Radarsatellit beginnt wissenschaftliche Mission
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
13. Oktober 2014
Rund vier Jahre lang haben die beiden deutschen
Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X gemeinsam die Erde aus
einem genau definierten Orbit abgetastet und so Daten für die bislang genaueste
globale Topographie unseres Planeten geliefert. Nun beginnt für TanDEM-X
eine neue wissenschaftliche Missionsphase, in der man sich auch anderer
Fragestellungen annehmen will.
TanDEM-X-Höhenmodell der Kalahari-Wüste in
Namibia.
Bild: DLR [Großansicht] |
Seit Juni 2007 kreist der Radarsatellit TerraSAR-X um die Erde, im
Juni 2010 folgte ihm sein Zwilling TanDEM-X ins All. Seit knapp vier
Jahren wurden beide Satelliten beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) im engen Formationsflug betrieben. Die Satelliten nahmen dabei Daten für
die neue globale Topographie der Erde auf.
Das Ziel der Mission TanDEM-X (TerraSAR-X add-on for Digital
Elevation Measurement) ist ein hochgenaues, dreidimensionales Abbild unserer
Erde in einheitlicher Qualität und bislang unerreichter Genauigkeit. Für weite
Teile der Erde existieren derzeit nur grobe, uneinheitliche oder lückenhafte
Höhenmodelle aus unterschiedlichen Datenquellen und Erhebungsmethoden.
TanDEM-X schließt diese Lücken und liefert ein homogenes Höhenmodell als
unentbehrliche Grundlage für viele kommerzielle Anwendungen und
wissenschaftliche Fragestellungen.
Mit Beginn der sogenannten Science Phase von TanDEM-X ist
ein weiterer wesentlicher Meilenstein der Mission erreicht. "In der kommenden
fünfzehnmonatigen Missionsphase werden Orbit und Aufnahmemodus so eingestellt
und optimiert, dass neuartige Radartechniken und innovative Anwendungen erprobt
und demonstriert werden können. Die Erwartungen in der wissenschaftlichen
Nutzergemeinde für die Science Phase ist sehr groß, und mehr als
hundert Science Angebote wurden bereits eingereicht", erklärt Professor Alberto
Moreira, Direktor des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme.
Mit dem Start der Umstellung der Formation am 17. September 2014 wurden die
ersten Vorbereitungen für die Science Phase eingeleitet. TanDEM-X
entfernte sich von TerraSAR-X und fliegt seit dem 20. September 2014
mit einem Abstand von 76 Kilometern hinter seinem Zwilling. Dadurch entsteht ein
zeitlicher Versatz von zehn Sekunden. Da sich die Erde am Äquator mit etwa 500
Metern pro Sekunde dreht, musste der Orbit von TanDEM-X zusätzlich um
fünf Kilometer seitlich verschoben werden, damit beide Satelliten dasselbe
Gebiet am Boden aufnehmen.
TanDEM-X beschreibt weiterhin eine helixförmige Bahn. Im Gegensatz
zu den Aufnahmen für das Digital Elevation Model (DEM), dem digitalen
Höhenmodelle der Erde, wird die Helix aber nicht für mehrere Wochen
festgehalten, sondern es werden deutlich stärkere Variationen zugelassen: Der
Abstand zwischen TanDEM-X und dem nominalen Orbit von TerraSAR-X
wird in den nächsten fünf Monaten zwischen 0 und 1.000 Meter schwanken.
Ziel ist es, beide Satelliten weiterhin interferometrisch zu betreiben, um
weiterhin eine dreidimensionale Abbildung der Erdoberfläche zu ermöglichen.
Nach der Umstellung des Orbits in den letzten Wochen von TanDEM-X
werden die beiden Satelliten unabhängig voneinander im sogenannten "Pursuit
Monostatic"-Abbildungsmodus betrieben. Vorteil dieser neuen Orbitkonfiguration
ist, dass die Abstände zwischen den Satelliten, die sogenannten Basislinien,
wesentlich flexibler gestaltet werden können. "In der neuen Orbitkonfiguration
können zum Beispiel Daten für Höhenmodelle mit einer Höhengenauigkeit von
wenigen Dezimetern erstellt werden, was neue Anwendungen im Bereich der
Geosphäre, Kryosphäre und Hydrosphäre eröffnet. Diese Daten sind einmalig und
werden bei der Untersuchung von Vulkaneruptionen, Eisschmelze bis hin zu
tomographischen Aufnahmen im Stadtbereich verwendet", so Moreira.
Die Orbitkonfiguration wird im Frühjahr 2015 nochmals verändert, um weitere
Anwendungen und Demonstrationen zu ermöglichen. Hochaktuelles Thema ist das
Auftauen der Permafrostböden, das durch die Erwärmung der Erde hervorgerufen
wird und zu massiven Schädigungen an Straßen, Häusern und zu Hangrutschungen
beiträgt. Heute weiß man, dass riesige Flächen betroffen sind, doch das genaue
Ausmaß ist noch unbekannt. "In der neuen Missionsphase wird TanDEM-X
exemplarisch mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung diese Gebiete kartieren
und wertvolle Erkenntnisse zur Veränderung des Klimas beitragen", erklärt
Professor Irena Hajnsek, die Wissenschaftskoordinatorin der Mission TanDEM-X.
Bereits am 17. September 2014 wurden bis auf wenige Ausnahmen die Aufnahmen
für das globale Höhenmodell (DEM) abgeschlossen. Ein Datensatz von mehr als
2.500 Terabyte bildet die Grundlage für die neue Topographie der Erde. Die
Qualität der bisher erstellten Höhenmodelle übertrifft alle Anforderungen.
Finale DEM-Kacheln für mehr als ein Viertel der Landfläche - zum Beispiel für
flache Gebiete Australiens, Nordamerikas, Sibiriens, Süd- und Westafrikas sowie
Südamerikas - wurden bereits prozessiert. Bis Ende 2015 soll die neue 3D-Karte
global verfügbar sein.
"Beide Satelliten funktionieren einwandfrei, und der Treibstoff reicht
sicherlich bis 2020", ergänzt Manfred Zink, DLR-Wissenschaftler und
Projektleiter für das TanDEM-X-Bodensegment. "Wir denken schon über die
Science Phase hinaus. Der operationelle Betrieb zweier SAR-Satelliten
im engen Formationsflug ist ein Alleinstellungsmerkmal und der Beweis für
Deutschlands führende Stellung in der Radartechnologie. Damit können wir noch
genauere Höhenmodelle oder präzise Küstenlinien erstellen."
Der Erfolg von TanDEM-X bildet die Basis für die Entwicklung
innovativer Radartechnologien. Die Wissenschaftler des DLR arbeiten bereits an
einem neuen Missionsvorschlag mit einer digitalen Radarantenne: Tandem-L.
Ziel ist es, eine deutlich höhere Aufnahmefähigkeit zu erreichen, die TanDEM-X
um den Faktor 100 überschreitet. Während TanDEM-X nur eine globale Aufnahme der
Erde pro Jahr ermöglicht, wird Tandem-L zweimal pro Woche die gesamten
Landmassen der Erde mit einer hohen Auflösung abbilden.
Somit kann Tandem-L dynamische Veränderungen auf der Erdoberfläche
mit der erforderlichen Aufnahmewiederholfrequenz erfassen und dringend benötigte
Informationen zur Lösung hochaktueller wissenschaftlicher Fragestellungen aus
den Bereichen der Bio-, Geo-, Kryo- und Hydrosphäre liefern. Der Start für eine
solche Mission könnte bereits 2020 erfolgen.
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