Supernova-Forschung am Meeresboden
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
29. Januar 2015
Durch die Untersuchung von kosmischem Staub auf dem Grund
des Pazifischen Ozeans gelangten Forscher nun zu überraschenden Erkenntnissen
über die Erzeugung schwerer Elemente durch Supernova-Explosionen. Offenbar waren
zumindest in den vergangenen paar hundert Millionen Jahren eher exotische
Explosionen für deren Bildung verantwortlich.
Der Krebsnebel
in einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble.
Er entstand durch eine Supernova.
Bild: NASA, ESA und Allison Loll / Jeff
Hester (Arizona State University) / Davide De
Martin (ESA/Hubble) |
Am Ende der Lebenszeit eines massereichen Sterns steht die Supernova. Bei
diesem Prozess zerstört sich der Stern selbst und leuchtet dabei kurzzeitig so
hell wie eine ganze Galaxie, erzeugt aber auch die schwereren chemischen
Elemente wie Silber, Zinn, oder Iod. "Winzige Überbleibsel von diesen entfernten
Explosionen werden von der Erde auf ihrem Weg durch die Milchstraße
eingefangen", erklärt Anton Wallner, der die Messungen an der Fakultät für
Physik der Universität Wien geleitet hat und jetzt als Gruppenleiter an der
australischen Nationaluniversität in Canberra forscht. Ein internationales
Forscherteam hat nun solchen interstellaren Staub analysiert und dabei einen
wichtigen Baustein für das Verständnis der Elemententstehung entdeckt.
"Wir haben galaktischen Staub untersucht, der sich während der letzten 25
Millionen Jahre am Meeresboden abgesetzt hat. Überraschend war, dass wir von
besonders schweren und seltenen Elementen wie zum Beispiel Plutonium viel
weniger fanden, als wir erwartet haben", erklärt Wallner.
Diese Ergebnisse widersprechen Theorien, dass diese schweren Elemente am Ende
des Lebens eines massereichen Sterns in Supernova-Explosionen gebildet und dann
im interstellaren Raum verteilt werden. Solche Explosionen sind auf kosmischen
Zeitskalen ziemlich häufig. Supernova-Explosionen produzieren beispielsweise
auch Blei, Gold und Quecksilber. Diese Elemente sind auf der Erde jedoch
reichlich vorhanden und eignen sich daher nicht als Erkennungszeichen für
kosmischen Staub.
Das Team untersuchte Tiefseesedimente, darunter auch eine zehn Zentimeter
dicke Eisen-Mangan-Kruste aus 5.000 Metern Tiefe. Diese über 25 Millionen Jahre
alten Ablagerungen enthielten neben Spurenelementen aus dem Ozean auch
interstellare Partikel. "Mittels Messungen an unserer Beschleunigeranlange
Vienna Environmental Research Accelerator - kurz VERA genannt - gelang es,
die wenigen Plutoniumatome mit einer Sensitivität nachzuweisen, die etwa ein
Salzkorn aus der Wassermenge von 20 Bodenseen herausfiltern könnte", erklärt
Peter Steier, Isotopenforscher an der Universität Wien, die sprichwörtliche
Suche im Heuhaufen. VERA ist eine der weltweit sensitivsten Anlagen um winzigste
Spuren von seltenen Elementen in unserer Umwelt nachzuweisen.
Die Wissenschaftler suchten nach Spuren von Plutonium-244, ein radioaktives
Isotop, das nicht natürlich auf der Erde vorkommt. Plutonium-244 zerfällt mit
einer Halbwertszeit von 81 Millionen Jahren und kann somit als kosmische Uhr
dienen und kann auch etwas über die Entstehung von Elementen verraten.
"Plutonium-244, das zu der Zeit existierte, als sich die Erde und unser
Sonnensystem vor über vier Milliarden Jahren bildeten, ist in der langen Zeit
seither zerfallen", erläutert Kernphysiker Wallner. Findet man es trotzdem, so
muss es aus kosmischen Explosionen jüngerer Zeit stammen, genauer aus den
letzten paar hundert Millionen Jahren. Anschließend muss es dann in die
Tiefseesedimente eingelagert worden sein, die als "natürliche Archive" dienen.
"Es scheint also, dass zumindest während der letzten paar hundert Millionen
Jahre die schwersten Elemente in der Tat nicht in 'normalen' Supernovae gebildet
wurden", erklärt Wallner. Die Ergebnisse favorisieren nun sehr seltene kosmische
Explosionen, möglicherweise die Verschmelzung von zwei Neutronensternen, als
Entstehungsort des chemischen Elements. Diese Ereignisse, obwohl hundert bis
tausend Mal seltener, können durch ihre gewaltige Detonation ebenfalls alle
schweren Elemente im beobachteten Ausmaß produzieren.
Schwere Elemente, wie Plutonium-244, waren bei der Bildung des Sonnensystems
vorhanden. Dies konnte durch stabile Xenon-Isotope, die bei der Spontanspaltung
von Plutonium-244 entstehen, in Meteoriten nachgewiesen werden. Thorium und Uran
gibt es aufgrund ihrer deutlich längeren Halbwertszeit immer noch, daher muss
eine derartige, offenbar sehr seltene, Explosion zeitnah zur Entstehung des
Sonnensystems stattgefunden haben. Natürliche radioaktive Elemente wie Uran und
Thorium erzeugen einen Großteil der Wärme im Erdinneren. Diese ist ein
wesentlicher Antrieb für Vulkanismus und die Bewegung der Kontinente.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind kürzlich in der Fachzeitschrift
Nature Communications erschienen.
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