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H.E.S.S.
Gammastrahlenquellen in unserer Nachbargalaxie
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik
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23. Januar 2015

Mithilfe des Gammastrahlen-Observatoriums H.E.S.S. ist es Astronomen gelungen, in der Großen Magellanschen Wolke drei extreme Gammastrahlenquellen aufzuspüren. Es handelt sich dabei um drei unterschiedliche Objekte mit jeweils einer eigenen Besonderheit. Nur Gammastrahlen vom Überrest der Supernova 1987A fand man nicht, obwohl man dies eigentlich erwartet hatte.

LMC

Optisches Bild der Großen Magellanschen Wolke mit darübergelegten und vergrößerten H.E.S.S.-Himmelskarten. Bild: H.E.S.S.-Kollaboration / SkyView, A. Mellinger (optisch) [Vergrößerte Gesamtansicht]

Mithilfe des Gammastrahlen-Observatoriums H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) haben Astronomen jetzt in der Großen Magellanschen Wolke drei extrem leuchtstarke Höchstenergie-Gammastrahlenquellen aufgespürt: Es handelt sich dabei um drei verschiedenartige Objekte, nämlich den stärksten Pulsarwindnebel, den stärksten Supernova-Überrest und eine 270 Lichtjahre große Schale, aufgeblasen von mehreren Supernovae und Sternen - eine sogenannte Superschale.

Damit gelang es zum ersten Mal, in einer fremden Galaxie gleich mehrere sternähnliche Gammastrahlenquellen bei höchsten Energien zu beobachten. Zugleich ist die Superschale der erste Vertreter einer neuen Klasse von Höchstenergie-Gammastrahlenquellen.

Kosmische Beschleuniger, vor allem Supernova-Überreste und Pulsarwindnebel, also Endprodukte massereicher Sterne, machen sich durch höchstenergetische Gammastrahlen bemerkbar. Dort werden geladene Teilchen auf extreme Geschwindigkeiten beschleunigt. Wenn sie auf das umgebende Medium - entweder interstellares Gas oder Licht - treffen, entsteht Gammastrahlung.

Höchstenergetische Gammastrahlen aus dem Kosmos können am Erdboden gemessen werden. Beim Eintritt in die Atmosphäre verursachen sie Kaskaden geladener Sekundärteilchen, sogenannte Teilchenschauer. Diese emittieren extrem kurze bläuliche Lichtblitze (Tscherenkow-Licht), die mit großen Spiegelteleskopen und schnellen Lichtsensoren beobachtbar sind.

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Die Große Magellansche Wolke (LMC) ist eine Satellitengalaxie unserer Milchstraße in einer Entfernung von ungefähr 170.000 Lichtjahren. In ihr entstehen ständig neue massereiche Sterne, und sie beherbergt zahlreiche massereiche Sternhaufen. Die Rate, mit der neue massive Sterne gebildet werden und am Ende ihres Lebens als Supernovae explodieren, ist in der LMC fünf Mal höher als in der Milchstraße. Der jüngste Supernova-Überrest in unserer direkten galaktischen Umgebung, die Reste der Supernova 1987A, befindet sich ebenfalls in der LMC.

Nicht zuletzt deshalb beobachten die Wissenschaftler der H.E.S.S.-Kollaboration die LMC  ausgiebig und hoffen durch das Aufspüren von Quellen höchstenergetischer Gammastrahlung mehr über die Prozesse zu erfahren, die schließlich zur extremen Beschleunigung von Teilchen durch Sternexplosionen führen. Insgesamt 210 Stunden haben die Astrophysiker die H.E.S.S.-Teleskope auf die größte Sternentstehunsregion in der LMC, bekannt als Tarantelnebel, gerichtet. Dabei gelang es ihnen zum ersten Mal, gleich mehrere Quellen höchstenergetischer Gammastrahlung in einer Galaxie außerhalb der Milchstraße aufgelöst abzubilden: drei verschiedenartige, extrem energiereiche Objekte.

Bei der sogenannten Superschale 30 Dor C handelt es sich um die größte bekannte Röntgenstrahlung emittierende Schale, die wohl durch mehrere Supernova-Explosionen und starke Sternenwinde entstanden ist. Superschalen werden als Produzenten galaktischer kosmischer Strahlung diskutiert – zusätzlich oder alternativ zu einzelnen Supernova-Überresten. Die Ergebnisse von H.E.S.S. zeigen, dass diese Superschale eine Quelle hochenergetischer Teilchen ist, mit denen sie gefüllt ist. 30 Dor C ist der erste Vertreter einer neuen Klasse von Höchstenergie-Gammastrahlenquellen.

Pulsare hingegen sind hoch magnetisierte, schnell rotierende Neutronensterne, die einen Wind ultrarelativistischer Teilchen emittieren und so einen Nebel bilden. Das bekannteste Exemplar ist der Krebsnebel, eine der hellsten Quellen am Hochenergie-Gammahimmel. Der Pulsar PSR J0537−6910 mit seinem Nebel N 157B, den die H.E.S.S.-Teleskope in der LMC entdeckt haben, ist in vielerlei Hinsicht ein Zwilling des sehr starken Krebspulsars in unserer eigenen Galaxis.

Allerdings leuchtet sein Pulsarwindnebel N 157B im höchstenergetischen Gammalicht um eine Größenordnung heller als der Krebsnebel. Verantwortlich dafür ist das schwächere Magnetfeld in N 157B und das intensive Sternenlicht aus benachbarten Sternbildungsgebieten, die beide die Erzeugung hochenergetischer Gammastrahlung fördern.

Der Supernova-Überrest N 132D, als ein helles Objekt im Radiowellen- und Infrarotbereich bekannt, scheint einer der ältesten – und stärksten – Supernova-Überreste zu sein, der noch im höchstenergetischen Gammalicht leuchtet. Er ist zwischen 2500 und 6000 Jahre alt und immer noch heller als die stärksten Supernova-Überreste in der Milchstraße, obwohl Modelle vorhersagen, dass in diesem Alter die Supernova-Explosionsfront schon so langsam sein sollte, dass sie kein effizienter Teilchenbeschleuniger mehr ist. Die Ergebnisse bestätigen die Vermutung aus anderen Beobachtungen mit H.E.S.S., dass Supernova-Überreste wesentlich leuchtstärker sein können als bisher angenommen.

Sich teilweise überlappend und an der Nachweisgrenze des Instruments waren diese neuen Quellen eine Herausforderung für die H.E.S.S.-Wissenschaftler. Die Entdeckungen gelangen ihnen nur mit neu entwickelten Methoden zur Interpretation der von den Teleskopen aufgenommenen Tscherenkow-Bilder. So konnten sie insbesondere die Genauigkeit bei der Bestimmung der Richtung, aus der die Gammastrahlen kommen, verbessern.

"Sowohl der Pulsarwindnebel als auch der Supernova-Überrest, die H.E.S.S. in der Großen Magellanschen Wolke entdeckt hat, sind energiereicher als ihre stärksten Verwandten in der Milchstraße. Offensichtlich sorgt die hohe Sternentstehungsrate in der LMC dafür, dass dort äußerst extreme Objekte entstehen", fasst Chia Chun Lu zusammen, die in ihrer Doktorarbeit die LMC-Daten ausgewertet hat.

"Überraschenderweise zeigte sich der junge Supernova-Überrest SN 1987A jedoch nicht, trotz entsprechender theoretischer Vorhersagen. Aber wir werden weiter danach suchen", ergänzt ihr Betreuer Werner Hofmann, Direktor am MPI für Kernphysik in Heidelberg und langjähriger Sprecher der H.E.S.S.-Kollaboration.

Dabei könnte auch das 28-Meter-H.E.S.S. II-Teleskop helfen, durch das die Leistungsfähigkeit des H.E.S.S.-Teleskopsystems deutlich gesteigert wurde (astronews.com berichtete). Auch das geplante Cherenkov Telescope Array (CTA) wird noch empfindlichere und höher aufgelöste Gammalicht-Bilder der LMC liefern - in den Planungen für das CTA sind Beobachtungen der Großen Magellanschen Wolke bereits als ein wichtiges Projekt enthalten.

In der H.E.S.S.-Kollaboration arbeiten Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Namibia, Südafrika, Irland, Armenien, Polen, Australien, Österreich, den Niederlanden und Schweden zusammen. Die H.E.S.S.-Teleskope stehen in Namibia, im Südwesten Afrikas. Das System aus vier 13-Meter-Teleskopen, das inzwischen mit dem riesigen 28-Meter-H.E.S.S. II-Teleskop ergänzt wurde, ist einer der empfindlichsten Detektoren für höchstenergetische Gammastrahlen.

Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen jetzt in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Science erschienen ist.

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siehe auch
H.E.S.S.: Der kosmische Dunst im Visier - 23. Januar 2013
H.E.S.S. II: First Light für größtes Tscherenkow-Teleskop - 31. Juli 2012
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Kernphysik
H.E.S.S. - The High Energy Stereoscopic System
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