraft besitzen. Sie
erschließen damit neue Wege zur Bestimmung der Verteilung Dunkler Materie in
unserer Galaxie. Zukünftige astronomische Beobachtungen könnten damit die
Verteilung der Dunklen Materie in unserer Galaxie mit bisher unerreichter
Genauigkeit bestimmen.
"Damit können wir das Verständnis der Struktur und der Entwicklung unserer
Galaxie wesentlich verbessern. Und es wird präzisere Vorhersagen für die vielen
Experimente ermöglichen, die weltweit nach Teilchen der Dunklen Materie suchen",
hofft Pato, der inzwischen zum Oskar Klein-Zentrum für Astroteilchen-Physik an
der Universität Stockholm gewechselt ist.
Über ihre Resultate berichten die Astronomen heute online in der Zeitschrift
Nature Physics.
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