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SDSS1133
Ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch?
Redaktion / idw / Pressemitteilung der ETH Zürich
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19. November 2014

Astronomen könnten ein Objekt entdeckt haben, bei dem es sich um ein Schwarzes Loch handelt, das aus einer Galaxie katapultiert wurde. Sicher sind sie sich allerdings noch nicht: Es ist nämlich auch möglich, dass SDSS1133 ein riesiger Stern ist, der über eine außergewöhnlich lange Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten explodiert.

Markarian 177

Die Zwerggalaxie Markarian 177 ist hier in der Bildmitte zu sehen. Der helle, bläuliche Fleck in ihrem Randbereich ist SDSS1133.  Bild: Sloan Digital Sky Survey  [Großansicht]

Markarian 177

Diese Aufnahme im nahen Infrarot zeigt das Zentrum von Markarian 177 und SDSS1133 (links untere Ecke).  Bild: W. M. Keck Observatory / M. Koss (ETH Zurich) et al.

Kollisionen von Galaxien sind im Universum nichts Ungewöhnliches: Auch unsere Milchstraße steuert beispielsweise auf eine Kollision mit der benachbarten Andromedagalaxie zu - allerdings erst in über einer Milliarde Jahren. Kollidieren aber zwei Galaxien, werden sie irgendwann auch verschmelzen. Und dies gilt auch für die beiden supermassereichen Schwarzen Löcher im Zentrum der Galaxien. Dabei kommt es zur Aussendung von Gravitationswellen.

Wenn die Schwarzen Löcher unterschiedliche Massen haben oder sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten drehen, breiten sich diese Gravitationswellen asymmetrisch aus. Das fusionierte Schwarze Loch erfährt dabei einen Rückstoß in die Gegenrichtung. In manchen Fällen ist dieser Rückstoß verhältnismäßig schwach, das Schwarze Loch pendelt wieder zurück ins Zentrum. In anderen Fällen ist er so stark, dass das Schwarze Loch für immer aus der Galaxie geschleudert wird und einsam im Universum verbleibt.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern um Kevin Schawinksi, Professor am Institut für Astronomie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, ist jetzt auf ein Objekt gestoßen, bei dem es sich um ein solches wegkatapultiertes Schwarzes Loch handeln könnte. Das Objekt mit der Bezeichnung SDSS1133 liegt rund 90 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, was für astronomische Verhältnisse als "nahe" gilt.

Dass SDSS1133 ein besonderes Objekt sein muss, ist den Wissenschaftlern aufgefallen, als sie es im letzten Jahr mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii beobachteten. Es leuchtete zehnmal schwächer als noch 2001, wie ein Vergleich mit einer Himmelskarte aus diesem Jahr zeigte. Auf Karten aus den 1950er und 1990er Jahren war das Objekt ebenfalls zu sehen, jedoch leuchtete es auch damals nur schwach.

Weil SDSS1133 im Jahr 2001 so hell leuchtete, nachher aber nicht komplett verblasste, kann es nicht von einer gewöhnlichen Supernova stammen, also einer Explosion eines Sterns am Ende seiner Lebenszeit. Solche Phänomene sind oft nur während wenigen Monaten sichtbar und verblassen danach sehr stark. Aus einem Vergleich des Wellenlängenspektrums von SDSS1133 und der Zwerggalaxie Markarian 177 in der Nähe, schlossen die Wissenschaftler, dass es sich bei SDSS1133 um ein Schwarzes Loch handeln könnte, das zu einem früheren Zeitpunkt zu ebendieser Zwerggalaxie gehörte und aus dieser geschleudert wurde.

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Ganz so sicher sind sich die Wissenschaftler allerdings nicht, denn es gibt zumindest theoretisch eine zweite, nicht minder exotische Erklärungsmöglichkeit: Es könnte sich bei SDSS 1133 um einen neuen Typus einer lange andauernden Supernova eines riesigen Sterns handeln. Dabei hätte dieser riesige Stern bereits vor seiner finalen Explosion während mindestens 50 Jahren in einer Folge mehrerer Eruptionen einen Großteil seiner Masse verloren.

Solche sich verändernden Sterne wurden schon beobachtet: Eta Carinae, einer der massereichsten Sterne unserer eigenen Galaxie, war 1843 während einer kurzen Zeit der zweithellste Stern am Nachthimmel. Wären solche Ausbrüche auch bei SDSS 1133 die Erklärung, dann würde es sich dabei um die längsten kontinuierlichen Eruptionen handeln, die je von einer Supernova beobachtet worden sind.

Die Astronomen hoffen, nächstes Jahr die Gelegenheit zu erhalten, das Rätsel zu lösen. Schwarze Löcher und Supernovae emittieren beide ultraviolettes Licht, jedoch von unterschiedlicher Wellenlänge. Um das Spektrum sehr präzise messen zu können, wurde den Wissenschaftlern für Oktober 2015 Beobachtungszeit mit dem Weltraumteleskop Hubble bewilligt.

Auch die Veränderung der Helligkeit des Objekts in den nächsten Jahren wird den Wissenschaftlern Hinweise darauf geben, ob es sich um ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch oder einen explodierenden Megastern handelt: Für ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch erwarten sie eine veränderliche Helligkeit, während die Explosion einer Supernova mit der Zeit immer schwächer wird.

"Unabhängig davon, ob SDSS1133 ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch oder ein explodierender Megastern ist, haben wir etwas entdeckt, das nie zuvor beobachtet wurde", so Michael Koss, der als sogenannter Ambizione-Fellow des Schweizerischen Nationalfonds in Schawinskis Gruppe forscht.

Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen jetzt in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.

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siehe auch
Schwarze Löcher: Schwarzes Loch aus Galaxie katapultiert . 30. April 2008
Schwarze Löcher: Intergalaktische Irrläufer nach Kollision? - 7. Juni 2007
Adaptive Optik: Schwarze Löcher in kollidierenden Galaxien - 22. Mai 2007
Chandra: Zwei Schwarze Löcher vor Verschmelzung - 10. April 2006
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
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