Ein Blick auf zwei Sternentstehungsgebiete
von Stefan Deiters astronews.com
22. August 2014
Die europäische Südsternwarte ESO hat in dieser Woche eine
neue Aufnahme veröffentlicht, die gleich zwei eindrucksvolle
Sternentstehungsregionen in der südlichen Milchstraße zeigt. Sie sind allerdings
ganz unterschiedlich weit von der Erde entfernt, wurden aber beide 1834 von John
Herschel erstmals beobachtet.
Die Sternentstehungsgebiete NGC 3603 (links)
und NGC 3576 (rechts).
Bild: ESO / G. Beccari
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Eines der Sternentstehungsgebiete, die auf der in dieser Woche von der europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichten
Aufnahme zu sehen sind, wird dominiert vom eindrucksvollen Sternhaufen NGC 3603,
der in rund 20.000 Lichtjahren Entfernung im Carina-Sagittarius-Arm der
Milchstraße liegt. Es ist der Haufen mit der höchsten Konzentration von
massereichen Sternen, den man bislang in der Milchstraße entdeckt hat.
Im Zentrum des Sternhaufens befindet sich ein Mehrfachsystem aus
sogenannten Wolf-Rayet-Sternen. Es handelt sich dabei um massereiche Sonnen im
fortgeschrittenen Stadium ihrer Entwicklung. In dieser Phase ihres stellaren
Lebens blasen diese Sterne große Mengen an Material durch gewaltige Sternwinde
mit hoher Geschwindigkeit ins All.
In NGC 3603 entstehen aber noch immer neue Sonnen. Dies geschieht in der
Regel im Verborgenen, im Inneren von dunklen und staubigen Regionen. Erst wenn
die jungen Sterne zu leuchten beginnen, lösen sie den Kokon in dem sie
entstanden sind, langsam auf und bringen die sie umgebenden Gaswolken zum
Leuchten. Die intensive Strahlung der jungen Sonnen führt dazu, dass das
Wasserstoffgas ionisiert wird, also ein Elektron verliert. Man nennt solche
Regionen daher auch HII-Regionen (sprich: H-zwei-Regionen).
Das ionisierte Wasserstoffgas leuchtet in einem typischen rötlichen Farbton,
der charakteristisch für Sternentstehungsgebiete ist. Diese Strahlung wird dann
ausgesandt, wenn sich ein ionisiertes Wasserstoffatom wieder ein Elektron aus
der Umgebung einfängt. HII-Regionen können einen Durchmesser von vielen Hundert
Lichtjahren haben. Die HII-Region rund um NGC 3603 gilt als massereichste Region
dieser Art in der Milchstraße.
NGC 3603 wurde erstmals am 14. März 1834 von John Herschel beobachtet,
während er über einen Zeitraum von drei Jahren den südlichen Sternenhimmel von
Kapstadt aus erforschte. Er beschrieb den Haufen als ein bemerkenswertes Objekt,
bei dem es sich vielleicht um einen Kugelsternhaufen handeln könnte. Weitere
Untersuchungen zeigten dann aber, dass es sich in Wirklichkeit nicht um einen
alten Haufen, sondern um einen sehr massereichen jungen offenen Sternhaufen
handelt.
Die Sternentstehungsregion NGC 3576 auf der rechten Seite ist nur rund 9.000
Lichtjahre entfernt. Auffällig sind die beiden gekrümmten Objekte, die ein wenig
an die Hörner eines Schafbocks erinnert. Sie sind das Ergebnis von heftigen
stellaren Winden von jungen heißen Sternen in der Zentralregion des Nebels,
durch die Gas und Staub über 100 Lichtjahre weit in die Umgebung geblasen
wurden.
Auch zu erkennen sind - im oberen Bereich des Nebels - zwei dunkle kompakte
Gebilde, die als Bok-Globulen bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um
Regionen, in denen eventuell einmal Sternen entstehen könnten. Auch NGC 3576
wurde von John Herschel im Jahr 1834 entdeckt.
Die Daten für die Aufnahme wurden mit dem Wide Field Imager am
2,2-Meter-MPG/ESO-Teleskop in La Silla in Chile gewonnen.
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