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Warum können aktive supermassereiche Schwarze Löcher so unterschiedlich aussehen? Bislang hatte man dafür eine einfache Erklärung: Es kommt halt auf den Blickwinkel an, unter dem man diese Objekte betrachtet. Die Auswertung von WISE-Daten von über 170.000 solcher Schwarzen Löcher lässt an dieser Theorie aber nun Zweifel aufkommen.
In den Zentren praktisch aller Galaxien findet man ein supermassereiches Schwarzes Loch. Verschlingt dieses gerade große Mengen an Material, spricht man von einem aktiven Schwarzen Loch oder auch von einem aktiven Galaxienkern. Doch warum können diese so unterschiedlich aussehen? Einige scheinen sich hinter dichten Schwaden aus Staub zu verstecken, andere hingegen lassen sich problemlos beobachten. Zur Erklärung der so unterschiedlichen Erscheinungsformen dieser eigentlich sehr ähnlichen Objekte entwickelten Astronomen Ende der 1970er Jahre eine Theorie, die bis heute Gültigkeit hat: Danach haben aktive Galaxienkerne alle einen ähnlichen Aufbau und sind von einem dicken Staubring umgeben. Je nachdem, wie wir nun auf diese Objekte blicken - von oben durch die Öffnung des Rings oder aber direkt in den Staubring - sehen wir zwei sehr unterschiedliche Objekte. Einmal ist das Zentrum deutlich zu erkennen, im anderen Fall ist es durch den Staubring verborgen. Diese Theorie kann sehr elegant ganz unterschiedlich aussehende aktive Galaxienkerne erklären. Jetzt aber sind Astronomen auf ein Problem gestoßen: Bei der Auswertung von Daten des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) der NASA, der den gesamten Himmel im Infraroten erfasst hat, stellten sie fest, dass es unter gewissen Umständen noch einen anderen Faktor geben könnte, der darüber entscheidet, ob die zentralen Schwarzen Löcher zu erkennen sind oder nicht. Natürlich kann man Schwarze Löcher selbst nie direkt sehen. In einigen Fällen lässt sich aber die Strahlung, die aus ihrer unmittelbaren Umgebung kommt, sehr gut erfassen. In anderen Fällen wird diese Strahlung zum großen Teil durch Staub verschluckt. Die Strahlung entsteht durch Material, das sich vor dem endgültigen Verschwinden im Schwarzen Loch auf hohe Temperaturen aufheizt. Dieses Material befindet sich in einer rotierenden Scheibe, der sogenannten Akkretionsscheibe.
"Unsere Entdeckung offenbart ein neues Phänomen aktive Schwarze Löcher betreffend, von dem wir zuvor nichts wussten und dessen Details uns auch noch nicht bekannt sind", erklärt Lin Yan vom Infrared Processing and Analysis Center (IPAC) der NASA am California Institute of Technology im kalifornischen Pasadena. "Wir hoffen, dass unsere Arbeit weitere Untersuchungen initiiert, um diese faszinierenden Objekte besser zu verstehen." Die Astronomen bleiben mit ihrer Aussage deswegen so vage, weil sie mithilfe der WISE-Daten lediglich feststellen konnten, dass irgendetwas nicht zur bisherigen Theorie passt, nicht aber, was genau dies ist. Das Team hatte sich die über 170.000 von WISE erfassten aktiven supermassereichen Schwarzen Löcher angeschaut und ermittelt, wie stark ausgeprägt die Haufenbildung bei den gut sichtbaren und den verborgenen aktiven Galaxienkernen ist. Wenn tatsächlich nur der Blickwinkel dafür verantwortlich ist, ob wir ein verborgenes oder ein gut sichtbares Schwarzes Loch sehen, dann dürfte es bei der Haufenbildung keine Unterschiede geben, da die Blickwinkel zufällig verteilt sein sollten. Die WISE-Daten lieferten nun aber eine Überraschung: Die verborgenen aktiven Galaxienkerne zeigen im Mittel eine deutlich ausgeprägtere Haufenbildung als die sichtbaren. Mit der Blickwinkel-Theorie allein ist dies nicht zu erklären. "Der Hauptgrund für die einheitliche Theorie war es, dass wir einen ganzen Zoo von verschiedenen aktiven Galaxienkernen mit nur einem Modell erklären konnten", so Emilio Donoso, der mit Yan am IPAC gearbeitet hat, inzwischen aber am Instituto de Ciencias Astronómicas, de la Tierra y del Espacio in Argentinien angestellt ist. "Je tiefer wir in den WISE-Daten graben, desto komplexer wird jedoch das Problem." Die Entdeckung kann auch in Bezug auf die Dunkle Materie interpretiert werden: Dunkle Materie ist zwar nicht zu sehen, beeinflusst aber durch ihre Anziehungskraft die Bildung von Strukturen im Universum. So dürfte sich jede Galaxie im Inneren eines gewaltigen Halos aus Dunkler Materie befinden. Je größer dieser Halo ist, desto größer ist auch die Anziehungskraft auf andere Galaxien. Da nach den WISE-Daten die verborgenen Galaxienkerne zu einer größeren Haufenbildung neigen, dürften sie sich im Inneren größerer Halos aus Dunkler Materie befinden. Zwar kann diese Dunkle Materie nicht dafür sorgen, dass man die Galaxienkerne nicht sieht, sie könnte aber vielleicht helfen, eine Erklärung dafür zu finden, was genau hier passiert. "Es sieht so aus, als wäre unser einfaches Modell etwas zu einfach", fasst Daniel Stern vom Jet Propulsion Laboratory der NASA zusammen. "Wie Einstein einst sagte: Modelle sollten so einfach wie möglich sein, aber nicht einfacher." Über ihre Resultate berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheinen wird.
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