Eisige Welt in einem Doppelsternsystem
von Stefan Deiters astronews.com
7. Juli 2014
Astronomen haben einen Planeten in einem relativ engen
Doppelsternsystem in rund 3.000 Lichtjahren Entfernung entdeckt, dessen Abstand
von seinem Zentralstern vergleichbar mit dem Abstand der Erde von der Sonne
ist. Experten werten dies als Hinweis darauf, dass sich auch in solchen
engen Doppelsternsystemen Planeten auf erdähnlichen Bahnen bilden können.
So könnte das
entfernte System aussehen. Die zweite Sonne
befindet sich hier außerhalb des Bildbereichs.
Bild: Cheongho Han, Chungbuk National
University, Südkorea [Gesamtansicht] |
In unserer Milchstraße gibt es Milliarden von Sternen. Bei der Suche
nach der "zweiten Erde", also nach einem Planeten, dessen Masse, Größe und
Umlaufbahn in etwa der unserer Heimatwelt entspricht, versucht man sich daher auf
Systeme zu konzentrieren, in denen die Wahrscheinlichkeit einen solchen Planeten
auch tatsächlich zu finden, besonders hoch ist.
Doppelsternsysteme, insbesondere
Systeme, in denen der Abstand der beiden Sterne relativ gering ist, zählten
bislang nicht zu den aussichtsreichsten Orten für eine solche Suche. Ein
jetzt vorgestellter Fund könnte jedoch dazu führen, dass die Wissenschaftler diese Vorstellung ein wenig
revidieren müssen.
In rund 3.000 Lichtjahren Entfernung haben Astronomen nämlich jetzt einen
Planeten mit der zweifachen Masse der Erde in einem Doppelsternsystem
aufgespürt, der von einem der beiden Sterne ähnlich weit entfernt ist, wie die
Erde von der Sonne.
Da es sich bei dem Stern allerdings um einen roten
Zwergstern handelt, der etwa 400-mal lichtschwächer als die Sonne ist, dürften
auf der fernen Welt nur Temperaturen von gerade einmal -213 Grad Celsius
herrschen. Der zweite Stern des Systems hat vom ersten Stern einen Abstand, der
der Entfernung des Saturn von der Sonne entspricht. Auch bei diesem handelt es
sich um einen Zwergstern.
Für die Astronomen ist dies der erste direkte Beweis dafür, dass sich
Planeten offenbar in Doppelsternsystemen bilden können, in denen die beiden
Partner nicht wirklich weit voneinander entfernt sind. Zwar ist der jetzt
entdeckte, OGLE-2013-BLG-0341LBb genannte Planet eindeutig zu kalt für uns
bekanntes Leben, doch sähe dies ganz anders aus, wenn er beispielsweise einen
sonnenähnlichen Stern umrunden würde.
"Dies erweitert die möglichen Orte für die Suche nach potentiell bewohnbaren
Planeten ganz erheblich", freut sich Scott Gaudi, Professor an der Ohio State
University. "Die Hälfte aller Sterne der Milchstraße sind Teil von
Doppelsternsystemen. Wir wussten nicht, dass sich Planeten mit etwa Erdgröße und
erdähnlichen Orbits in solchen Systemen überhaupt bilden können."
Der neue Planet mit dem sehr unhandlichen Namen ist den Astronomen dank
des sogenannten Mikrolinseneffektes ins Netz gegangen. Dabei wird das Licht
eines deutlich weiter entfernten Sterns durch das Vorüberziehen eines
nähergelegenen Sterns kurzzeitig verstärkt. Wird der durchziehende Stern von
einem Planeten umrundet, stört dies das Signal zusätzlich.
Forscher nutzen dieses Prinzip schon seit Jahren für die Suche nach
extrasolaren Planeten. Eines dieser Projekte, das Optical Gravitational Lensing
Experiment (OGLE), detektierte am 11. April 2013 ein entsprechendes Signal bei
der Beobachtung eines rund 20.000 Lichtjahre entfernten Sterns im Sternbild
Schütze.
Die gründliche Analyse des Signals in den folgenden Monaten erlaubte dann die
genaue Charakterisierung des Systems, das in deutlich geringerem Abstand vor dem
anvisierten Stern vorübergezogen sein muss. Dabei nutzten die Astronomen weitere
Beobachtungen des Ereignisses und zusätzlich
Computersimulationen, die schließlich die entscheidenden Hinweise auf den neuen
Planeten und seine Eigenschaften lieferten.
Über ihre Entdeckung berichteten die Astronomen am Freitag in einem
Fachartikel in der Wissenschaftszeitschrift Science.
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