Ein Planet mit Pünktlichkeitsproblem
von Stefan Deiters astronews.com
31. Oktober 2014
Astronomen haben mithilfe von Freiwilligen der
Internetplattform Planet Hunters in den Daten des Weltraumteleskops
Kepler einen Planeten aufgespürt, dessen Pünktlichkeit deutlich zu wünschen
übrig lässt: Während nur zehn Umrundungen seiner Sonne ändert sich nämlich seine
Umlaufdauer um 10,5 Stunden. Grund ist der Einfluss der weiteren Planeten des
Systems.
Der Planet PH3c,
der mithilfe des Projekts Planet Hunters entdeckt
wurde, hat eine sehr unregelmäßige Umlaufperiode.
Bild: Yale University / Michael Helfenbein |
Das Weltraumteleskop Kepler hat mehrere Jahre lang unzählige Sterne
anvisiert und deren Helligkeit sorgfältig vermessen. Sollte nämlich - von der
Erde aus gesehen - ein Planet vor der fernen Sonne vorüberziehen, müsste sich
deren Helligkeit ein klein wenig verringern - und dies regelmäßig und in immer
gleichen Abständen. Mit dieser sogenannten Transitmethode wurden in den
vergangenen Jahren tatsächlich unzählige Planeten aufgespürt.
Jetzt aber hätten Astronomen fast einen Transitplaneten übersehen: Die
Umlaufdauer von PH3c, einem etwa 2.300 Lichtjahre entfernten Planeten, ist
nämlich durch den gravitativen Einfluss weiterer Planeten in dem System
außerordentlich unregelmäßig. "Im Fall der Erde ist dieser Effekt sehr gering,
in der Größenordnung von einer Sekunde oder so", erläutert Joseph Schmitt, ein
Doktorand von der Yale University. "Die Orbitperiode von PH3c ändert
sich allerdings um 10,5 Stunden in nur zehn Umläufen."
Dadurch wurde der Planet von automatischen Programmen zur Auswertung der
Kepler-Daten auch übersehen und erst dank des Programms Planet Hunters
entdeckt. Dabei können Freiwillige über eine Internetseite bei der Auswertung
von Kepler-Daten helfen. "Wir nutzen die menschliche Dimension der
Wissenschaft", so Debra Fisher, die Leiterin der Exoplanetengruppe der Yale
University. "Computer können das Unerwartete nicht finden, aber Menschen
schon, wenn sie die Daten durchforsten."
Das Projekt, an dem sich schon über 300.000 Freiwillige beteiligt haben, hat
unlängst eine neugestaltete Webseite freigeschaltet, durch die den Teilnehmern
eine noch schnellere und effektivere Analyse der Daten ermöglicht wird. Ein
neues Ziel des Projektes ist es, nach einem Zusammenhang zwischen Sternentyp und
den sich bildenden Planetensystemen zu suchen. "Ich glaube, wir können hier
einmalige wissenschaftliche Daten liefern", hofft Fischer.
Die Planet Hunters lieferten dabei dank ihrer Aufmerksamkeit nicht
nur den entscheidenden Hinweis zur Entdeckung von PH3c, sie ermöglichten durch
den Fund auch die genauere Charakterisierung der beiden anderen Planeten des
Systems, die die ferne Sonne innerhalb und außerhalb der Bahn von PH3c
umkreisen. PH3d, der äußere Planet, ist dabei etwas größer und massereicher als
Saturn, beim inneren Planeten PH3b könnte es sich um einen Gesteinsplaneten
handeln. Der neu entdeckte Planet PH3c hat etwa den 2,7-fachen Durchmesser
der Erde und ihre vierfache Masse. Er dürfte daher von einer dichten Hülle aus
Wasserstoff und Helium umgeben sein.
"Die Entdeckung des mittleren Planeten war entscheidend für die Bestätigung
der anderen Planeten und die Bestimmung ihrer Masse", so Schmitt. Kurioserweise
benötigt der äußere Planet genau 1,91-mal länger für einen Umlauf als PH3c, der
wiederum 1,91-mal länger für einen Orbit benötigt als der innerste Planet des
Systems. "Wir sind noch nicht sicher, ob dies Zufall ist, oder uns etwas über
die Entstehung der Planeten verraten könnte", so Schmitt.
Über ihre Entdeckung berichten die Astronomen in einem Fachartikel in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal.
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