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HUBBLE
Präzise Vermessung einer entfernten Galaxie
von Stefan Deiters
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20. Oktober 2014

Astronomen ist nun mithilfe des Weltraumteleskops Hubble die - nach ihrer Aussage - präziseste Entfernungsmessung für eine Galaxie gelungen, die schon im jungen Universum existierte. Gleichzeitig handelt es sich bei dem System um eine der kleinsten, lichtschwächsten und entferntesten Galaxien, die man bislang beobachtet hat.

Abell 2744

Der Galaxienhaufen Abell 2744 und die drei Bilder der entfernten Galaxie. Bild: NASA, ESA / A. Zitrin (California Institute of Technology, USA) [Großansicht]

Um Galaxien zu beobachten, die schon in einer Zeit existierten, als das Universum nur einen Bruchteil seines heutigen Alters hatte, reicht in der Regel auch die Leistungsfähigkeit des Weltraumteleskops Hubble nicht mehr. Diese Systeme sind nämlich so klein und liegen so weit von der Erde entfernt, dass sie einfach zu lichtschwach sind.

Astronomen machen sich daher die Hilfe der Natur zunutze und setzen auf einen Effekt, den Einstein in seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hatte: den sogenannten Gravitationslinseneffekt. Massereiche Objekte, wie beispielsweise gewaltige Galaxienhaufen, können durch ihre Masse das Licht von hinter ihnen liegenden Objekten so ablenken, dass diese - wie bei einer Lupe - heller und vergrößert erscheinen. Oft sorgt das Phänomen auch für die Entstehung gleich mehrerer Bilder der entfernten Galaxie.

Allerdings ist es relativ schwierig, präzise Entfernungen für die so entdeckten Systeme zu bestimmen - insbesondere, wenn diese sich im sehr jungen Universum befinden und damit besonders weit von uns entfernt sind. Einem Astronomenteam ist nun durch die Rekonstruktion der Gravitationslinse, also der für die Vergrößerung der entfernten Galaxie verantwortlichen "Lupe", eine sehr viel genauere Entfernungsbestimmung gelungen.

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Die Astronomen untersuchten eine entfernte Galaxie, deren Helligkeit durch den massereichen Galaxienhaufen Abell 2744 um einen Faktor 10 vergrößert erscheint. Nur dadurch war es überhaupt möglich, das entfernte System aufzuspüren. Abell 2744 sorgt auch dafür, dass gleich drei vergrößerte Bilder der entfernten Galaxie in dem Galaxienhaufen zu sehen sind.

"Wir konnten die durch den Gravitationslinseneffekt erzeugten Mehrfachbilder auf Hubble-Aufnahmen im nahen Infrarot und im Optischen erkennen", so Adi Zitrin vom California Institute of Technology. "Aber zunächst hatten wir keine Ahnung, wie weit die Galaxie von der Erde entfernt war."

Einen ersten Hinweis lieferte die Analyse des Lichts des entfernten Systems: Durch die Ausdehnung des Universums wird nämlich auch dessen Wellenlänge in Richtung des rötlichen Teils des Spektrums verschoben. Aus dieser Rotverschiebung lässt sich die Entfernung abschätzen. Für das entfernte System ergab sich eine Rotverschiebung von 10, was bedeutet, dass das Licht der Galaxie mehr als 13 Milliarden Jahre benötigt hat, um uns zu erreichen.

Allerdings können für lichtschwache und sehr entfernte Objekte solche Abschätzungen auch einmal sehr unpräzise oder sogar komplett falsch sein. Die Astronomen suchten daher nach einem Weg, ihre Entfernungsbestimmung zu verifizieren. Sie ermittelten dazu den Abstand der drei vergrößerten Bilder der entfernten Galaxie in Abell 2744.

Durch vorherige Untersuchungen kannten die Forscher den Galaxienhaufen und seine Linsenwirkung relativ genau. Sie schauten sich nun die Bilder anderer, uns näher gelegener Galaxien an, deren Licht auch durch Abell 2744 abgelenkt worden ist und von denen dadurch auch mehrere Bilder entstanden sind. Sie verglichen den Abstand dieser Bilder mit dem Abstand der Bilder der weit entfernten Galaxie und konnten so ermitteln, wie weit diese - aufgrund der Geometrie der Gravitationslinse - hinter dem Galaxienhaufen liegen muss.

"Das ist eine Demonstration für die Leistungsfähigkeit von relativistischer Optik", freut sich Teammitglied Tom Broadhurst von der Universität des Baskenlandes und der baskischen Wissenschaftsförderungsgesellschaft Ikerbasque. "Wir verstehen diese Linsen nun so gut, dass wir sie zur Messung von Entfernungen einsetzen können." Wenn man ein Objekt mit seinem Fotoapparat scharf stellt und dann am Objektiv die Entfernung abliest, sei das in etwa vergleichbar mit dem neuen Verfahren.

Durch die Methode konnte die Astronomen ihre Entfernungsbestimmung für das entfernte System bestätigen. "Wir sind zu 95 Prozent sicher, dass das Objekt eine Rotverschiebung von 10 hat", so Zitrin. "Durch die Gravitationslinse wissen wir, dass es sich nicht um ein rötliches nahegelegenes Objekt handeln kann, das sich nur als entferntes Objekt ausgibt."

Das System erlaubt den Astronomen einen Blick in die Frühphase des Universums, in der das All gerade einmal rund 500 Millionen Jahre alt war. Es ist offenbar deutlich lichtschwächer und kleiner als andere Objekte, die man bislang in dieser Entfernung gefunden hat. Es hat einen Durchmesser von nur rund 850 Lichtjahren und eine Masse, die etwa der 40-Millionen-fachen Masse unserer Sonne entspricht.

Über ihre Untersuchungen berichteten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erschienen ist.

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siehe auch
VLT: Als sich der kosmische Nebel lichtete - 12. Oktober 2011
Hubble: Galaxie mit neuer Rekordentfernung? - 27. Januar 2011
Galaxien: Neuer kosmischer Entfernungsrekord - 22. Oktober 2010
Hubble: Noch tieferer Blick ins Universum - 8. Dezember 2009
Hubble: Der tiefste Blick ins All - 10. März 2004
Links im WWW
Paper in Astrophysical Journal Letters (pdf-Download von HubbleSite.org)
spacetelescope.org, Seite der ESA
Hubblesite.org, Seite des STScI
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